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DuD Datenschutz und Datensicherheit 6 | 2012 453 DUD RECHT BGH: Übermittlung von TK-Verkehrsdaten bei Abtretung einer Entgeltforderung (Vorabentscheidungsersuchen EuGH) Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Erlaubt Art. 6 Abs. 2 und 5 der Richtlinie 2002/58/EG (Daten- schutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation) die Übermittlung von Verkehrsdaten vom Diensteanbieter an den Zessionar einer Entgeltforderung für Telekommunikations- leistungen, wenn der zum Zweck des Einzugs rückbelasteter Forderungen erfolgten Abtretung außer der allgemeinen Ver- pflichtung auf das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz zu den jeweils geltenden gesetzlichen Regelungen folgende ver- traglichen Bedingungen zugrunde liegen: Der Diensteanbieter und der Zessionar verpflichten sich, die geschützten Daten nur im Rahmen ihrer Zusammenarbeit und ausschließlich zu dem dem Vertragsschluss zugrunde liegenden Zweck und in der jeweils angegebenen Weise zu verarbeiten und zu nutzen; sobald die Kenntnis der geschützten Daten für die Erfüllung dieses Zwecks nicht mehr erforderlich ist, sind alle in diesem Zusammenhang vorhandenen geschützten Daten unwieder- bringlich zu löschen oder zurückzugeben; die Vertragsparteien sind berechtigt, die Einhaltung des Datenschutzes und der Datensicherheit bei der jeweils an- deren Vertragspartei im Sinne dieser Vereinbarung zu kon- trollieren; die überlassenen vertraulichen Unterlagen und Informatio- nen dürfen nur solchen Mitarbeitern zugänglich gemacht werden, die diese zur Erfüllung des Vertrags benötigen; die Vertragsparteien werden diese Mitarbeiter entsprechend dieser Vereinbarung zur Vertraulichkeit verpflichten; auf Verlangen, spätestens jedoch bei Beendigung der Zusam- menarbeit der Vertragsparteien sind alle in diesem Zusam- menhang vorhandenen vertraulichen Informationen unwie- derbringlich zu löschen oder an die jeweils andere Vertrags- partei zurückzugeben? Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Februar 2012 – III ZR 200/11. Aus den Gründen: I. Die Klägerin beansprucht aus abgetretenem Recht Vergütungen für die Erbringung von Telekommunikationsleistungen. Der Be- klagte ist Inhaber eines Telefonanschlusses der D. T. AG, über den er auch seinen Computer mit dem Internet verbindet. Für einzel- ne Einwahlen in das Internet (sog. Internet-by-Call) nutzte er im Zeitraum vom 28. Juni 2009 bis zum 6. September 2009 die Zu- gangsnummer der V. D. GmbH. Dem Beklagten wurden die hier- für verlangten Entgelte zunächst über die D. T. AG als „Beträge anderer Anbieter“ in Rechnung gestellt. Nachdem der Beklag- te hierauf keine Zahlungen leistete, verlangt die Klägerin, an die die Forderung der V. D. GmbH ihrem Vortrag zufolge aufgrund eines zwischen den Rechtsvorgängern der beteiligten Unterneh- men geschlossenen „Vertrags über Dienstleistungen im Rahmen der Call-by-Call-Abrechnung“ übergegangen ist, die Begleichung der berechneten Beträge sowie von Nebenkosten. Nach dem von der Klägerin als Anlage 4 des genannten Ver- trags vorgelegten Factoringvertrag kaufte sie in bestimmten Ab- rechnungszeiträumen unter Übernahme des Delkredererisikos alle „rückbelasteten offenen Forderungen im Rahmen der Call- by-Call-Abrechnung mit DTAG-Teilnehmern“. Die Abtretung der Forderungen erfolgte nach § 2 Abs. 2 des Vertrags unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Erwerber das von ihm ge- schuldete Entgelt an den Zedenten auskehrte. Die Klägerin legte weiterhin eine zwischen ihrer Rechtsvorgän- gerin und derjenigen der V. D. GmbH getroffene „Datenschutz- und Vertraulichkeitsvereinbarung“ vor, in der neben anderen Be- stimmungen folgende Regelungen enthalten sind: „I. Datenschutz … (5) Die Vertragsparteien verpflichten sich, die geschützten Daten nur im Rahmen der o. g. Zusammenarbeit und ausschließ- lich zu dem diesem Vertragsschluss zugrunde liegenden Zweck und in der jeweils angegebenen Weise zu verarbeiten und zu nut- zen. (6) Sobald die Kenntnis der geschützten Daten für die Erfül- lung dieses Zweckes nicht mehr erforderlich ist, sind unverzüg- lich alle in diesem Zusammenhang vorhandenen geschützten Daten unwiederbringlich zu löschen bzw. zurückzugeben. … (7) die Vertragsparteien sind berechtigt, die Einhaltung des Datenschutzes und der Datensicherheit bei der jeweils anderen Vertragspartei im Sinne dieser Vereinbarung zu kontrollieren. … II. Vertraulichkeit … (2) Die Vertragsparteien werden die überlassenen vertrauli- chen Unterlagen und Informationen ausschließlich zur Erfül- lung des zwischen den Vertragsparteien geschlossenen Vertra- ges verarbeiten und nutzen. Sie werden sie auch nur solchen Mit- arbeitern zugänglich machen, die diese zur Erfüllung des Ver- trages benötigen. Die Vertragsparteien werden diese Mitarbeiter entsprechend dieser Vereinbarung zur Vertraulichkeit verpflichten. (3) Auf Verlangen, spätestens jedoch bei Beendigung der Zu- sammenarbeit der Vertragsparteien sind alle in diesem Zusam- menhang vorhandenen vertraulichen Informationen unwieder- bringlich zu löschen oder an die jeweils andere Vertragspartei zu- rückzugeben …“ Der Beklagte ist der Auffassung, der Abtretungsvertrag sei we- gen Verstoßes gegen Art. 10 Abs. 1 GG, §§ 88, 97 Abs. 1 Satz 3 TKG gemäß § 134 BGB nichtig. Weiter macht er geltend, die Klä- gerin habe den Eintritt der aufschiebenden Bedingung für die Zession der gegen ihn gerichteten Forderungen nicht vorgetra- gen. Er bestreitet die Anzahl und die Dauer einer Reihe der in Rechnung gestellten Verbindungen sowie deren rechnerisch rich- tige Ermittlung. Redaktion: Benedikt Buchner DuD Recht

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BGH: Übermittlung von TK-Verkehrsdaten bei Abtretung einer Entgeltforderung (Vor abentscheidungs ersuchen EuGH)

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:Erlaubt Art. 6 Abs. 2 und 5 der Richtlinie 2002/58/EG (Daten-schutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation) die Übermittlung von Verkehrsdaten vom Diensteanbieter an den Zessionar einer Entgeltforderung für Telekommunikations-leistungen, wenn der zum Zweck des Einzugs rückbelasteter Forderungen erfolgten Abtretung außer der allgemeinen Ver-pflichtung auf das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz zu den jeweils geltenden gesetzlichen Regelungen folgende ver-traglichen Bedingungen zugrunde liegen:

Der Diensteanbieter und der Zessionar verpflichten sich, die geschützten Daten nur im Rahmen ihrer Zusammenarbeit und ausschließlich zu dem dem Vertragsschluss zugrunde liegenden Zweck und in der jeweils angegebenen Weise zu verarbeiten und zu nutzen;

sobald die Kenntnis der geschützten Daten für die Erfüllung dieses Zwecks nicht mehr erforderlich ist, sind alle in diesem Zusammenhang vorhandenen geschützten Daten unwieder-bringlich zu löschen oder zurückzugeben;

die Vertragsparteien sind berechtigt, die Einhaltung des Datenschutzes und der Datensicherheit bei der jeweils an-deren Vertragspartei im Sinne dieser Vereinbarung zu kon-trollieren;

die überlassenen vertraulichen Unterlagen und Informatio-nen dürfen nur solchen Mitarbeitern zugänglich gemacht werden, die diese zur Erfüllung des Vertrags benötigen;

die Vertragsparteien werden diese Mitarbeiter entsprechend dieser Vereinbarung zur Vertraulichkeit verpflichten;

auf Verlangen, spätestens jedoch bei Beendigung der Zusam-menarbeit der Vertragsparteien sind alle in diesem Zusam-menhang vorhandenen vertraulichen Informationen unwie-derbringlich zu löschen oder an die jeweils andere Vertrags-partei zurückzugeben?

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Februar 2012 – III ZR 200/11.

Aus den Gründen: I. Die Klägerin beansprucht aus abgetretenem Recht Vergütungen für die Erbringung von Telekommunikationsleistungen. Der Be-klagte ist Inhaber eines Telefonanschlusses der D. T. AG, über den er auch seinen Computer mit dem Internet verbindet. Für einzel-ne Einwahlen in das Internet (sog. Internet-by-Call) nutzte er im Zeitraum vom 28. Juni 2009 bis zum 6. September 2009 die Zu-gangsnummer der V. D. GmbH. Dem Beklagten wurden die hier-für verlangten Entgelte zunächst über die D. T. AG als „Beträge anderer Anbieter“ in Rechnung gestellt. Nachdem der Beklag-te hierauf keine Zahlungen leistete, verlangt die Klägerin, an die

die Forderung der V. D. GmbH ihrem Vortrag zufolge aufgrund eines zwischen den Rechtsvorgängern der beteiligten Unterneh-men geschlossenen „Vertrags über Dienstleistungen im Rahmen der Call-by-Call-Abrechnung“ übergegangen ist, die Begleichung der berechneten Beträge sowie von Nebenkosten.

Nach dem von der Klägerin als Anlage 4 des genannten Ver-trags vorgelegten Factoringvertrag kaufte sie in bestimmten Ab-rechnungszeiträumen unter Übernahme des Delkredererisikos alle „rückbelasteten offenen Forderungen im Rahmen der Call-by-Call-Abrechnung mit DTAG-Teilnehmern“. Die Abtretung der Forderungen erfolgte nach § 2 Abs. 2 des Vertrags unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Erwerber das von ihm ge-schuldete Entgelt an den Zedenten auskehrte.

Die Klägerin legte weiterhin eine zwischen ihrer Rechtsvorgän-gerin und derjenigen der V. D. GmbH getroffene „Datenschutz- und Vertraulichkeitsvereinbarung“ vor, in der neben anderen Be-stimmungen folgende Regelungen enthalten sind:„I. Datenschutz …

(5) Die Vertragsparteien verpflichten sich, die geschützten Daten nur im Rahmen der o. g. Zusammenarbeit und ausschließ-lich zu dem diesem Vertragsschluss zugrunde liegenden Zweck und in der jeweils angegebenen Weise zu verarbeiten und zu nut-zen.

(6) Sobald die Kenntnis der geschützten Daten für die Erfül-lung dieses Zweckes nicht mehr erforderlich ist, sind unverzüg-lich alle in diesem Zusammenhang vorhandenen geschützten Daten unwiederbringlich zu löschen bzw. zurückzugeben. …

(7) die Vertragsparteien sind berechtigt, die Einhaltung des Datenschutzes und der Datensicherheit bei der jeweils anderen Vertragspartei im Sinne dieser Vereinbarung zu kontrollieren. …II. Vertraulichkeit …

(2) Die Vertragsparteien werden die überlassenen vertrauli-chen Unterlagen und Informationen ausschließlich zur Erfül-lung des zwischen den Vertragsparteien geschlossenen Vertra-ges verarbeiten und nutzen. Sie werden sie auch nur solchen Mit-arbeitern zugänglich machen, die diese zur Erfüllung des Ver-trages benötigen.

Die Vertragsparteien werden diese Mitarbeiter entsprechend dieser Vereinbarung zur Vertraulichkeit verpflichten.

(3) Auf Verlangen, spätestens jedoch bei Beendigung der Zu-sammenarbeit der Vertragsparteien sind alle in diesem Zusam-menhang vorhandenen vertraulichen Informationen unwieder-bringlich zu löschen oder an die jeweils andere Vertragspartei zu-rückzugeben …“

Der Beklagte ist der Auffassung, der Abtretungsvertrag sei we-gen Verstoßes gegen Art. 10 Abs. 1 GG, §§ 88, 97 Abs. 1 Satz 3 TKG gemäß § 134 BGB nichtig. Weiter macht er geltend, die Klä-gerin habe den Eintritt der aufschiebenden Bedingung für die Zession der gegen ihn gerichteten Forderungen nicht vorgetra-gen. Er bestreitet die Anzahl und die Dauer einer Reihe der in Rechnung gestellten Verbindungen sowie deren rechnerisch rich-tige Ermittlung.

Redaktion: Benedikt Buchner

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Ferner ist er der Ansicht, die verlangten Entgelte seien teilwei-se sittenwidrig überhöht.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsge-richt hat ihr im Wesentlichen stattgegeben. Mit seiner von der Vorinstanz zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

II. Gemäß Art. 267 AEUV ist unter Aussetzung des Revisionsver-fahrens eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäi-schen Union einzuholen, weil die Entscheidung des Senats über die Revision des Beklagten von der Beantwortung der an den Ge-richtshof gestellten Frage zur Auslegung von Art. 6 Abs. 2 und 5 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbe-zogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektro-nischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für die elektro-nische Kommunikation, ABl. EG Nr. L 201 S. 37; im Folgenden: Richtlinie 2002/58/EG) abhängt.

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, durch die Vorlage des Factoringvertrags und von Handelsregisterauszügen sei nachge-wiesen, dass die Klägerin Inhaberin der geltend gemachten For-derung geworden sei. Die Abtretung sei nicht wegen Verstoßes gegen das Fernmeldegeheimnis nichtig. Die mit der Abtretung verbundene Datenweitergabe sei durch § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG be-ziehungsweise dessen inhaltsgleiche und damit identisch auszule-gende Vorgängernorm des § 7 Abs. 1 Satz 3 TDSV zulässig gewe-sen. Danach dürfe der Diensteanbieter die in Absatz 2 der jeweili-gen Vorschrift genannten Daten weitergeben, wenn er mit einem Dritten einen Vertrag über den Einzug des Entgelts geschlossen habe. Verträge in diesem Sinne seien nicht nur die klassischen Formen der Einzugsermächtigung und Inkassozession, sondern alle Formen der Abtretung.[…]2. Ob diese Beurteilung der rechtlichen Nachprüfung standhält, ist von der Beantwortung der dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage abhängig.a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen den Rechtsvorgängern der Klägerin und der V. D. GmbH ein Fac-toringvertrag geschlossen worden.b) Fraglich ist, ob die Vereinbarung über die Zession der von der Klägerin geltend gemachten Forderung wegen Verstoßes gegen das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG, § 88 TKG) und den Datenschutz (§§ 91 ff TKG) gemäß § 134 BGB nichtig ist.aa) Der Zedent eines wegen der Erbringung von Telekommunika-tionsleistungen entstandenen Entgeltanspruchs ist gemäß § 402 BGB verpflichtet, dem Zessionar die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen und die in seinem Besitz befindlichen zum Beweis dienenden Urkunden zur Verfügung zu stellen. Dies umfasst auch die Weitergabe von Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 TKG), die dem Fernmeldegeheimnis und dem Daten-schutz unterliegen, da diese Informationen für die Abrechnung und den Nachweis der angefallenen Entgelte notwendig sind (vgl. § 45g, § 45i Abs. 1, 2, § 97 Abs. 1, 2 TKG).

▶ Die Übermittlung dieser Daten vom Diensteanbieter an einen Dritten zum Zweck des Einzugs der Forderung ist nach Maß-gabe des § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG auch ohne Einwilligung des Teilnehmers erlaubt. Diese gesetzliche Befugnis unterschei-det die Rechtslage im Telekommunikationsrecht von der, die etwa für die Einziehung von Honorarforderungen von Ärz-ten und Rechtsanwälten durch Dritte besteht.

Unter anderem in diesen Bereichen ist die Abtretung von Ent-geltansprüchen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohne Zustimmung des Schuldners gemäß § 134 BGB unwirksam, weil sie wegen der aus § 402 BGB folgenden Pflicht des Zedenten zur Offenbarung von Umständen führen würde, auf die sich des-sen Schweigepflicht bezieht (z. B. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 – IX ZB 62/04, BGHZ 162, 187, 190 f; Urteile vom 5. Dezem-ber 1995 – X ZR 121/93, NJW 1996, 775 und vom 25. März 1993 – IX ZR 192/92, BGHZ 122, 115, 117 f jeweils mwN).bb) Nach einer von einem Teil der instanzgerichtlichen Rechtspre-chung (AG Bremen, Urteil vom 20. Oktober 2011 – 9 C 430/11, ju-ris Rn. 9 ff; AG Hamburg-Altona, CR 2007, 238 f) und der Revi-sion vertretenen Auffassung erlaubt aber § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG die Datenübermittlung vom Diensteanbieter an einen Dritten nur im Rahmen eines Vertrags, der lediglich eine Einzugsermächti-gung oder eine treuhänderische Inkassozession zum Gegenstand hat, also die Forderung rechtlich oder aufgrund des fiduziarisch ausgestalteten Innenverhältnisses zwischen Zedenten und Zes-sionar wirtschaftlich (vgl. hierzu RGZ 99, 142, 143) im Vermö-gen ihres ursprünglichen Inhabers belässt.

Nach der in der Literatur herrschenden Meinung (Eckhardt in Heun, Handbuch Telekommunikationsrecht, 2. Aufl., Teil L Rn. 219 Fn. 4; Fetzer in Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, § 97 Rn. 5; Klesczewksi in Berliner Kommentar zum TKG, 2. Aufl., § 97 Rn. 6; Koenig/Neumann RTkom 2001, 226, 228 ff; Königshofen/Ul-mer, Datenschutz-Hand buch Telekommunikation S. 72 Rn. 6; Pa-landt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 134 Rn. 22a; so auch AG Bre-men, Urteil vom 23. November 2010 – 4 C 237/10, juris Rn. 7) er-streckt sich hingegen die in § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG statuierte Be-fugnis zur Datenübermittlung auch auf sonstige Abtretungsver-träge, insbesondere auf solche, die – wie im vorliegenden Sach-verhalt – einen Forderungskauf beinhalten und nach denen der zedierte Anspruch rechtlich und wirtschaftlich endgültig dem Zessionar zustehen soll.cc) Der Senat hält bei Betrachtung allein der nationalen Rechts-lage die letztgenannte Ansicht für richtig.

▶ Zwar mag der Wortlaut des § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG, der auf den „Einzug“ der Entgeltforderung abstellt, vordergründig darauf hindeuten, dass die Datenweitergabe nur im Rahmen einer Einziehungsermächtigung oder allenfalls einer Inkas-sozession erlaubt sein soll, da eine uneingeschränkte Abtre-tung über den bloßen Einzug einer Forderung hinausgeht.

Andererseits ist auch eine solche Zession rechtlich und wirt-schaftlich auf den Einzug der abgetretenen Forderung gerichtet (siehe auch Koenig/Neumann aaO, S. 228), so dass der Wortlaut beide Auslegungsmöglichkeiten zulässt.

▶ Demgegenüber spricht der Zweck der Bestimmung gegen eine Beschränkung der zulässigen Datenweitergabe auf die Fälle der Einziehungsermächtigung und der Inkassozession.

§ 97 Abs. 1 Satz 3 TKG soll es den Diensteanbietern ermöglichen, ihre Forderungen, soweit diese nicht bereits über die Teilnehmer-netzbetreiber eingezogen werden, durch Dritte beizutreiben, da diese Aufgabe häufig arbeits- sowie kostenintensiv ist und somit das Kerngeschäft der Diensteanbieter behindert, Telekommu-nikationsleistungen zu erbringen (Büttgen in Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl., § 97 Rn. 11). Die Möglichkeit, Dritte mit dem For-derungseinzug zu betrauen, soll insbesondere kleineren Anbie-tern, die nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand in der Lage sind, ein eigenes Inkassowesen zu unterhalten, die Teil-nahme am Wettbewerb erleichtern. Von diesem Zweck wird auch

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der Forderungsverkauf erfasst. Der Diensteanbieter nimmt in diesem Fall zwar hin, dass er nicht den vollen Betrag seiner For-derung erhält. Er wird jedoch von dem Beitreibungsaufwand und in der Regel auch von dem Forderungsausfallrisiko endgültig und vollständig entlastet. Andererseits soll die Bestimmung die daten-schutzrechtlichen Belange der Teilnehmer wahren. Diese werden bei einer uneingeschränkten Abtretung jedoch nicht stärker be-einträchtigt, als bei einer lediglich auf Einziehung für den Diens-teanbieter gerichteten Ermächtigung oder Zession. Für die Gel-tendmachung der Forderung sind in allen drei Fallgestaltungen dieselben Daten erforderlich (Koenig/Neumann aaO S. 229). Zur Darlegung der Voraussetzungen des Anspruchs und gegebenen-falls zu dessen gerichtlicher Verfolgung benötigt der aufgrund einer Einziehungsermächtigung oder einer Inkassozession täti-ge Dritte nicht weniger Daten als der Zessionar, dem die Forde-rung ohne Einschränkungen aus dem Innenverhältnis mit dem Zedenten abgetreten wurde.

Auch die von der Revision angesprochene Gefahr, der Zessio-nar könne bei einer uneingeschränkten Abtretung den Anspruch – anders als bei einer Einziehungsermächtigung oder Inkasso-zession – weiter abtreten, so dass die übermittelten Daten einem stetig größer werdenden Personenkreis bekannt würden, besteht nicht. Der Dritte, an den der Diensteanbieter die Entgeltforde-rung abgetreten hat, ist seinerseits gemäß § 97 Abs. 1 Satz 4 TKG vertraglich auf die Wahrung des Fernmeldegeheimnisses und des Datenschutzes zu verpflichten.

Hieraus folgt, dass er im Hinblick auf § 402 BGB nur dann zur Abtretung an einen Anderen berechtigt wäre, wenn für die Wei-tergabe der Daten ein Erlaubnistatbestand bestünde. Dies ist aber nicht der Fall, da das Telekommunikationsgesetz die Übermitt-lung der in § 97 Abs. 2 TKG genannten Daten nur von dem Diens-teanbieter an einen Dritten, nicht aber von diesem an einen Wei-teren erlaubt.

Schließlich sprechen auch die dem Gesetz zu Grunde liegen-den Materialien für eine Auslegung von § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG, nach der der Begriff des „Einzugs“ der Forderung auch die un-eingeschränkte Abtretung erfasst. § 97 TKG ist weitgehend mit dem zuvor geltenden § 7 der Telekommunikations- Datenschutz-verordnung (TDSV) vom 18. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1740) identisch (Regierungsbegründung des Entwurfs eines Telekom-munikationsgesetzes, BT-Drucks. 15/2316 S. 89 zu § 95 TKG-E, der als § 97 TKG in Kraft trat). In der Begründung der Bundes-regierung zu dieser Verordnung ist in Bezug auf § 7 ausgeführt, die vorgesehene vertragliche Verpflichtung von Dritten zur Wah-rung des Fernmeldegeheimnisses und der Datenschutzvorschrif-ten der Verordnung sei erforderlich, weil strafrechtliche oder all-gemein vertragliche Regelungen über die Haftung und Vertrau-lichkeit nicht ausreichten. Die Regelung begründe für den Diens-teanbieter kein eigenständiges Recht, die Forderung an das In-kassounternehmen mit der Folge abzutreten, dass dieses die For-derung gegenüber dem Kunden unmittelbar als eigenen An-spruch geltend machen könne (BR-Drucks. 300/00 S. 16). Dem ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber von der – inhalt-lich uneingeschränkten – Abtretbarkeit der Entgeltforderungen ausging und nur die datenschutzrechtliche Seite der Zession stär-ken wollte (vgl. Fetzer in Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, § 97 Rn. 5). Dies kommt dadurch zum Ausdruck, dass betont wird, die vorgesehene Bestimmung begründe kein eigenständiges Abtre-tungsrecht. Dadurch wird deutlich, dass der Verordnungsgeber unterstellt hat, aus dem allgemeinen Recht folge bereits eine sol-

che Befugnis des Diensteanbieters, die künftig nur nach Maßga-be der in dem Verordnungsentwurf vorgesehenen – bislang un-zureichenden – datenschutzrechtlichen Beschränkungen ausge-übt werden können solle.

▶ dd) An einer abschließenden Beurteilung, ob die vorliegende vertragliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der V. D. GmbH den Anforderungen des § 97 Abs. 1 Satz 3 und 4 TKG genügt, sieht sich der Senat unter Be-rücksichtigung des Gebots der richtlinienkonformen Ausle-gung des nationalen Rechts gehindert.

(1) Das Telekommunikationsgesetz dient unter anderem der Um-setzung der Richtlinie 2002/58/EG (siehe Anmerkung zum Tele-kommunikationsgesetz vom 22. Juni 2004, BGBl. I S. 1190). Nach Art. 6 Abs. 2 und 5 dieser Richtlinie, wie weitgehend auch schon nach Art. 6. Abs. 4 der Richtlinie 97/66/EG des Europäischen Par-laments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Verarbei-tung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation (ABl. EG Nr. L 24 S. 1), darf die Verarbeitung von Verkehrsdaten zum Zwecke der Gebühren-abrechnung nur durch Personen erfolgen, die auf Weisung des Betreibers öffentlicher Kommunikationsnetze und öffentlich zu-gänglicher Kommunikationsdienste handeln und die für Gebüh-renabrechnungen oder Verkehrsabwicklung, Kundenanfragen, Betrugsermittlung, die Vermarktung der elektronischen Kom-munikationsdienste oder für die Bereitstellung eines Dienstes mit Zusatznutzen zuständig sind.

▶ (2) Nach Auffassung des Senats erscheint es zumindest mög-lich, dass diese Bestimmung die Berechtigung des Dienstean-bieters ausschließt, Verkehrsdaten an einen Dritten zu über-mitteln, wenn dieser zwar den allgemeinen Beschränkungen unterliegt, die im vorliegenden Fall zwischen den Rechtsvor-gängern der Klägerin und der V. D. GmbH vereinbart wur-den, der Diensteanbieter jedoch keine unmittelbare Möglich-keit der Einflussnahme auf die Art und Weise der Verwen-dung der Daten im Einzelfall hat, solange diese sich bei dem Dritten befinden.

(a) Nach Art. 6 Abs. 2 und 5 der Richtlinie 2002/58/EG dürfen Verkehrsdaten für die darin genannten Zwecke verarbeitet wer-den. Verarbeitung im Sinne dieser Bestimmung ist nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG in Verbindung mit Art. 2 Buchst. b) der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Per-sonen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. EG Nr. L 281 S. 31) jeder mit oder oh-ne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführte Vorgang oder jede Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezoge-nen Daten wie das Erheben, das Speichern, die Organisation, die Aufbewahrung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Benutzung, die Weitergabe durch Übermitt-lung, Verbreitung oder jede andere Form der Bereitstellung, die Kombination oder die Verknüpfung sowie das Sperren, Löschen oder Vernichten. Nach diesem umfassenden Verarbeitungsbe-griff stellt auch die Verwendung von Verkehrsdaten zum Zweck des Forderungseinzugs ein Verarbeiten im Sinne des Art. 6 Abs. 2 und 5 der Richtlinie 2002/58/EG dar.

Allerdings erfasst der in Art. 6 Abs. 2 und 5 der Richtlinie 2002/58/EG verwendete Begriff der „Gebührenabrechnung“ (je-weils gleichbedeutend: englisch: „billing“, französisch: „établir les factures“, spanisch: „facturación“, niederländisch: „facture-ring“), zu deren Zweck Verkehrsdaten verarbeitet werden dür-

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fen, den Einzug der berechneten Entgelte nicht notwendig. Des-halb könnte bezweifelt werden, ob die Forderungseinziehung in den Anwendungsbereich der Bestimmung fällt. Jedoch würde es dem Sinn der Richtlinie widersprechen, die in ihr statuierten Be-fugnisse zur Datenverarbeitung und deren Beschränkung nicht auch auf die Forderungseinziehung zu erstrecken.

Nach dem Erwägungsgrund 26 der Richtlinie 2002/58/EG soll jede Verarbeitung von Verkehrsdaten, die nicht der Erbringung des Dienstes, der Gebührenabrechnung oder der „Zusammen-schaltungszahlung“ dient, von der Zustimmung des Teilnehmers abhängen. Würde die Gebührenabrechnung im Sinne der Richt-linie nicht den Forderungseinzug erfassen, wäre die Verwendung der Verkehrsdaten mit diesem Ziel nach dem Erwägungsgrund 26 nur mit Zustimmung des Teilnehmers zulässig. Dies würde aber – jedenfalls, wenn es, wie beim call-by-call- oder Internet-by-call-Verfahren, an einem Dauerschuldverhältnis fehlt – die Durchset-zung berechtigter Entgeltforderungen äußerst erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen. Dies soll die Richtlinie jedoch nicht bewirken (vgl. auch Erwägungsgrund 29 Satz 2).

Überdies werden die Verkehrsdaten, um den Anspruch geltend zu machen und gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen, im selben Umfang benötigt wie zur Entgeltberechnung. Die daten-schutzrechtlichen Belange der Teilnehmer werden somit bei der Berechnung und der Einziehung der Gebühren für die Nutzung der Telekommunikationsdienste in gleicher Weise berührt. Es ist umgekehrt auf Gläubigerseite beim Einzug der Forderung kein geringeres berechtigtes Interesse zu erkennen, den Datenschutz für die Teilnehmer zurücktreten zu lassen, als bei der bloßen Be-rechnung des Entgeltanspruchs.

▶ Es besteht daher kein sachlicher Grund für eine unterschied-liche datenschutzmäßige Behandlung der Berechnung der Gebührenforderung und ihres Einzugs.

(b) Gemäß Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 2002/58/EG darf die Ver-arbeitung der Verkehrsdaten jedoch nur durch Personen erfolgen, die „auf Weisung“ (jeweils gleichbedeutend: englisch: „under the authority“, französisch: „sous l‘autorité“, spanisch: „bajo la autor-idad“, niederländisch: „onder het gezag“) des Betreibers handeln.

▶ Dieser Begriff lässt nach Auffassung des Senats offen, ob dem Diensteanbieter während des gesamten Datenverarbeitungs-vorgangs die konkrete Möglichkeit der Bestimmung über die Verwendung der Daten auch im Einzelfall vorbehalten blei-ben muss oder ob allgemein gehaltene Regelungen über die Beachtung des Fernmeldegeheimnisses und des Datenschut-zes, wie sie in den hier in Rede stehenden Vereinbarungen be-stimmt sind, sowie die Möglichkeit, die Daten auf Verlangen löschen zu lassen oder zurückzuerhalten, ausreichen.

Im Hinblick auf den Zweck der Richtlinie neigt der Senat da-zu, die in der vorliegenden Fallgestaltung getroffenen Regelun-gen für ausreichend zu erachten, da sie die Verwendung der Daten auf das für die Beitreibung der Forderungen notwendige Maß beschränken, die vertrauliche Behandlung anordnen und hier-zu absichernde Regelungen treffen. Damit dürfte den nach der Richtlinie zu schützenden berechtigten Belangen der Teilneh-mer hinreichend Rechnung getragen sein (siehe auch Manssen/Gramlich, Telekommunikations- und Multimediarecht [Stand: August 2008] C § 97 Rn. 20). Weder aus den Erwägungsgründen der Richtlinie noch aus anderen Gesichtspunkten ergibt sich die Notwendigkeit weitergehender Beschränkungen.

Andererseits deutet die im letzten Halbsatz des Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 2002/58/EG in der deutschen Fassung mit dem Wort

„ferner“ (englisch „and“, französisch ohne entsprechendes Wort; spanisch: „y“; niederländisch „en“) eingeleitete gesonderte Rege-lung, dass die Datenverarbeitung auf das erforderliche Maß zu beschränken ist, darauf hin, dass es sich hierbei um eine kumu-lative Bedingung handelt, die neben die Unterstellung der mit der Datenverarbeitung betrauten Personen unter die Weisung des Dienstebetreibers treten muss. Dies lässt eine Auslegung des Begriffs der „Weisung“ zumindest möglich erscheinen, nach der dem Diensteanbieter Befugnisse vorbehalten bleiben müssen, die über die abstrakte Gewährleistung hinausgehen, dass sich Daten-verarbeitung auf das für die in Art. 6 Abs. 1 bis 4 der Richtlinie 2002/58/EG bestimmten Zwecke notwendige Maß beschränkt. Dies wiederum deutet darauf hin, dass dem Diensteanbieter die umfassende Disposition über die Daten, auch während ein Dritter deren Verarbeitung übernimmt, möglich bleiben muss. Insoweit sind in die Auslegung der Norm auch die Fassungen der Richt-linie in anderen Amtssprachen der Europäischen Union einzu-beziehen.

Nach der englischen, französischen und spanischen Version des Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 2002/58/EG müssen die mit der Datenverarbeitung befassten Personen unter der „Autorität“ des Diensteanbieters handeln. Dies könnte für die Notwendigkeit eines uneingeschränkten Zugriffs während der gesamten Daten-verarbeitung sprechen, da mit dem Begriff der „Autorität“ im All-gemeinen eine umfassende Verantwortlichkeit und Kontrolle ver-bunden wird.(c) Die abschließende Entscheidung über die Auslegung des Art. 6 Abs. 2 und 5 der Richtlinie 2002/58/EG ist nach Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union vorbehalten. Welcher der dargestellten Würdigungen der Vorrang zu geben ist, steht nicht mit der nach der „acte-clair-Doktrin“ […] erforderlichen Gewissheit fest.3. Sofern die Übermittlung der Verkehrsdaten von dem Diens-teanbieter mangels Weisungsbefugnis an einen solchen Dritten nach Art. 6 Abs. 2 und 5 der Richtlinie 2002/58/EG und dem im Lichte dieser Bestimmungen auszulegenden § 97 Abs. 1 Satz 3 und 4 TKG nicht erlaubt ist, ist die Klage abweisungsreif. Der Se-nat hat dann das amtsgerichtliche Urteil gemäß § 563 Abs. 3 ZPO wiederherzustellen, da die Klage unbegründet ist.

▶ Die Klägerin ist in diesem Fall nicht Inhaberin der Forde-rung geworden. Der zwischen ihrer Rechtsvorgängerin und der Rechtsvorgängerin der V. D. GmbH geschlossene, auch die dingliche Abtretung enthaltende Factoring vertrag ist ent-sprechend der Judikatur zur Abtretung von Arzt- und Rechts-anwaltshonorarforderungen […] gemäß § 134 BGB nichtig, weil der Zedent gegenüber dem Zessionar gemäß § 402 BGB eine umfassende Unterrichtungspflicht hat, die jedoch gegen das Fernmeldegeheimnis und den telekommunikationsrecht-lichen Datenschutz verstößt.

Wird hingegen die hier in Rede stehende Datenweitergabe vom Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 2 und 5 der Richtlinie 2002/58/EG und des § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG erfasst, kommt al-lenfalls eine Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverwei-sung der Sache an die Vorinstanz (§ 563 Abs. 1 ZPO) in Betracht.

DuD Datenschutz und Datensicherheit 6 | 2012 457

DUD RECHT

LG Berlin: Facebook – Freundefinder und Geschäftsbedingungen rechtswidrig

1. Der Versand der Einladungs- und Erinnerungsmails im Rahmen des Facebook-Freundefinders ist unlauter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.

2. Die Einwilligung des Nutzers in eine Datenverwendung zu Zwecken des Facebook-Freunde finders ist gemäß § 4a Abs. 1 BDSG unwirksam.

3. AGB-rechtlich unzulässig sind (u.a.) folgende AGB-Klauseln von Facebook:

die sog. „IP-Lizenz“ die Klausel „Über Werbung auf Facebook“ die Ermächtigung zur Änderung der AGB die Klausel „Beendigung“ die Klausel „Informationen von anderen Webseiten“.

(Orientierungssätze d. Red.)

Landgericht Berlin, Urteil vom 6. März 2012, Az.: 16 O 551/10.

Aus dem Tatbestand:Der Kläger nimmt die Beklagte, die in Europa das soziale Inter-net-Netzwerk „Facebook“ betreibt, wegen ihrer Funktion „Freun-de finden“, ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und ihrer Datenschutzrichtlinien auf Unterlassung in Anspruch.

Die Plattform der Beklagten bietet Nutzern die Möglichkeit, eine Profilseite einzurichten, auf der sie sich vorstellen sowie Fotos und Videos hochladen können. Auch können Nutzer dort öffentlich sichtbare Nachrichten hinterlassen oder Notizen ver-öffentlichen, aber auch Nachrichten persönlich austauschen. Die Plattform ist mittels einer Programmierschnittstelle für die An-wendungen von Drittanbietern geöffnet. Einnahmen erzielt sie vor allem über das Werbegeschäft.

Anlass der Klage ist zunächst der am 2. November 2010 aktu-elle und mittlerweile geänderte Registrierungsprozess (Seite 10 f. der Klage iVm Anlage K3). In dessen Verlauf wird der Nutzer gefragt, ob seine Freunde schon bei Facebook registriert seien. Der schnellste Weg dies festzustellen sei das Durchsuchen sei-nes E-Mail-Kontos, was der Nutzer sodann unter Angabe sei-ner E-Mail-Adresse und seines E-Mail-Passwortes durch Betä-tigung des Buttons „Freunde finden“ veranlassen kann. Unter-halb dieses Buttons befindet sich der als Link ausgestaltete Hin-weis „Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert“. Betä-tigt der Nutzer diesen Link, so erscheint ein Pop-Up-Fenster mit folgender Information:

„Wir können die E-Mail-Adressen, die Du mithilfe des Impor-teurs hochgeladen hast, dazu benutzen, um dir bei der Vernet-zung mit deinen Freunden zu helfen. Dies beinhaltet auch das Ge-nerieren von Freundschaftsvorschlägen für dich und deine Kon-takte auf Facebook.“

Nach Betätigen des Buttons „Freunde finden“ werden die E-Mail-Adressen der Kontakte des Nutzers, die nicht Mitglieder der Beklagten sind, importiert und sodann in einer Liste einzeln aufgeführt. Dort ist vor dem jeweiligen Kontakt ein Feld vorgese-hen, das voreingestellt bereits ein Häkchen enthält, welches sich aber auch entfernen lässt. Unter dieser Liste befinden sich But-tons mit der Beschriftung „Einladungen versenden“ und „Über-springen“. Sind Kontakte des Nutzers allerdings bereits Mitglied bei Facebook (was bei dem klägerseits dargestellten Prozess nicht der Fall war), so werden diese in einem ersten Schritt aufgelistet;

erst sodann erfolgt in einem zweiten Schritt die vorstehend be-schriebene Information über die Kontakte, die noch nicht Mit-glieder bei Facebook sind.

Am 21. April 2010 erhielt die beim Kläger beschäftigte Zeugin T. eine E-Mail mit der Einladung eines Herrn M., dass sie sich bei der Beklagten anmelden solle. Zuvor hatte sich Herr M., ein Bekannter der Zeugin, dort registrieren lassen. Weder ihm noch der Beklagten gegenüber hatte die Zeugin in die Übermittlung einer solchen Mail eingewilligt. Mit einer E-Mail vom 8. Mai 2010 wurde die Zeugin an diese Einladung erinnert. Zu diesen Zeit-punkten war der Registrierungsprozess der Beklagten noch der-art gestaltet, dass Nutzer die Häkchen vor dem jeweiligen Kon-takt zwecks Einladung manuell setzen mussten, diese also nicht voreingestellt waren. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers er-hielt am 2. November 2010 ebenfalls eine solche Mail, ohne darin zuvor gegenüber der Beklagten eingewilligt zu haben. Zu Grunde lag die Registrierung der Zeugin B. bei der Beklagten.

Des Weiteren wendet sich der Kläger gegen die aus dem Te-nor zu II ersichtlichen, von der Beklagten verwendeten AGB und ihren Datenschutzrichtlinien. Die Einwilligung in deren Geltung erfolgt durch die vorformulierte Klausel „Indem du auf „Registrie-ren“ klickst, bestätigst du, dass du die Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien gelesen hast und diesen zustimmst“, wo-bei die Wörter „Nutzungsbedingungen“ und „Datenschutzricht-linien“ jeweils als Link auf diese ausgestaltet sind (S. 2 Anl. K3).

Der Kläger stützt sich im Hinblick auf den Registrierungspro-zess auf § 8 UWG und im Hinblick auf die Bedingungen und Richtlinien der Beklagten auf § 1 UKlaG. Im Einzelnen ist er fol-gender Ansicht:

Die E-Mails von April und Mai 2010 stellten Werbung der Be-klagten dar; der Einladende könne nicht wirksam für die Emp-fängerin einwilligen. Dies beanstandet er nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, wobei er ergänzend darauf hinweist, dass sich sein Antrag nur gegen die E-Mails richte, die an Nicht-Mitglieder von Face-book gingen. Welche der Personen aus seinem E-Mail-Konto dies konkret seien, wisse der Nutzer nicht, weshalb er auch keine un-beeinflusste und eigenständige Entscheidung über die Einladun-gen treffen könne. Die Erinnerungsmail sei erst recht belästigend.

Im Rahmen ihres Registrierungsprozesses enthalte die Beklag-te den Nutzern auch Informationen vor, da sie diesen unterstelle, durch Betätigen des Buttons „Freunde finden“ in die Datennut-zung durch die Beklagte eingewilligt zu haben. Wesentliche In-formationen dafür fänden sich aber erst in dem Pop-Up-Fenster, zu dem der Nutzer bei der Registrierung aber nicht zwingend ge-führt werde. Die Beklagte informiere zudem nicht darüber, dass auch auf Daten von Kontakten des Nutzers zugegriffen werde, die nicht Mitglied bei Facebook seien. Damit verstoße die Beklagte gegen § 4 Abs. 1, §§ 5 und 5 a sowie § 4 Nr. 11 UWG in Verbin-dung mit §§ 4a, 28 Abs. 3a BDSG.

Die beanstandeten AGB verstießen gegen die §§ 307 f. BGB, die Datenschutzrichtlinien gegen §§ 12, 13 TMG sowie die bereits er-wähnten Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes; bezüglich Letzterer rügt der Kläger insbesondere, dass dem Nutzer die Be-deutung seiner Erklärung nicht in der erforderlichen Deutlichkeit mitgeteilt und zudem die vorgeschriebene Schriftform nicht ein-gehalten worden sei. Für beide Regelungswerke gelte nach Ziffer 16.3. Nr. 2 der AGB (Anl. K7) deutsches Recht. […]

Der Kläger beantragt mit der am 6. April 2011 zugestellten Kla-ge, was erkannt ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

458 DuD Datenschutz und Datensicherheit 6 | 2012

DUD RECHT

Die Beklagte macht zunächst geltend, dass der vom Kläger dar-gestellte Registrierungsprozess seit Januar 2011 nicht mehr aktu-ell sei, da sie sich nach Gesprächen mit dem Hamburgischen Be-auftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit dazu ent-schlossen habe diesen zu ändern. Nunmehr seien die auf S. 7 f der Klageerwiderung (Bl. 90 f d. A.) genannten Schritte zu durchlau-fen. Seit dem 25. März 2011 verwende sie auch neue AGB.

Im Hinblick auf sämtliche Ansprüche erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung. Insofern verweist sie auf Pressemeldun-gen des Klägers aus den Jahren 2008 und 2009 sowie April 2010 (Anl. B5 f.), in denen dieser sich mit ihr beschäftigt. Es sei davon auszugehen, dass er sich zum Erlangen dieser Informationen bei ihr registriert habe. Sollte er dies nicht getan haben, hätte er zu-mindest grob fahrlässig gehandelt.Im Einzelnen ist sie folgender Ansicht:

Das Versenden der E-Mails stelle keine geschäftliche Hand-lung der Beklagten dar, sondern vielmehr eine private des jewei-ligen Nutzers. Dieser habe auch keinen finanziellen Anreiz, die E-Mails zu versenden. Es sei ihm zudem möglich, die Erinnerungs-Mails zu stornieren und/oder die importierten Kontakte vollstän-dig zu löschen, während die Empfänger den Einladungs-Mails widersprechen könnten. Der Nutzer könne auch sehr wohl eine unbeeinflusste und eigenständige Entscheidung über die konkret eingeladenen Personen treffen, da er aufgrund der unterschiedli-chen Listen wisse, ob diese Mitglied der Beklagten sind.

Im Rahmen ihres Registrierungsprozesses enthalte sie den Nutzern auch keine Informationen vor. Für den Nutzer komme der Zugriff auf sein E-Mail-Konto nicht überraschend.

Im Hinblick auf die Datenschutzrichtlinien gelte irisches Recht, da die Rechtswahl nur das Privatrecht erfasse. Insoweit behaup-tet die Beklagte weiter, dass sie selbst die Daten verarbeite und in den USA lediglich eine Auftragsverarbeitung durchführen lasse. Wegen der Verteidigung der einzelnen Klauseln wird auf die Sei-ten 20 f. der Klageerwiderung verwiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:Die Klage ist zulässig und begründet.[…]B. Sowohl im Hinblick auf den Registrierungsprozess (dazu unter I) als auch das Bedingungswerk der Beklagten (dazu II) stehen dem Kläger die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu.

I. Im Hinblick auf den Versand der Einladungs- und der Erinne-rungs-Mail (Anträge A I 1 und 2) sowie die dieser Funktion des „Freunde-Findens“ zugrunde liegende Einwilligung des Nutzers in die Nutzung der Daten durch die Beklagte (Antrag zu A I 3) folgt der Anspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG iVm den nachfolgend im Einzelnen genannten Vorschriften.

▶ 1. Die E-Mails sind unlauter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.a) Die Auswahl der Empfänger durch den einladenden Nutzer führt nicht zu der erforderlichen Einwilligung der Empfänger in die Zusendung der E-Mail (so auch Landgericht Berlin, Beschluss vom 18.8.2009 – 15 S B/09, K&R 2009, 823). Darauf beruft sich die Beklagte auch nicht.

▶ b) Entgegen ihrer Ansicht handelt es sich um unerbetene Wer-bung der Beklagten.

Werbung ist jedes Verhalten einer Person zu Gunsten eines eige-nen oder fremden Unternehmens, das auf die Förderung des Ab-satzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen gerich-tet ist (s. nur etwa Koch in Ullmann jurisPK-UWG, 2. Aufl. § 7 Rn

129 mwN). Dies trifft auf die Einladungs- und Erinnerungs-Mails zu. Sie haben zwar aus Sicht der Nutzer einen sozialen Zweck, die-nen gleichzeitig aber der Förderung des Absatzes von Dienstleis-tungen der Beklagten, da sie auf eine Vergrößerung ihrer Nutzer-schaft gerichtet sind.

▶ Die Versendung der Mails beruht auch nicht allein auf dem Entschluss eines Dritten, also der einladenden Nutzer

(vgl. dazu OLG Nürnberg MMR 2006, 111, 112). Vielmehr han-deln diese und die Beklagte nach Ansicht der Kammer als Mittä-ter (§ 830 Abs. 1 Satz 1 BGB), da sie bewusst und gewollt bei der Versendung der E-Mails zusammenwirken: Die Nutzer stellen die erforderlichen Adressdaten, während die Beklagte die Erstellung der Mails und deren Versand übernimmt.

▶ Der damit festzustellenden Unlauter keit steht auch nicht ent-gegen, dass der soziale Charakter des „Freunde finden“, al-so das legitime Interesse des Nutzers an der Schaffung eines möglichst breiten Freundeskreises, gegenüber dem wirt-schaftlichen Interesse der Beklagten an weiteren Nutzern durchaus erheblich erscheint.

Nach § 7 UWG kommt es allein auf das Interesse des jeweiligen Empfängers der Direktwerbung an, das nach Abs. 2 Nr. 3 UWG aber ausdrücklich erklärt werden muss. Auch die nach § 3 Abs. 1 und 2 UWG erforderliche Spürbarkeit der Beeinträchtigung ist im Rahmen des § 7 UWG nicht erforderlich (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 7 UWG Rn. 15). Vielmehr ist bei Vorliegen der Fallgruppen des § 7 Abs. 2 stets von einer unzumut-baren Belästigung auszugehen.c) Die Ansprüche sind auch nicht verjährt gem. § 11 Abs. 1 UWG.

Verjährung mag zwar im Hinblick auf die konkreten und bei-spielhaft in die Anträge aufgenommenen E-Mails vom 21. April und 8. Mai 2010 eingetreten sein, während allein die – dort aller-dings nicht berücksichtigte – E-Mail an den Prozessbevollmäch-tigten des Klägers vom 2. November 2010 nicht der sechsmona-tigen Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG unterfallen dürfte. Dies muss hier jedoch nicht entschieden werden, da es dem Klä-ger nicht auf diese konkreten E-Mails, sondern die zugrunde lie-gende Entscheidung der Beklagten ankommt.

Gem. § 11 Abs. 2 UWG beginnt die Verjährungsfrist, wenn der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den An-spruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die Verjährung von Unterlassungsansprüchen auf Grund einer Dauerhandlung kann aber nicht beginnen, solange der Engriff noch fortdauert (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 11 UWG Rn. 1.21 mwN).

Das trifft hier zu, da die E-Mails auf der geschäftlichen Ent-scheidung der Beklagten beruhen, eine Funktion bereitzustellen, mit deren Hilfe die Mails versandt werden. Diese Entscheidung besteht fort, da die Beklagte nach dem unstreitigen Vortrag des Klägers weiterhin derartige Mails versendet.

▶ 2. Im Hinblick auf die Einwilligung des Nutzers in die Nut-zung der Daten durch die Beklagte (Antrag zu A I 3) liegt jedenfalls ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG iVm § 4a Abs. 1 BDSG vor.

▶ a) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist deutsches Daten-schutzrecht anzuwenden.

Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Rom-I VO unterliegt der Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Eine solche Rechtswahl ha-ben die Parteien in 16 Abs. 3 Nr. 2 der „Erklärung der Rechte und Pflichten“ (Anlage K7) getroffen, und zwar – wie in Art. 3

DuD Datenschutz und Datensicherheit 6 | 2012 459

DUD RECHT

Abs. 1 Satz 2 Rom-I VO vorgesehen – ausdrücklich. Der Einwand der Beklagten, eine solche Rechtswahl könne nicht das öffentli-che, sondern nur das Privatrecht betreffen, geht schon deshalb fehl (vgl. auch Junker in MüKo/BGB, 5. Aufl. Art 40 EGBGB Rn. 88), weil es sich bei den im Einzelnen noch zu erörternden Be-stimmungen des BDSG und des TMG um solche handelt, die zu-mindest auch zwischen privaten Personen gelten. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG bestimmt sogar ausdrücklich, dass dieses Gesetz unter anderem für nicht-öffentliche Stellen gilt.

Aus der Kollisionsvorschrift des § 1 Abs. 5 BDSG folgt nichts anderes, da eine Rechtswahl dort nicht vorgesehen, nach Ansicht der Kammer aber eben auch nicht ausgeschlossen ist.b) Nach § 4a Abs. 1 BDSG ist die Einwilligung nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht; dieser ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles er-forderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen.

▶ Dem wird die Beklagte im Rahmen des Registrierungsprozes-ses nicht gerecht, da die Nutzer nicht hinreichend über den Zweck der Verwendung informiert werden.

Die Einwilligung betrifft auch E-Mail-Kontakte des Nutzers, die nicht zum Nutzerkreis der Beklagten zählen. Darüber, dass die Beklagte auf diese Daten zugreift, informiert sie den Nutzer aber nicht. Auch aus der ersten Seite des Schrittes „Freunde finden“ (8. 3 Anl. K3) wird dies nicht hinreichend klar, da dort nur von „Freunde(n) auf/bei Facebook“ die Rede ist, also sich kein Hin-weis auf die Kontaktdaten von Nicht-Mitgliedern findet. Dass er auch dies beanstandet, hat der Kläger zwar nicht schriftsätzlich, aber in der mündlichen Verhandlung ausgeführt.

Dahinstehen kann, ob – wie die Beklagte meint – der Nutzer aufgrund der Verwendung des Wortes „Passwort“ besonders hell-hörig ist und deshalb den Link betätigt, der zu dem aus Seite 4 der Anl. K3 ersichtlichen Pop-Up-Fenster führt. Denn auch daraus wird nicht hinreichend klar, dass auch Kontaktdaten von Nicht-Mitgliedern der Beklagten betroffen sind.

▶ Wenn die Beklagte meint, dass sich der Nutzer bereits vor der Registrierung in ihren AGB und Datenschutzrichtlinien über die Funktion „Freunde finden“ und den damit verbundenen Datenimport informieren könne, so bleibt dies schon deshalb unbeachtlich, weil die Beklagte schon nicht behauptet, dass dort auch eine Information im Hinblick auf die Kontaktdaten von Nicht-Mitgliedern stattfindet, geschweige denn wo kon-kret diese zu finden sein soll.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Nutzer über die einzuladenden Personen anhand zweier Schritte, in der die Mitglieder der Beklagten einerseits und die übrigen Kontak-te andererseits jeweils getrennt aufgeführt sind, informiert wird. Diese Information erfolgt nämlich nicht – wie aber erforderlich – vorab (Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 3. Aufl., § 4a Rn 4), also vor Betätigen des Buttons „Freunde finden“.

c) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist schon wegen ihrer Verbreitung auch die Spürbarkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG erreicht. Eine Einigung mit der Datenschutzbehörde in Ham-burg, auf die sich die Beklagte verlassen können will, steht dem hiesigen Verbot ebenso wenig entgegen, wobei die Kammer die Ansicht des Landgerichts Wiesbaden (Urteil vom 18.2.2011 – 13 0 6/10, beklagtenseits als Anl. B4 vorgelegt), die dort Beklagte habe sich in Anbe tracht der aus ihrer Sicht unklaren Rechtsla-

ge auf Auskünfte eines Bundesministeriums verlassen dürfen, nicht teilt.

▶ Bei § 4a Abs. 1 BDSG handelt es sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch um eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, da die Nutzung der Daten zu kommerziel-len Zwecken geschieht (vgl. Köhler aaO § 4 Rn 11.42 mwN).

d) Auf eine Verjährung dieses Anspruchs kann sich die Beklag-te nicht berufen, da hinreichender Vortrag zu einer schädlichen Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis des Klägers im Sinne des § 11 Abs. 2 UWG fehlt: Die Pressemitteilungen, die zwar sämtlich vor dem sechsmonatigen Zeitraum vor Klageerhebung datieren, belegen weder eine positive Kenntnis noch eine grob fahrlässige Unkenntnis von der hier gegenständlichen Versendung der Ein-ladungsmails, geschweige denn der zugrunde liegenden Daten-nutzung. Sie befassen sich vielmehr allein mit den AGB und den Datenschutzrichtlinien der Beklagten. Dass sich ein Mitarbei-ter des Klägers registriert hatte, vermutet die Beklagte nur (Sei-te 18 der Klageerwiderung, Blatt 101 der Akten: „ist davon aus-zugehen“). Dies erscheint auch keineswegs zwingend, da die in den Pressemitteilungen erhobenen Vorwürfe allein auf Eingaben und Recherchen von Verbrauchern beruhen könnten. Weshalb der Kläger insoweit eine Pflicht verletzt haben sollte, sagt die Be-klagte nicht und ist auch nicht ersichtlich; insbesondere besteht nach ständiger Rechtsprechung keine allgemeine Marktbeobach-tungspflicht.

II. Der Kläger kann zudem von der Beklagten gemäß § 1 UKlaG iVm den nachstehend im Einzelnen genannten Bestimmungen verlangen, es zu unterlassen, die hier beanstandeten Klauseln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzrichtlinien zu verwenden (Anträge zu B1 und B2).

▶ 1. Die sog. „IP-Lizenz“ (Antrag zu B 1.1) ist unwirksam ge-mäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB („Bestimmung, (die) mit we-sentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist“). Die anhand der Lizenz vorgesehene Übertragung ihrer Art nach unbe-schränkter Nutzungsrechte verstößt gegen den § 31 Abs. 5 UrhG zugrunde liegenden Zweckübertragungsgedanken.

Der Grund satz der Zweckübertragung beruht auf dem Leitgedan-ken einer möglichst weitgehenden Beteiligung des Urhebers an der wirtschaftlichen Verwertung seines Werkes und einer mög-lichst geringen Aufgabe bzw. Übertragung seiner Ausschließ-lichkeitsrechte. Seiner Natur als Auslegungsregel entsprechend ist zwar Voraussetzung für seine Anwendung, dass über den Um-fang der Rechtseinräumung Unklarheiten bestehen (BGH GRUR 1984, 45, 49 – Honorarbedingungen Sendevertrag). Das ist hier – im Gegensatz zu der genannten Entscheidung – aber gerade der Fall, da in der beanstandeten Klausel nicht zum Ausdruck kommt, welche urheberrechtlichen Nutzungsbefugnisse nach dem Willen der Vertragspartner übertragen werden sollen; viel-mehr ist darin schlicht von der „Nutzung aller IP-lnhalte“ die Re-de. Eine derart weitgehende Übertragung widerspricht aber dem Kern des Zweckübertragungsgedankens.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass nach dem einleiten-den Satz der beanstandeten Klausel die geposteten Inhalte wei-terhin dem Nutzer gehören und nach der Zusatzbedingung für deutsche Nutzer die Nutzung der Inhalte „auf die Verwendung auf oder in Verbindung mit Facebook beschränkt ist“. Beides än-dert nichts an der Weite der Übertragung ihrer Art nach unbe-schränkter Nutzungsrechte.

460 DuD Datenschutz und Datensicherheit 6 | 2012

DUD RECHT

Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Ansprüche aus dem UKlaG unterliegen nicht der Verjährungsfrist des § 11 UWG (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 1 UKlaG Rn 1.14), sondern der allgemeinen dreijährigen Frist des § 195 BGB. Dass auch diese abgelaufen sei, macht die Beklagte nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.

▶ 2. Die Klausel „Über Werbung auf Facebook“ (Antrag zu B 1.2) ist jedenfalls wegen eines Verstoßes gegen das Transpa-renzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) unwirksam.

Nach dieser Vorschrift kann sich eine unangemessene Benach-teiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Die Klausel muss also die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie das nach den Umständen gefordert werden kann (Grüneberg in Palandt, BGB, 70. Aufl. § 307 Rn 21 mwN). Dieser Anforderung genügt die hier streitgegenständliche Klausel nicht.

Der Kläger beanstandet zu Recht – wenn auch im Hinblick auf § 4a BDSG –, dass der Verbraucher nicht umfassend über die Art und Weise der Nutzung der Daten sowie über die Reichweite der Erklärung informiert wird.

▶ Offenbar zielt die Beklagte mit dieser Klausel darauf ab, dem jeweiligen Verbraucher mit seinem Profil abgestimmte, also auf ihn individuell zugeschnittene Werbung zukommen zu lassen. Dies verbirgt die Beklagte jedoch hinter der undeut-lichen Formulierung „deinen Namen und dein Profilbild in Verbindung mit kommerziellen oder gesponserten Inhalten zu verwenden“.

Hinzu kommt, dass die Einwilligung unerwarteter Weise erst am Ende der Klausel erwähnt wird, während im vorangehenden Satz zunächst von der – logisch eigentlich nachfolgenden – Beschrän-kungsmöglichkeit durch den Nutzer die Rede ist. Die einleitende Erklärung, dass sie die Werbeanzeigen auch für den Verbraucher wertvoll gestalten wolle, entkräftet den Vorwurf nicht, da die Be-klagte sie nicht in inhaltlichen Zusammenhang mit der beabsich-tigten Verwendung der Daten des Nutzers bringt und ein solcher Zusammenhang auch nicht ohne weiteres ersichtlich ist.

Damit muss nicht entschieden werden, ob die Klausel auch gegen die vom Kläger benannten Bestimmungen des TMG so-wie des BDSG verstößt, insbesondere etwa die Anforderung, die Einwilligung, soweit diese zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt wird, in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorzuheben (§ 28 Absatz 3a Satz 2 BDSG).

▶ 3. Die Unwirksamkeit der Änderungsermächtigung (Antrag zu B 1.3) folgt zwar nicht, wie der Kläger meint, aus § 308 Nr. 4 BGB, wohl aber aus § 307 Abs. 1 BGB (unangemessene Be-nachteiligung).

Klauseln, die den Verwender zur Änderung der AGB ohne Ein-verständnis des Kunden berechtigen, sind nur wirksam, wenn sie das Recht zur Änderung der Bedingungen auf das nachträgliche Entstehen von Äquivalenzstörungen und Regelungslücken be-schränken und inhaltlich so bestimmt sind, dass sie dem Trans-parenzgebot genügen (Grüneberg aaO § 305 Rn 47 mwN). Dass die zuerst genannte Voraussetzung vorliegt, hat die Beklagte we-der vorgetragen noch ist dies ersichtlich.

▶ Vielmehr will sich die Beklagte mit dieser Klausel offenbar eine unbeschränkte Änderungsbefugnis einholen. Die An-kündigung 30 Tage vor der Änderung und die unter gewis-sen Bedingungen gegebene Mitbestimmungsmöglichkeit der Nutzer mildern die Schärfe der Befugnis zwar ab, ändern aber nichts an dem Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB.

▶ 4. Die Klausel „Beendigung“ (Antrag zu B 1.4) ist wiederum gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Sie sieht ein außerordentliches Kündigungsrecht ohne Abmah-nung und wichtigen Grund vor, was dem Kern des § 314 BGB zu-widerläuft (Grüneberg aaO § 314 Rn 3). Auch die Beklagte sieht das wohl so, da sie mittlerweile eine andere Klausel verwendet (Seite 30 der Klageerwiderung, Blatt 113 der Akten). An der Wie-derholungsgefahr ändert das jedoch ebenso wenig wie die von der Muttergesellschaft der Beklagten gegenüber dem Kläger abgege-bene Unterlassungserklärung.

▶ 5. Die Unwirksamkeit der Klausel „Informationen von an-deren Webseiten“ (Antrag zu B.2.1) folgt wiederum aus § 307 Abs. 1 BGB.

Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert dies nicht bereits da-ran, dass das BDSG nicht in die Liste der Verbraucherschutzgeset-ze des UKlaG aufgenommen ist, da sich dies nur auf den Anspruch wegen verbraucherschutzwidriger Praktiken aus § 2 UKlaG bezie-hen kann, während der Kläger hier nach § 1 UKlaG vorgeht.

Warum die Klausel von den wesentlichen Grundgedanken der Erlaubnistatbestände der §§ 28 BDSG und 12 TMG abweichen – also der wohl vom Kläger gemeinte Fall des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB gegeben sein – sollte, legt der Kläger zwar nicht dar. Dies er-gibt sich nach Ansicht der Kammer auch nicht schlicht daraus, dass die Merkmale der gesetzlichen Erlaubnisse (§ 28 Abs. 1 und 2 BDSG bzw. §§ 14 f TMG) durch die Einwilligung des Nutzers ersetzt werden sollen. Eine solche Einwilligung ist in § 28 Abs. 3 BDSG bzw. §§ 12 Abs. 1 Alt. 1, 13 TMG vielmehr ausdrücklich vorgesehen.

▶ Die Einwilligung widerspricht jedoch der bereits zu B I 2 b zitierten Bestimmung des § 4a Abs. 1 S. 2 BDSG bzw. der des § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG, wonach der Diensteanbieter den Nut-zer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten in allgemein verständlicher Form zu unterrichten hat.

a) Zwar teilt die Kammer nicht die Ansicht des Klägers, der In-halt und die Bedeutung der Klausel selbst seien nicht einschätz-bar. Denn die Beklagte gibt hier – im Gegensatz etwa zu der mit dem Antrag zu B I 2 angegriffenen Bedingung – deutlich zu er-kennen, was sie bezweckt und welchen Umfang die Daten haben.

▶ b) Bei der Einwilligung wird jedoch nicht über den Zweck der Erhebung und Verwendung der Daten iSd. genannten Be-stimmungen informiert.

Die Einwilligung erfolgt allein, was der Kläger auf Nachfragen in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen hat, durch die vorformulierte Klausel „Indem du auf „Registrie-ren“ klickst, bestätigst du, dass du die ... Datenschutzrichtlinien gelesen hast und diesen zustimmst“. Dabei fehlt aber jeder Hin-weis darauf – wie etwa die Erklärung unter der hervorgehobenen Oberschrift „Einwilligung in Werbung und Marktforschung“ in der „Payback“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 16. 7, 2008 – VIII ZR 348/06) –, dass überhaupt Daten erhoben und verwendet werden, geschweige denn zu welchem Zweck dies geschehen soll. Dies läuft dem Kern der genannten gesetzlichen Regelungen zuwider.

6. Das soeben Gesagte gilt im Hinblick auf die „Informatio-nen, die Du mit anderen teilst“ (Antrag zu B.2.2) gleichermaßen.7. Die in Ziff. 9 vorgesehene Änderungsermächtigung (Antrag zu B.2.3.) ist wiederum aus den oben zu B II 3 genannten Grün-den unwirksam.[…]

DuD Datenschutz und Datensicherheit 6 | 2012 461

DUD RECHT

VGH Bayern: Privater (abwertender) Facebook-Post über Kunden

des eigenen Arbeitgebers

Orientierungssätze des Gerichts:1. Die Qualifikation einer ehrenrührigen Aussage als Schmäh-

kritik und der damit begründete Verzicht auf eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Ehre erfordern regelmäßig die Berücksichtigung von Anlass und Kontext der Äußerung (vgl. BVerfGE 93, 266 [303]; BVerfG, Beschluss 5.12.2008 – 1 BvR 1318/07 –, NJW 2009, 749 [750] – „Dummschwätzer“). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Begriff der Schmäh-kritik aufgrund seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts eng auszulegen ist (vgl. BVerfGE 93, 266 [294]). In-folgedessen macht auch eine überzogene oder ausfällige Kri-tik eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmä-hung (vgl. BVerfGE 82, 272 [283 f.]; 85, 1 [16]; 93, 266 [294]).

2. Äußerungen in vertraulichen Gesprächen – sei es unter Arbeitskollegen oder Freunden – vermögen eine Beendi-gung des Arbeitsverhältnisses und damit letztlich auch die Annahme eines „besonderen Falles“ im Sinne von § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen. Der Arbeitnehmer darf anlässlich solcher Gespräche nämlich regelmäßig darauf vertrauen, dass seine Äußerungen nicht nach außen getragen werden. Er muss nicht damit rechnen, dass durch sie der Betriebsfrieden gestört und das Vertrau-ensverhältnis zum Arbeitgeber belastet wird.

3. Bei diffamierenden oder verletzenden Äußerungen kommt es darauf an, ob das so genannte „posting“ im lediglich „pri-vaten Bereich“ von facebook oder „öffentlich“ erfolgt ist, zu-mal nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Erfahrungssatz gilt, dass angreifbare Bemerkungen, die im – kleineren – Kollegenkreis erfolgen, regelmäßig in der siche-ren Erwartung geäußert werden, sie würden nicht über den Kreis der Gesprächsteilnehmer hinausdringen (vgl. BAG,

Urteil vom 10.12.2009 – 2 AzR 534/08 –, DB 2010, 1128 ff.). Die Annahme des Verwaltungsgerichts, ein Benutzer von fa-cebook dürfe, selbst dann, wenn er nur über seinen privaten facebook account eine Äußerung verbreite, nicht darauf ver-trauen, dass diese im vorgenannten Sinne vertraulich bleibe, ist deshalb – jedenfalls ohne sachverständige Klärung – oh-ne Grundlage.

4. Eine Zustimmung zur Kündigung einer Schwangeren nach § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG kommt regelmäßig dann nicht in Frage, wenn die nach dem Mutterschutzgesetz Kündi-gungsschutz genießende Arbeitnehmerin „umgesetzt“ wer-den kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.1977 – 5 C 8.77 –, BVerwGE 54, 276 [283]). Bei Äußerungen die nicht den Arbeitgeber selbst, sondern lediglich einen Kunden betref-fen, und bei einer Umsetzungsmöglichkeit ist es zumutbar, die Schwangere bei einem anderen Kunden einzusetzen.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 29. Februar 2012, Az.: 12 C 12.264.

Hinweis des Gerichts:Die Klägerin hatte auf ihrem privaten facebook-account über den Mobilfunkbetreiber XY, einen Kunden ihres beigeladenen Arbeitgebers, bei dem sie als Sicherheitsmitarbeiterin im Emp-fangsbereich eingesetzt war, Folgendes gepostet: „Boah kotzen die mich an von XY, da sperren sie einfach das Handy, obwohl man schon bezahlt hat … und dann behaupten die es wären kei-ne Zahlungen da. Solche Penner … Naja ab nächsten Monat ha-be ich einen neuen Anbieter …“Der BayVGH hat der Klägerin Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen die Zustimmungsentscheidung der Gewerbeaufsicht nach § 9 Abs. 3 MuSchG zur außerordentlichen Kündigung der Klä-gerin zugesprochen.

Anm. d. Red.:Von einem Abdruck der Entscheidungsgründe wurde abgesehen.