Zurück zum Mond - Living India...genutzt, sondern auch als Schmuck beim Juwelier verkauft werden....

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Trends und Impulse für die Welt der Reinraumtechnologie 02 | 2019 Länderporträt Indien: Riding the tiger Traumberuf: Planetary Protection Expert Preisgewinner: Future Award und Creative Prize Zurück zum Mond WIR KOMMEN, UM ZU BLEIBEN

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Trends und Impulse für die Welt der Reinraumtechnologie02 | 2019

Länderporträt Indien:

Riding the tiger

Traumberuf:Planetary Protection

Expert

Preisgewinner:Future Award und

Creative Prize

Zurück zum Mond

WIR KOMMEN, UM ZU BLEIBEN

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Frank DuvernellHerausgeberGründer Cleanroom Future

EDITORIAL

Cleanzone_2019_210x280_std_02.indd 2 16.11.2018 12:46:25

Liebe Leserin, lieber Leser,

Neulich fand in unserem Cleanroom Future Campus im Schweizerischen Wan-gen die Fortbildung «Professionelles Reinraummanagement» statt. Von den Teil-nehmern bekam ich ausgesprochen positive Rückmeldungen, auch für die Qualität dieses Magazins. Ich wurde aber auch gefragt, was wir mit ihm eigentlich bezwe-cken wollen. Das kann ich Ihnen konkret beantworten. Das Magazin ist eine der drei Säulen, die die Plattform «Cleanroom Future» ausmachen. Die anderen beiden sind unser gleichnamiges Netzwerk und der Campus. Alle drei Säulen sollen Ihnen einen Mehrwert bieten. Das Magazin ermöglicht einen breit gefächerten Einblick in die-se so vielfältige, spannende, innovative und – Menschen, die nicht selbst darin tätig sind, ist es oft nicht bewusst – extrem wichtige Branche. Wir stellen für viele Produk-te die Basis sicher. Ohne uns gäbe es keine Aspirin, keine künstlichen Hüften, keine Smartphones. Das Magazin soll auch eine Brücke zwischen GMP und ISO bauen und aufzeigen, in wie vielen Querschnittsbranchen Reinraumtechnik eingesetzt wird. Und was das Produzieren unter kontrollierten Bedingungen bedeutet. Für Anwender, Zulieferer und Mitarbeiter.

Kurz: Auf das, was in reinen Räumen erforscht, entwickelt und produziert wird, können wir alle stolz sein. Denn dahinter stecken kluge Köpfe.

Die sind übrigens auch in einem Start-up zu finden, das «den Staubsauger in den Reinraum bringen» will: Lesen Sie mehr dazu ab Seite 36. Um kluge Köpfe geht es ebenfalls im Artikel «Objektiv betrachtet …», in dem wir der Herstellung von Objektiven auf den Grund gehen, Seite 42. Unbedingt empfehlen möchte ich Ihnen auch das Interview mit der Planetary Protection Expertin Dr. Petra Rettberg in unserer Titelstory. Ein Traumjob! Welche Rolle Reinräume dabei spielen? Lesen Sie selbst ab Seite 15.

Einen spannenden Blick in «reine Themen» – von der Pharmaindustrie über Me-dizintechnik bis Mikrotechnologie – sowie wertvolles Netzwerken bietet auch die nächste relevante Fachmesse im Herbst. Die Cleanzone hat die aktuell treibendsten Themen der Branche erkannt und in ihr Tagungsprogramm aufgenommen.

Eine Erfolgsgeschichte des Vernetzens, die 2018 dort begann, waren für die beiden Firmen KEK und MED-EL der Gewinn je eines Awards. Der älteste Preis der Branche, der Cleanroom Future Award, und der Creative Prize, der kreativ gestaltete Rein-räume würdigt, wurden ihnen während der Cleanzone verliehen.

Wir wollten wissen, wie es den beiden Unternehmen heute geht und welche Aus-wirkungen der Gewinn für sie hatte. Über unsere Redaktionsbesuche bei den Edel-stahl-Werkern in Dresden (KEK) und im schönsten Reinraum der Welt in Inns-bruck (MED-EL) berichten wir ausführlich ab Seite 50.

Haben Sie selbst ebenfalls innovative Ideen? Reichen Sie Ihre Bewerbungen – für beide Preise – unbedingt ein. Auch wenn Ihre Idee vorerst im Projektstatus ist, die Jury ist neugierig!

Viel Vergnügen beim Lesen in diesem Heft.

Ihr Frank Duvernell

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INNOVATION & ZUKUNFT

08 Titelstory

Zurück zum Mond Der neue Run auf den Erdtrabanten Nach einigen Jahrzehnten der Ruhe geht die Erforschung und geplante Nutzung des Mondes in die nächste Phase über. Zukünftig sollen Menschen für längere Zeiträume auf dem Mond bleiben können. Welche Nationen sind dabei und welche Ziele werden verfolgt?

12 Historischer Abriss: Wettlauf ins All15 Leben im Extremen: Ist es theoretisch auch auf anderen Himmelskörpern möglich?15 Planetenschützerin von Beruf: Wen oder was schützt sie? Und welche Rolle spielen Reinräume dabei?Interview mit der Planetary Protection Expertin Dr. Petra Rettberg21 Kurz erklärt: Der Mond in Fakten

INHALT

MENSCH & REINRAUM VON ANDEREN LERNEN

SERVICE

03 Editorial 06 News 1: Maschinelles Lernen, Diamanten aus dem Reinraum, Pharma in der Karibik, Intuitive KI 34 News 2: Containment, Mehrverbrauch von Arzneimitteln – weltweit und im Auge, Digitalisierung + KMU59 Messen und Events60 Impressum

KOLUMNEN

22 James Bond als Gadget-Visionär: Welche seiner technischen Highlights gibt es heute wirklich? Teil 2: Der Autoschlüssel als Fahrer 49 Reine Tipps, Reine FragenSo bekommen Sie die Antworten, die Sie brauchen: Mit 12 Fragen erfolgreich den neuen Job beginnen

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ASA 46 Quality Cleanroom Forum

Was macht ihr? Was machen wir? Und wenn ja, wie?

50 Redaktionsbesuch beim Award-GewinnerKEK: Wie ein simpler Klapptisch für Service- techniker zur Innovation wurde und den Cleanroom Future Award gewann

54 Redaktionsbesuch beim Gewinner des Creative PrizeMED-EL: Hightech für die Ohren, Farbe für die Seele im schönsten Reinraum der Welt

Mit einem Click zum Account in die Zukunft. Registrieren Sie sich jetzt!cleanroomfuture.com

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VG24 Länderporträt Indien

«Riding the tiger»Die sechstgrößte Volkswirtschaft der Erde ist auf dem Weg zur wirtschaftlichen Großmacht. Unter dem wiedergewählten Premierminister Modi entwickelt sie in hohem Tempo neue industrielle Cluster in Hightech-Branchen mit Reinraumbedarf. Die Regierungskampagne «Make in India» steht für eine Modernisierung der gelenkten Volkswirt-schaft. Auch deutsche Messen öffnen dort Türen.

26 Indien in Zahlen, ein Subkontinent der Superlative27 4 Tipps für den Umgang mit indischen GeschäftspartnernPurvi Shah-Paulini hat einen «Pocket-Guide Indien» mitverfasst und gibt wertvolle interkul- turelle Hinweise.28 Ein Land, zwei Welten

31 Cleanroom Technology in der KunstWie sie den weltweit einzigen geschichtsfreien Raum ermöglichtMit welchem Blick betrachten Künstler das Konzept «Reinraum»? Als nicht nur partikel-, sondern auch emotionsfreien Ort. 2005 entstand das Kunst-projekt in einer Leipziger Gartenlaube, damals nach EN ISO 14644 endgereinigt und zertifiziert. Seit 2018 existiert in der Schweiz seine Entsprechung in Form eines zweiten kleinen Hauses, das «KlHaus».

36 Start-up mit StaubDen Staubsauger in den Reinraum bringenGefährliche Stäube am Entstehungsort zu sammeln, die Filteranlagen in den Reinraum zu bringen und beim Filterwechsel das Containment nicht zu brechen, hat sich ein Start-up vorgenommen. Im Interview erzählen die jungen Gründer, was sie antrieb und welche Lösungen sie anbieten. 39 Glossar 41 9 Fakten über Staub

42 OptikObjektiv betrachtet: Hightech-LichtsammlerOptische Systeme haben heute fast jeden Lebens-bereich durchdrungen. Doch was macht ein gutes Objektiv aus? Wie wird es hergestellt und welche Rolle spielt dabei der Reinraum? 45 Edelstein und Plastiklinse

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Der Roboter erkennt das Bauteil, das die Mitarbeiterin hält und folgt behut-sam ihrer Hand bis zur Übergabe des Werkstücks. (Bild: Fraunhofer IWU)

Steuerung durch Gesten Industrie-Roboter interagiert mit Menschen intuitiv

Das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Um-formtechnik IWU hat eine Technologie zur Kommunika-tion zwischen Mensch und Maschine entwickelt, wodurch eine intuitive Zusammenarbeit mit industriellen Großro-botern möglich wird – ähnlich wie mit menschlichen Kolle-gen. Die Roboter können Gesten, Gesichter und Körperhal-tungen erkennen und darauf reagieren.In modernen Produktionshallen ist die Zusammenarbeit von Mensch und Roboter noch immer limitiert. Zwar arbei-ten Schwerlastroboter mittlerweile ohne Schutzzaun ne-ben ihren menschlichen Kollegen, jedoch ist eine direkte Interaktion nicht möglich. Aus Sicherheitsgründen stoppt der Roboter seine Bewegung, sobald ein Mensch einen großräumigen Sicherheitsbereich um ihn herum betritt.Die neue Technologie steigert die Effizienz dieser Zusam-menarbeit – und damit der gesamten Fertigung. Menschen können nun erstmalig sicherer und interaktiv mit Schwer-lastrobotern kommunizieren und kooperieren. Gesten, Körperhaltung und Gesichtsausdrücke werden vom Robo-ter erfasst und verarbeitet. Gestensteuerung war bisher vorwiegend im Bereich der Spielekonsolen verbreitet. In-dustrie-Roboter können nun auch komplexe Arbeitsaufträ-ge über Hand- und Armgesten erfassen. Dabei stellen 3D-Kameras und intelligente Algorithmen sicher, dass Ges-ten nicht als Anweisung interpretiert werden, sobald der Mensch zur Seite schaut oder sich unterhält. Die Übergabe von einem Werkzeug oder Werkstück wird beispielsweise nur durchgeführt, wenn dies gefahrlos möglich ist.

NEWS > MASCHINELLES LERNEN, DIAMANTEN AUS DEM REINRAUM, PHARMA IN DER KARIBIK, INTUITIVE KI NEWS > MASCHINELLES LERNEN, DIAMANTEN AUS DEM REINRAUM, PHARMA IN DER KARIBIK, INTUITIVE KI

Maschinelles Lernen Mathematisches Modell hilft bei der Impfstoffentwicklung

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel im deutschen Langen, hat in einer Forschungskoope-ration ein mathematisches Modell entwickelt, mit dem eine präzisere Vorhersage und eine verbesser-te Ausbeute bei der biotechnologischen Protein-synthese in Wirtsorganismen möglich ist. Durch das neue Verfahren eröffnen sich vielfältige bio-technologische Anwendungsmöglichkeiten u.a. in der Impfstoffentwicklung.Biotechnologische Arzneimittel beruhen oft auf maßgeschneiderten Proteinen. Hierzu müssen die Gene, die die Informationen über die gewünschten Proteine tragen, in Bakterien- oder Säugerzellen transferiert werden. Meist ist zusätzlich eine An-passung der Gene an die Wirtszelle erforderlich, um die transferierten Gene ablesen und die darauf kodierten Proteine abbilden zu können. Der For-schergruppe ist es nun mit Methoden des maschi-nellen Lernens gelungen, weitere Prädiktoren für die Protein-Ausbeute zu berücksichtigen und den sogenannten «Proteinexpressions-Score» zu ermit-teln. Damit kann die Proteinausbeute genauer be-rechnet und für die Codon-Optimierung der Gene genutzt werden. Der dafür notwendige Algorith-mus wurde in eine spezielle Software implemen-tiert und erlaubt die beschriebene Optimierung von Genen. Der Algorithmus kann aber auch für den gegensätzlichen Weg, die Deoptimierung, ge-nutzt werden, mit der Pathogene genetisch verän-dert und abgeschwächt werden. Dieses Verfahren wird bei der Entwicklung von Impfstoffen genutzt: Lebendimpfstoffe werden vom ursprünglichen Pa-thogen abgeleitet und sind genetisch so verändert, dass sie im Menschen zwar eine Immunreaktion erzeugen, sich aber nur noch begrenzt vermehren und keine Krankheit mehr auslösen können. Mittels verschiedener Modellorganismen wurde festgestellt, dass die neue simulationsunterstützte Optimierungsmethode dem herkömmlichen Ver-fahren überlegen ist. Die internationale Patentan-meldung für den neuen Codon-Optimierungsan-satz wurde vorgenommen.

Reichtum aus dem Reinraum Diamanten aus dem Labor werden günstiger und sind ethisch unbedenklichIn der Antike galten sie als «Tränen der Götter», heute wer-den sie als «A Girl's Best Friend» besungen. Forscher je-doch entzaubern die sagenumwobenen Edelsteine – hand-le es sich doch nur um ein Stück Kohlenstoff mit spezieller Kristallstruktur. Seit über 50 Jahren entstehen Diamanten auch im Labor. Alle durch Hochtechnologie definierbaren Eigenschaften wie Reinheit, Farbe und Größe wurden mittlerweile er-forscht. Bei den im Reinraum produzierten Steinen wird nichts mehr dem geologischen Zufall überlassen. Das Pro-zedere hat eine derartige Perfektion erreicht, dass die Er-zeugnisse nicht mehr nur für Bohrmeißel und Schleifgerät genutzt, sondern auch als Schmuck beim Juwelier verkauft werden. In der Branche löst das nicht nur Begeisterungsstürme aus, denn die Labordiamanten sind aufgrund der effizienten Produktion wesentlich günstiger als ihre natürlichen Kon-trahenten. Der Einzelhandelspreis für die Labordiamanten hat sich in den vergangenen zwei Jahren fast halbiert. Großhandels-preise sollen sogar noch stärker gesunken sein, weil die Produktionskosten in den Labors stetig sinken. Trotz hoher Anforderungen an die Verfahrenstechnik ist die Herstel-lung nicht übermäßig kompliziert: In einem Plasmareak-tor werden von Mikrowellen erhitztes Methan und andere Gase bei über 3000 Grad Celsius aufgespalten, sodass sich die im Methan enthaltenen Kohlenstoffatome an ein glü-hendes Diamantplättchen anlagern. Über einige Wochen wächst so ein neuer Diamant heran. Konnten Fachleute Labordiamanten vor einigen Jahren noch an gelblichen Verunreinigungen erkennen, taugen die Ergebnisse heute für tadellosen Brillantschmuck. Auch aus ethischer Sicht sind die Laborerzeugnisse – anders als ihre natürlichen Pendants, die oft unter widrigsten Umständen für Mensch und Umwelt gewonnen werden – unbedenklich.

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Von der Karibik in die USA Pharma- und Labor- zulieferer investiert in Puerto RicoDer Pharma- und Laborzulieferer Sartorius hat mehr als 100 Millionen US-Dollar in Puerto Rico investiert, um künftig die Produk- tionskapazität im Sartorius-Werk in Yauco zu verdoppeln. Der Konzern fördert damit die wirtschaftliche Entwicklung der Region auf der Karibik-Insel. Die Arbeiten auf dem knapp 190.000 Quad-ratmeter großen Areal sollen im zweiten Quartal 2019 abgeschlossen werden. Das Werk im Südwesten von Puerto Rico belie-fert vor allem den US-amerikanischen Markt, der zu den Wachstumsschwerpunk-ten von Sartorius gehört. Für den internatio-nal führenden Partner der biopharmazeu- tischen Forschung und Industrie ist der Aus-bau eine finanziell und strategisch bedeu-tende Investition: Das Produktionsnetzwerk wird erweitert, sodass ein größerer Spiel-raum für weiteres Wachstum in der Region Amerika vorbereitet wird. Sartorius stellt seit 1982 Filter und seit 2012 sterile Einwegbeutel in Yauco her. Mit dem Ausbau sollen die Produktion von Einwegbeu-teln und Membranfiltern mehr als verdop-pelt und die Reinraum-Kapazitäten etwa ver-dreifacht werden. Die Anzahl der derzeit 450 Beschäftigten soll ebenfalls weiter steigen.

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Zurück zum Mond

DER NEUE RUN AUF DEN ERDTRABANTEN

Hinter der Mondoberfläche voller Krater geht am 24. Dezember 1968 die Erde auf. Das erste von Menschen gemachte Foto entstand während der Apollo 8. Als sie den Mond umkreiste, war der blaue Planet 240.000 Meilen entfernt.

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«Houston, hier ist Tranquility Base. Der Adler ist gelandet!» Als Neil Armstrong diese Worte am 20. Juli 1969 um 20:17 UTC zur Erde funkte, war eines der größten Abenteuer der Menschheit in seine heiße Phase getreten. Gut 600 Millionen Erdenbürger verfolgten vor den Bildschirmen, wie sich einer der ihren anschickte, zum ersten Mal überhaupt seinen Fuß auf einen fremden Himmelskörper zu setz-ten. Wenige Stunden später tat er jenen «kleinen Schritt für einen Menschen», der «einen großen Sprung für die Menschheit» bedeutete. Nach einigen Jahrzehn-ten der relativen Ruhe geht die Erforschung und geplante Nutzung des Mondes in eine neue Phase. Wer ist dabei, welche Ziele werden verfolgt?

INNOVATION & ZUKUNFT > ZURÜCK ZUM MOND

VON KAI DÜRFELD

Seit dem «großen Sprung für die Menschheit» sind 50 Jahre vergangen. Auch wenn bis 1972 fünf weitere bemannte Landungen folgten, war der Wett-lauf zum Mond damit entschieden. (Wir berichten mehr in Kasten 12.) Die Raumfahrt hatte nun neue Ziele im Sinn: Die ständige Präsenz im Erdorbit, die Erforschung des äußeren Sonnensystems und na-türlich der Rote Planet rückten in den Fokus. Um Luna wurde es still.

Bis jetzt. Denn seit wenigen Jahren scheint der Erdtrabant wieder in aller Munde zu sein. Das ame-rikanische NewSpace-Unternehmen SpaceX plant, Touristen den Mond umrunden zu lassen. Die chi-nesische Raumfahrtagentur CNAS unterhält ein ehrgeiziges Mondprogramm, zu dessen jüngsten Meilensteinen die erste Landung einer Sonde auf der dunklen Seite des Mondes gehörte. Auch Is-rael hat sich dem Erdtrabanten zugewandt, wo-bei die Sonde Beresheet im April 2019 auf dessen Oberfläche zerschellte. Natürlich fehlen auch die Raumfahrtschwergewichte wie NASA (USA), RO-SCOSMOS (Russland), JAXA (Japan) und die ESA (Europa) nicht. Sogar die Privatwirtschaft scheint vom Mondfieber gepackt zu sein. Eines der neuen Unternehmen ist das Berliner NewSpace-Start-up PTScientists.

Mit LTE den Mond ins Internetzeitalter holen«Wir entwickeln Infrastruktur im Weltall»,

bringt es Robert Böhme, der das Unternehmen 2010 gegründet hat, auf den Punkt. «Mit unseren Tech-nologien wollen wir es einfach jedem ermöglichen, über etablierte Industriestandards im Weltall Fuß zu fassen und auch langfristig aktiv zu sein.» Dafür haben er und sein Team ALINA (Autonomous Land-

ing and Navigation Module) entwickelt. Der unbe-mannte Mondlander kann rund 300 Kilogramm Nutzlast auf den Erdtrabanten bringen. Im Jahr 2021 soll ALINA zum Jungfernflug aufbrechen und ganz nebenbei den Mond ins Internetzeitalter holen.

«Wir haben mittlerweile auch unsere ersten grö-ßeren Partnerschaften», sagt Böhme. «Wir arbeiten mit den Nokia Bell Labs und mit Vodafone zusam-men. Gemeinsam entwickeln wir die erste Basis-station für den Mond. Sie ermöglicht es, dort oben das standardisiere LTE-Netzwerk zu benutzen.» Da-für muss die Station nicht nur kompakt, leicht und sparsam im Energieverbrauch sein, sondern auch der rauen Umgebung trotzen können. (Was genau sie dabei können muss, ist nachzulesen im Kasten «Mond».) Doch dieser Aufwand könnte sich lohnen. «LTE wurde ja für die Erde entwickelt. Bei einer Zell-reichweite, zwischen 15 bis 150 Kilometern können damit Daten über große Distanzen energiesparend übertragen werden», erklärt der IT-Spezialist Böh-me, der als Quereinsteiger zur Raumfahrt kam. «LTE überträgt Audio und Daten mit hoher Übertra-gungsrate parallel und in Echtzeit. Und es ist bereits als Kommunikationsstandard etabliert.»

Datenübertragung dort oben ist hohe KunstDatenübertragung und Datenverarbeitung im

Weltall sei eine hohe Kunst, meint er. Vor allem private Unternehmungen, die bisher wenig Raum-fahrterfahrung haben, würden davor zurückschre-cken. LTE sei hingegen in der Industrie fest etabliert. So würde beispielsweise der weitestgehend auto-nom arbeitende Maschinenpark irdischer Bergbau-unternehmen über den Telekommunikationsstan-dard koordiniert. Optimierungen für den Einsatz im Weltall haben er und sein Team dabei bewusst un-terlassen und stattdessen komplett auf den Indust-Astronaut Buzz Aldrin, Pilot der Mondlandefähre, geht während der Apollo 11 (Juli 1969) auf der Mondoberfläche «extra-vehicular activitys» nach.

Diese «Weltraumausstiege» stehen für alle Arbeiten außerhalb eines Raumfahrzeuges. Das können Außenarbeiten an Raumstationen oder das Sammeln von Bodenproben sein. Sie werden auch als «Lunar Extra Vehicular Activity» (LEVA) bezeichnet. LEVAs gelten als gefährlich, weil sich der Astronaut hierfür aus der sicheren Umgebung seines Fahrzeuges, und lediglich durch einen Anzug geschützt, in das freie Vakuum des Weltraums begibt.

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riestandard gesetzt. «Sonst würden wir die Kompa-tibilität verlieren. Und die ist uns wichtig», verrät er. «Jeder, egal ob Schüler, Studenten, Wissenschaftler oder Unternehmer, soll in der Lage sein, sich mit der Basisstation auf dem Mond zu verbinden. Ein handelsübliches Smartphone soll schon genügen, um auf dem Mond online zu gehen.» Als Basissta-tion soll ALINA später die Signale von LTE-fähigen Geräten auf dem Mond entgegennehmen und eine Breitbandverbindung zur Erde herstellen. Dann, so der Plan, könnten Astronauten nicht nur auf dem Mond über weite Strecken miteinander kommuni-zieren, sondern auch nach Hause telefonieren; Ro-boter könnten nicht nur untereinander Statusup-dates austauschen, sondern auch Befehle von der Erde empfangen.

Erster eigener Reinraum, weil vom Auftrag- geber gefordert

Angefangen hat PTScientists als einer der Teil-nehmer am Google Lunar X-Prize. Das Ziel: Eine private Sonde auf dem Mond landen zu lassen und mit einem mitgebrachten Rover die Oberfläche zu erkunden. Das ursprünglich sechsköpfige Team ist mittlerweile auf 80 angewachsen. Die 2200 Quad-ratmeter Produktions- und Laborstätten werden ge-rade aufgestockt. Da entsteht dann auch der erste eigene Reinraum. «Dabei ist das Thema Reinraum eine ganz interessante Sache», erzählt Böhme. «Vie-le NewSpace-Unternehmen verzichten komplett darauf, wenn es nicht vom Auftraggeber gefordert wird.» Natürlich würde das auch von der Art der Ar-beiten abhängen, schränkt er ein. «Wenn ein Staub-

«Wenn ein Staubkorn dein Triebwerk ruiniert, dann war es schlecht konstruiert. Bei Optik ist das etwas anderes. Die wird im Reinraum konfektioniert.»Robert Böhme, Gründer und CEO von PTScientists

Wettlauf ins AllDer Wettlauf begann leise. Zum internationalen geophysikalischenJahr, so US-Präsidenten Eisenhower 1955, wolle man einen künstlichen Satelliten ins Weltall schießen. Die gleichlautende Ant- wort der Sowjetunion folgte auf dem Fuße. Die Welt indes nahm von beidem kaum Notiz.Das änderte sich am 4. Oktober 1957 auf einen Schlag. Sputnik 1, eine knapp 60 Zentimeter durchmessenden, silbrig glänzende Kugel mit vier Antennen flog ins All. Das Tor zum Weltraum war auf- gestoßen und die beiden großen konkurrierenden Systeme hatten eine neue Arena gefunden. Der Kalte Krieg war in vollem Gange.

Kapitalistische Marktwirt-schaft oder kommunistische Planwirtschaft – die Fähig-keiten ins All zu fliegen sollte die eigene Überlegenheit zur Schau stellen und das mög-lichst öffentlichkeitswirksam.Dass die Sowjetunion zu der-artigen Leistungen fähig sei,

traute ihr der Westen nicht recht zu. Doch in Moskau setzte man alles daran, die Welt vom Gegenteil zu überzeugen.Prägende Figur der sowjetischen Raumfahrt war ein Mann, der zu Lebzeiten selbst im eigenen Land nur als der «Chefkonstruk-

teur» bekannt war. Sein Name – Sergei Pawlowitsch Koroljow – war Staatsgeheimnis. Dem ersten Satelliten ließ sein Experimen-tal-Konstruktionsbüro OKB-1 noch im gleichen Jahr das erste Lebewesen folgen – die Hündin Laika. Zwei Jahre später schick-ten sie die erste Sonde in einen Orbit um den Mond, ließen eine weitere hart auf dessen Ober-fläche aufschlagen und lande-ten 1966 zum ersten Mal weich auf dem Erdtrabanten. Der größte Schritt aber kam im Jahr 1961 als Juri Gagarin am 12. April zum ersten Menschen wurde, der seinen Heimatplane-ten verließ.Das konnte man auf der ande-ren Seite des Atlantiks nicht auf sich sitzen lassen. Konkurrier-ten dort bisher die Teilstreit-kräfte um Budgets für die Rake-tenentwicklung, wurde die zivile

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korn dein Triebwerk ruiniert, dann war es eindeutig schlecht konstruiert. Bei Optik ist das was anderes. Die wird selbstverständlich im Reinraum konfekti-oniert.» Und auch für das Payload, also die Fracht, die ALINA später im Auftrag seiner Kunden zum Mond bringen soll, sei der Reinraum gedacht, ver-rät Böhme.

Ob Transportkapazitäten oder Telekommunika-tion: Böhme glaubt an das enorme Potenzial, das die Erforschung des Weltraums bietet. «In den vergan-genen drei, vier Jahren sind wirklich alle nationalen Programme auf einen Schlag auf den Mond umge-schwenkt und das mit Milliardenbudgets», erzählt er. «Da gab es garantiert viel Abstimmung. Und ich glaube, dass Europa dabei extremen Vortrieb ge-leistet hat. Durch das, was der Herr Wörner mit sei-nem Moon Village gemacht hat. Ich glaube, da hat er wirklich einen Katalysator gesetzt.»

Ein Dorf auf dem Mond Gut eine Woche hatte Jan Wörner den Posten des

ESA-Generaldirektors inne, da verriet er der BBC in einem Interview seine Vision für die Raumfahrt: «Wir sollten über die internationale Raumstation hinaus in die Zukunft blicken. Ich schlage ein Dorf auf der dunklen Seite des Mondes vor. Ein solches Moon Village sollte nicht als Ansammlung von Häu-sern, einer Kirche und einem Rathaus verstanden werden. Vielmehr sollten sich Partner aus der gan-zen Welt mit unbemannten und bemannten Missio-nen an dieser Community beteiligen.»

Die ESA habe es sich zum Ziel gesetzt, die Präsenz des Menschen über den niedrigen Erdorbit (LEO) hi-naus zu erweitern, erklärt David Parker, Direktor für Astronautische Raumfahrt und Robotische Explo-ration der ESA. Und der Mond sei der Schlüssel zur weiteren Erkundung des Sonnensystems. «Wir ha-ben den Mond bisher kaum erforscht», sagt Parker. «Er ist wie ein Museum der vergangenen vierein-halb Milliarden Jahre unseres Sonnensystems. Und bisher waren wir lediglich im Museumsshop, haben uns ein paar Souvenirs geschnappt und sind wieder zurück nach Hause.»

Der nächste Besuch, davon ist Parker überzeugt, soll deshalb keine Stippvisite bleiben. Eine Basis muss her und die soll sich in einer Umlaufbahn um den Mond befinden. Prüfstand für neue Raumfahrt-technologien, Trainingszentrum für Astronauten vor ihrem Flug zum Mars, Schaltzentrale zwischen den Aktivitäten auf der Mondoberfläche und der Er-de, Labor für Experimente der unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen – das alles soll der Lunar Orbital Platform-Gateway oder kurz Gateway werden. Amerikaner, Europäer, Russen, Japaner und Kanadier wollen die geplante Raumstation ab 2022 bauen. «Der Gateway ist Teil unserer Strategie, um zum Mond zurückzukehren», erklärt Parker. Und er könnte zukünftigen Marsmissionen als Ver-sorgungsstation für Ersatzteile, Vorräte und Treib-stoff dienen.

Die Rohstoffe dafür, so das Kalkül, könnten von Mond selber stammen. Dass es dort größere Men-

Raumfahrt ab 1958 in die Hän-de der neu gegründeten NASA gelegt. Der deutsche Raum-fahrtingenieur Wernher von Braun und sein Team wurden zum Inbegriff des amerikani-schen Raumfahrtprogramms.Als zweiter mit einem Satelli-ten im All und dann den zwei-ten Menschen auf einem sub-orbitalen Flug über die Grenze zum Weltraum befördert, das konnte Amerika nicht auf sich sitzen lassen. Ein Ziel musste her, das größer war als alles bisher Dagewesene. Und das

verkündigte John F. Kennedy am 25. Mai 1961: «Ich glaube, dass dieses Land sich dem Ziel widmen sollte, noch vor Ende dieses Jahrzehnts einen Menschen auf dem Mond landen zu lassen und ihn wieder sicher zur Erde zurückzubringen. Kein einziges Welt-raumprojekt wird in dieser Zeitspanne die Menschheit mehr be-eindrucken oder wichtiger für die Erforschung des entfernteren

Weltraums sein; und keines wird so schwierig oder kostspielig zu erreichen sein.»Der Wettlauf ins All hatte ein neues Ziel und das Apollo-Programm war geboren. Knapp 24 Milliarden Dollar flossen dort hinein – was heute über 120 Milliarden entspräche. Und fast 400.000 Men- schen arbeiteten daran. Sie bauten die Saturn 5 – die größte Rakete, die jemals erschaffen wurde.Eine bemannte Mondlandung wurde auch in der Sowjetunion vorangetrieben – allerdings im Stillen. Denn bis Gorbatschows Zeiten wusste die davon nichts. Im Sojus-Raumschiff sollten die Kosmonauten zum Erdtra-banten reisen. Mit einer gigan-tischen Rakete – der N1 – sollten sie die Erdanziehungs-kraft überwinden. Doch es kam anders. Der Tod Koroljows im Jahre 1966 war ein empfind-licher Verlust. Und auch die neue Rakete schaffte es nicht in den Orbit. Nach vier fehlge-schlagenen Starts wurde das Projekt 1974 eingestellt.Mit Apollo 11 war der Wettlauf ins All für die Welt entschieden und vorbei. Auch wenn noch weitere Meilensteine wie die erste Raumstation (die russische Saljut) und die ersten Sonden zu den inneren und äußeren Planeten folgten.

«Finden wir eine Kompromisslösung – machen wir es so, wie ich es sage.»Sergei Pawlowitsch Koroljow

«Es ist mein Job, nie zufrieden zu sein.»Freiherr Wernher von Braun

Sputnik 1

Juri Gagarin

Start Apollo 11

Astronaut Pete Conrad (Apollo 12) untersucht Surveyor 3

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«Der Mond ist wie ein Museum der vergangenen Milliarden Jahre unseres Sonnensystems. Bisher waren wir nur im Museumsshop, schnappten uns ein paar Souvenirs und sind wieder zurück.»David Parker, Direktor für Astronautische Raumfahrt und Robotische Exploration der ESA

Fly me to the MoonDas Tor zum Weltall war geöffnet, der Mensch von den Fesseln der Erde befreit. Die erste Mondlandung stand kurz bevor. Die erste Marslandung erschien als nächster logischer Schritt und wohl nur noch als eine Frage der Zeit. In den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war der Blick in die Zukunft optimistisch. Wissenschaft und Technik sollten alles möglich machen. Atomkraft würde die Energieprobleme lösen, das Meer den Hunger stillen und der Weltraum zur neuen Heimat der Menschheit werden. Die amerikanische Fluglinie Pan America war sich dessen sogar derart sicher, dass sie 1964 eine Warteliste für potenzielle Weltraumtouristen eröffnete.Doch die Euphorie fand schnell ein Ende. Schon 1972 wurden die schillernden Visionen getrübt. Der «Club of Rome» veröffent-lichte «Die Grenzen des Wachstums». Probleme wie Umwelt- verschmutzung, Rohstoffknappheit oder Bevölkerungsexplo-sion rückten in den Mittelpunkt. Ein Krieg in Nahost samt Ölkrise folgte und schickte die Wirtschaft auf Talfahrt.

gen Wasser gibt, davon sind die Experten mittler-weile überzeugt. «Dieses Wasser in Sauerstoff und Wasser umzuwandeln, ist ein Schritt in Richtung nachhaltige Erforschung», sagt Parker. «Der nächs-te Schritt wird dann sein, aus den Materialien vom Mond verschiedene Dinge vor Ort herzustellen – Er-satzteile für unsere Raumfahrzeuge oder die Habi-tate zum Schutz der Astronauten. Und eines Tages werden wir vielleicht auch Rohstoffe zurück zur Er-de bringen.» Doch das, so glaubt er, sei noch Sci-ence-Fiction.

Raffinerien zur WassergewinnungTreibstoffe auf dem Mond zu produzieren, ist

auch für Böhme ein interessantes Projekt. «Wir haben gerade die ISRU-Ausschreibung der ESA ge-wonnen und werden uns im Rahmen einer Mission genau das Thema anschauen.» Dabei steht die Was-sergewinnung im Mittelpunkt. Das lässt sich dann nicht nur zu Trinkwasser aufbereiten, sondern auch aufspalten – in Sauerstoff und Wasserstoff. Beide Gase sind auf dem Mond Gold wert. Das eine zum

Atmen, das andere als Basis für Raketentreibstof-fe. Die aufbereiteten Rohstoffe könnten dann einer-seits eine Forschungsstation auf dem Mond bezie-hungsweise in dessen Orbit am Leben halten. Oder – quasi als extraterrestrische Tankstelle – Raum-schiffe für ihren Flug zum Mars und darüber hin-aus für ihre Reise versorgen. «Das ist der sinnvollste energetische Ansatz. Und auch der nachhaltigste», sagt Böhme und verweist wieder auf die geringe Schwerkraft und die fehlende Atmosphäre des Erd-trabanten.

«Aus genau demselben Grund stößt Satellite Servicing seit wenigen Jahren auf wachsendes Inter-esse.» Um die Lebenszeit von Satelliten zu erhöhen, so die Idee dahinter, sollten diese von Servicesatel-liten angesteuert, betankt und bei Bedarf auch re-pariert werden oder ein Upgrade erhalten. Wird der Service von der Erde aus gestartet, erhöhen Schwer-kraft und Atmosphäre unweigerlich die Kosten. «Exakt dasselbe könnte man aber vom Mond aus machen», ist sich Böhme sicher. «Man nutzt dessen Ressourcen, fliegt damit die Satelliten im Erdorbit an und kehrt zum Mond zurück.»

Titan und seltene Erden – der Mond verfügt über eine breite Palette von Industrierohstoffen

Und das könnte erst der Anfang sein. Denn als früherer Teil der Erde verfügt der Mond über eine breite Palette an Industrierohstoffen. Titan zum Bei-spiel, aus dem sich lunare Bauwerke ebenso herstel-len lassen wie Raumschiffe und Sonden. Oder jene Elemente, die als Seltene Erden zusammengefasst werden und in den vergangenen Jahren zur Quint-essenz moderner Elektronik aufgestiegen sind. An-ders als ihr Name es vielleicht vermuten lässt, sind sie auf der Erde zwar recht häufig zu finden. «Doch ihr Abbau geht sehr zulasten der Umwelt», erklärt Böhme. Vielleicht, so überlegt er, könnte der Mond hier eines Tages helfen. «Ich bin persönlich fest da-von überzeugt, dass die Erforschung und Nutzbar-machung des Weltalls uns als Menschheit einen großen Schritt voranbringen. Dass sie unser Leben besser macht und auf diesem Planeten erhält. Also ich glaube, dass das auch der richtige Schritt ist, um die Erde zu schützen.» ●

Planetenschützer von BerufIm Gespräch mit Planetary Protection Expertin Dr. Petra Rettberg

Der Aufbruch zum Mond, der mit der ers-ten bemannten Landung seinen Höhepunkt fand, war ohne Frage eines der bisher größ-ten Abenteuer der Menschheit. Nie zuvor hatte jemand seinen Fuß auf einen anderen Himmelskörper gesetzt. Dank intensiver Beobachtungen und unbemannter Sonden gab es zwar eine recht gute Vorstellung von der Oberfläche des Mondes. Doch was die Apollo-Astronauten dort tatsächlich erwar-tete, ob sie eventuell sogar auf unbekanntes Leben stoßen würden, war unbekannt.

Safety First, so lautete dann auch die Devise. Für die Crews bis zu Apollo 14 war bei Rückkehr eine Quarantäne Pflicht – al-lerdings erst nach dem regulären Händeschütteln auf der Pres-sekonferenz. Und die 382 Kilogramm Mondgestein, das die Apollo-Astronauten im Gepäck hatten? Eine Untersuchung aus dem Jahr 2012 brachte die Verluste an den Tag. Einige an Forschungsinstitute verliehene Proben wurden bis heute nicht zurückgegeben, andere – an Staatsoberhäupter in alle Welt ver-schenkt – wurden gestohlen, wieder andere sind auf ungeklär-te Weise abhandengekommen. Ein funktionierendes Inventar soll demnach bis heute fehlen.

Nun entspricht der Schwund nur wenigen Promille des ge-samten NASA-Arsenals an Mondproben. Auch gilt es heute als erwiesen, dass auf dem Mond keine biologischen Gefahren lau-ern. Für andere Himmelskörper kann das noch nicht so einfach

Leben im ExtremenAuf der Erde hat das Leben selbst die unwirtlichs-ten Nischen erobert. Archaeen, Bakterien, aber auch Flechten und Pilze gedeihen im kochenden Wasser von Geysiren, überstehen Salzkonzentrationen, die einer Pökellake gleichen, lieben eine Umgebung, die so sauer ist wie Batteriesäure, oder widerstehen mühelos den eisigen Temperaturen an den Polen. Extremophile Organismen werden sie genannt, denn sie lieben das Extreme. Und es geht noch här-ter – beim BIOMEX-Experiment des DLR mussten sich die zähesten Vertreter irdischen Lebens 533 Tage lang im Vakuum, unter intensiver UV-Strahlung und bei enormen Temperaturschwankungen be-weisen. Eine Tortur, die einige von ihnen tatsächlich überlebt haben. Die Quintessenz aus solchen Ver-suchen: Wenn Leben so hart im Nehmen ist, dann könnte es durchaus auch auf anderen Himmelskör-pern existieren – oder zumindest von der Erde dort eingeschleppt werden. Doch was sind das für Orte, an den die Bedingungen dafür günstig sind?

Wenn Leben so hart im Nehmen ist, könnte es dann auch auf ande- ren Himmelskörpern existieren?

Flüssiges Wasser ist die Voraussetzung für Leben, zumindest wie wir es kennen. Deshalb haben For-scher schon Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts jenen Bereich um einen Stern als habitable Zone definiert, in dem Wasser dauerhaft flüssig ist. Über die Jahre wurde das Modell stetig verfeinert. Parameter wie die Größe des Himmels-körpers und die Beschaffenheit seiner Atmosphäre kamen hinzu. Der Mars ist hier ein Wackelkandidat. Zwar liegt er noch ganz knapp im habitablen Be-reich, doch ist er zu klein für eine dauerhafte Atmo-sphäre. Ob trotzdem jemals Leben auf dem Roten Planeten entstanden ist oder vielleicht sogar in Ni-schen überdauert haben könnte, ist aktuell im Fokus der Wissenschaft. Und spätestens seit Weltraum-sonden das äußere Sonnensystem genauer unter die Lupe genommen haben, wird auch den extremen Welten weit draußen eine gewisse Lebensfreund-lichkeit zugestanden. Die Jupitermonde Ganymed und Europa (Bild) gehören dazu. Aber auch die Sa-turnmonde Enceladus und Titan.

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Frau Dr. Rettberg, wen will die Planetary Protection schüt-zen?Es gibt zwei Gründe für Planetary Protection. Erstens müssen wir die Erde schützen, wenn Proben von möglicherweise habi-tablen Orten in unserem Sonnensystem hierhergeholt werden. Denn die könnten vielleicht gefährlich sein. Das nennen wir Backward Planetary Protection. Und zweitens müssen wir ver-hindern, dass wir Verunreinigungen zu anderen Himmelskör-pern mitnehmen. Das nennen wir Forward Planetary Protection.

Den eigenen Planeten vor fremden Lebensformen zu schüt-zen, klingt verständlich. Aber warum schließt der Schutz auch andere Himmelskörper mit ein?Planetary Protection bezieht sich auf alle Himmelskörper, auf denen wir entweder präbiotische Chemie, organische Chemie oder astrobiologische Fragestellungen untersuchen wollen. Das heißt, alle diese Objekte – also hauptsächlich der Mars und die Eismonde des äußeren Sonnensystems – sind besonders geschützt. Bei diesen müssen wir sicherstellen, dass wir nicht unbeabsichtigt organische Verunreinigungen oder Mikroorga-nismen dorthin bringen.Denn wenn wir diese bei späteren Missionen auf dem Him-melskörper finden, würden wir behaupten, es gäbe Leben oder Vorstufen von Leben auf dem Mars oder der Europa oder dem Enceladus. Das sind dann falsch-positive Ergebnisse und damit ruinieren wir unsere eigenen Untersuchungen. Forward Plane-tary Protection soll also die Integrität der wissenschaftlichen Analysen für aktuelle aber auch zukünftige Weltraummissio-nen sicherstellen.

Was muss in diesem Zusammenhang bei einer Mission zum Mond beachtet werden?Für Raumfahrtmissionen gibt es feste Regeln. Jeder Himmels-körper ist einer Planetary-Protection-Kategorie zugeordnet. Eins ist die mit den geringsten Anforderungen, fünf die mit den höchsten. Und der Mond ist in Kategorie zwei. Das bedeutet: Für eine Mondmission muss man lediglich genau dokumentie-

ren, welche organischen Verbindungen man mitgebracht hat. Es ist also nur Papierarbeit.Ein Beispiel: Nehmen wir an, eine Mission hat 20 Kilogramm einer organischen Verbindung an Bord. Nun stürzt sie ab und das Material verteilt sich nach dem Aufprall in einigen Kilo-metern Umkreis auf dem Mond. Sucht dann 100 Jahre später eine andere Mission nach organischen Verbindungen und wird fündig, dann muss man dieses Material dem früheren Absturz zuordnen können.

Und bei möglicherweise habitablen Himmelskörpern? Kann man denn überhaupt sicherstellen, dass keine Mik-roorganismen quer durchs Sonnensystem reisen?Man kann dafür sorgen, dass sie unterhalb eines bestimmten Limits reisen. Und dafür gibt es eine ganze Serie von Maßnah-men. Das ist aber grundsätzlich nicht neu. Das wurde schon für die Viking-Missionen der NASA in den 70er Jahren des letz-ten Jahrhunderts durchgeführt. Man muss sich von Anfang an über den Aufwand im Klaren sein; beim Zusammenbau eines Raumfahrzeugs regelmäßig Proben nehmen; alles sorgfältig dokumentieren. Natürlich müssen auch die Einzelteile gerei-nigt und sterilisiert werden, je nachdem, wie hoch die Anfor-derungen sind. Das ist machbar. Es muss nur geplant werden. Man kann nicht erst alles fertigbauen und dann im Ganzen sterilisieren.

Und hier kommen Sie ins Spiel. Denn Ihr Institut prüft ja auch, ob die Vorgaben eingehalten werden.Ja, und dieser praktische Bezug ist für mich auch so spannend an meiner Arbeit. Gerade jetzt machen wir im Auftrag der ESA Planetary Protection Messungen für die ExoMars-2020-Mis-sion, die im nächsten Jahr starten soll. Meine Kollegen wer-den dann bei Thales Alenia Space Italy in Turin eine weitere Messkampagne fahren. Dort wird das Fahrzeug für die Exo-Mars-Mission zusammengebaut. Und dabei werden eben auch regelmäßig Proben genommen. Die analysieren wir dann und können sagen, wie viel Mikroorganismen auf dem Raumfahr-zeug sind und welche das sind.

Sie sind also eine unabhängige Zertifizierungsstelle in Sa-chen Planetary Protection?Genau. Die meisten Messungen muss Thales Alenia nämlich selbst machen und wir werden von der ESA zu bestimmten Zeitpunkten beauftragt, Kontrollmessungen durchzuführen. Für solche Probenentnahmen gibt es Standards, an deren Ent-wicklung ich auch mitgewirkt habe. Für kleine Flächen bis zu 25 Quadratzentimeter benutzen wir Swabs. Diese speziellen Stäbchen ähneln Q-tips. Und für größere Flächen bis zu 1 m2 Wipes. Das sind spezielle Polyestertücher, die natürlich steril sein müssen. Außerdem nehmen wir auch Luftproben, damit wir auch die Atmosphäre im Reinraum kontrollieren können.

Dabei suchen Sie ganz speziell nach biologischen Verun-reinigungen?Richtig, wir arbeiten in diesem Zusammenhang ausschließlich mit biologischer Verunreinigung. Wir können keine organi-schen Verunreinigungen analysieren. Das machen dann an-dere Kollegen. In diesem Zusammenhang muss man ja eines bedenken: Wenn man einen Mikroorganismus durch ein Ste-rilisationsverfahren abtötet und seine Überreste nicht von der Oberfläche entfernt, stellt er immer noch eine organische Kon-

tamination dar. Das heißt, wenn später hochempfindliche Ins-trumente nach organischen Verbindungen suchen, würden sie hier anschlagen. Lipide findet man auf jeden Fall wieder, aber auch Proteine und Bruchstücke von DNA.

Was geschieht dann mit den gesammelten Proben?Die müssen wir in unserem Labor innerhalb von 24 Stunden nach Entnahme analysieren. Dazu geben wir sie in Petrischa-len auf Nährmedien, bebrüten sie 72 Stunden und zählen dann die Kolonien. Ein anderer Satz von Proben geht an unser öster-reichisches Partnerinstitut in Graz. Dort wird das Erbmateri-al, die DNA, isoliert. Mit molekularen Methoden untersuchen dann die Kollegen, welche DNA von welchen Organismen in dieser Probe ist. Mit der Kultivierung kann man nur einen be-stimmten Anteil der vorhandenen Mikroorganismen erfassen. Die molekularen Methoden wiederum erfassen einen anderen, viel größeren Anteil.

Und wenn die Grenzwerte überschritten sind?Dann muss der Hersteller das ganze Raumfahrzeug wieder aus-einanderbauen, reinigen und erneut zusammenbauen. Aber das ist zumindest bei uns noch nie vorgekommen. Denn die Firmen sind natürlich außerordentlich erfahren und machen ohnehin täglich eigene Kontrollmessungen.

Die Sonde Mars2020 soll ja Proben vom Mars zur Erde bringen. Und auch die Raumfahrer, die später einmal ih-ren Fuß auf den Roten Planeten setzen, wollen sicher wie-der nach Hause. Schleppen wir damit nicht zwangsläufig außerirdisches Material auf unserem Heimatplaneten ein?Das muss nicht so sein. Und besonders beim Mars darf es auch nicht so sein. Alles, was mit irgendwelchen Marspartikeln wie

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«Marsproben werden in einem etwa fußballgroßen

Behältnis zur Erde reisen.»

ausgeschlossen werden. Mittlerweile drängt es die Menschheit nicht nur zurück zum Mond. Der Mars ist bereits fest im Blick und früher oder später werden unbemannte Sonden zu den Eis-monden des äußeren Sonnensystems aufbrechen. Dass Biomo-leküle oder gar Spuren von Leben tief im Boden des roten Pla-neten, unter den mächtigen Eispanzern von Enceladus oder der dichten Wolkendecke des Saturnmondes Titan zumindest the-oretisch schlummern könnten, wird heute intensiv diskutiert.

Was das für zukünftige Weltraummissionen bedeutet, da-mit beschäftigt sich Dr. Petra Rettberg. Sie leitet die Arbeits-gruppe Astrobiologie am Institut für Luft- und Raumfahrtme-dizin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Im Interview erzählt die Expertin für Planetary Protec-tion, wie heute mit Proben von fremden Welten umgegangen wird, welche Ansprüche das an künftige Reinräume stellt und warum wir nicht nur unseren eigenen Planeten vor fremden Mikroorganismen schützen müssen.

Teil der insgesamt 111 kg Mondgestein, die bei der Apollo-Mission 17 zur Erde gebracht und als «Goodwill Moon Rock» bezeichnete Proben an 135 verschiede-ne Nationen verschenkt wurden.

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zum Beispiel Staub behaftet ist, darf nicht ungeschützt und un-kontrolliert auf die Erde gebracht werden.

Und wie soll das verhindert werden?Marsproben werden in einem etwa fußballgroßen Behältnis zur Erde reisen. Dessen Hülle besteht aus mehreren Schichten. Die äußeren Flächen, die mit der Marsatmosphäre und dem Marsstaub in Berührung gekommen sind, werden schon im Marsorbit abgestoßen. Wir sprechen hier von der Chain of Con-tact. Es ist ein sehr kompliziertes Verfahren, mit dem man si-cherstellen kann, dass die Chain of Contact auf jeden Fall unter-brochen ist, dass nicht einige Partikel unbeabsichtigt vom Mars unkontrolliert bei uns ankommen. Alle anderen Sachen oder Ausrüstungsgegenstände werden auf der Oberfläche oder im Orbit gelassen. Oder sie werden weggeschossen.

Also werden die Marsreisenden selbst ihre Anzüge dort lassen müssen?Das auf jeden Fall. Und das ist ein sehr interessantes Thema. Es sind ja schon lange bemannte Marsmissionen von verschiede-nen Nationen und Organisationen im Gespräch. Dennoch wird es mindestens 20 oder 30 Jahre dauern, bevor so etwas reali-siert wird. Aber jetzt werden schon Technologien entwickelt, wie man Habitate baut, wie man sichere Schleusen baut, wie man verhindert, dass Staub in ein Habitat kommt. Denn grade bei den Apollo-Missionen hat man gesehen, dass es schon auf dem Mond ein großes Staubproblem gibt. Und der hat nicht mal den Hauch einer Atmosphäre. Trotzdem kam Staub ins Innere der Raumschiffe. Das heißt, sie waren nicht wirklich herme-tisch dicht. Nicht nach innen und somit auch nicht nach außen.

Hier mischen sich also Backward und Forward Planetary Protection?Richtig. Einerseits müssen wir den Mars für künftige wissen-schaftliche Untersuchungen schützen. Wir Menschen verbrei-ten ja auch sehr viele Mikroorganismen, die ein natürlicher Bestandteil von uns sind. Da muss man überlegen, wie man das beschränkt und technische Lösungen finden. Auch da-ran arbeitet man bereits. Aber es sind eben langfristige For-schungsprogramme. Andererseits müssen wir aber auch den Menschen schützen, der dort landet und ja zur Erde zurück-kommen möchte. Und da darf er nicht aus Versehen unbekann-te Partikel mitbringen. Später, wenn man den Mars sehr genau

Vertrag zum Schutz des Sonnensystems«Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätig-keiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und ande-rer Himmelskörper» – in diesem Dokument mit dem etwas sperrigen Titel einigten sich im Jahre 1967 über 100 Staaten auf Regeln für eine friedliche Nutzung des Weltraums. Fremde Himmelskörper dem eige-nen Staatsgebiet einzuverleiben, untersagt die Outer Space Treaty (oder: Weltraumvertrag) dabei ebenso, wie Kernwaffen im Weltraum zu stationieren oder militärische Manöver auf dem Mond abzuhalten. Aber auch Haftungsfragen bei Schäden, die abstürzende Raumfahrzeuge auf der Erde verursachen, oder die Hilfe für Raumfahrer in Not und die Planetary Protec-tion sind hier geregelt. So heißt es in Artikel 9: «Die Vertragsstaaten führen die Untersuchung und Erforschung des Weltraums einschließlich des Mon-des und anderer Himmelskörper so durch, dass deren Kontamination vermieden und in der irdischen Umwelt jede ungünstige Veränderung infolge des Einbringens außerirdischer Stoffe verhindert wird; zu diesem Zweck treffen sie, soweit erforderlich, geeig-nete Maßnahmen.»

und intensiv untersucht hat und ausschließen kann, dass es dort Leben gibt, dann entfallen diese ganzen Regelungen. Aber die ersten Jahrzehnte, in denen wir den Mars noch nicht wirk-lich gut kennen, vor allem bis wir ihn nicht bis in die Tiefe un-tersucht haben, geht das nicht.

Jetzt liegt es ja in der Natur einer Sample-Return-Mission, unbekanntes Material von einer fremden Welt zur Erde zu bringen. Unter welchen Bedingungen werden diese hier gelagert und untersucht?Das hängt davon ab, von wo sie kommen. Bisher haben wir noch keine Proben von habitablen Himmelskörpern hier bei uns auf der Erde. Wir haben lediglich Proben vom Mond – und da sehr viele – und Staubproben aus dem Weltraum. Die stammen et-wa von der japanischen Mission Hayabusa. Auch OSIRIS-Rex, die jetzt noch unterwegs ist, wird welche zur Erde zurückbrin-gen. Solche Staubpartikel sind außerordentlich wertvoll. Jedes einzelne Korn wird sorgfältig gelagert und untersucht. Die La-gerung erfolgt in Reinräumen und die Untersuchung sowieso. Man muss ja vermeiden, dass aus Versehen Partikel aus der normalen Umgebung auf die Proben gelangen. Denn das wür-de wieder falsch-positive Ergebnisse liefern. Trotzdem sind die Anforderungen viel geringer als bei Proben, die von möglicher-weise bewohnten Planeten kommen.

Und wie sieht ein Reinraum aus, in dem zukünftige Pro-ben vom Mars oder von einem der Eismonde untersucht werden?Bisher gibt es noch keine Reinräume für Proben, bei denen die Gefahr einer Ausbreitung von möglicherweise vorhande-nen extraterrestrischen Lebewesen bestehen könnte. Es gibt

aber schon sehr konkrete Vorstellungen, wie diese Reinräume technisch ausgestattet sein sollen. Einerseits müssten sie die Sicherheitsanforderungen eines Biosafety-Level-4-Labors er-füllen. Solche Labore gibt es ja schon heute in verschiedenen Ländern. Aber die sind eben dazu da, die Personen darin zu schützen, während sie mit pathogenen Organismen arbeiten. Bei einem Reinraum für Proben vom Mars ist aber noch ein zweiter Aspekt wichtig. Wir müssen unter allen Umständen vermeiden, dass die wertvollen Proben mit irdischen Partikeln oder gar irdischen Mikroorganismen verunreinigt werden. Es sind also besondere Vorkehrungen in beide Richtungen zu tref-fen – einmal zum Schutz der Erde und der Mitarbeiter hier; zum andern aber auch zum Schutz der wertvollen Proben.

Ein solcher Reinraum ist also schon in Planung?Ja. Die Anforderungen sind ziemlich konkret. Und es gibt be-reits Vorstudien, wie man das technisch umsetzen kann. Das hängt auch damit zusammen, dass die NASA im nächsten Jahr eine große Marsmission startet, Mars 2020. Das ist der erste Schritt einer Mars-Sample-Return-Mission. Das heißt, bei die-ser Mission wird ein Landefahrzeug mit einem Rover an ver-schiedenen Orten auf dem Mars Proben nehmen und diese in spezielle Kapseln füllen. Die lagern erst mal auf der Marsober-fläche. Später werden dann Missionen losgeschickt, um die un-gefähr 30 bis 40 kleinen Behältnisse einzusammeln, in den Or-bit und schließlich auf die Erde zu bringen. Aktuell sind diese Missionen noch nicht finanziert. Sie werden aber auf jeden Fall international sein. Doch das zieht sich sicherlich noch längere Zeit hin. Und bis dahin muss man einen entsprechenden Rein-raum bauen. Wo der entsteht, ist ja auch eine politische Sache und eine Frage der Finanzierung. Im Moment sieht es so aus, dass er wahrscheinlich in den USA stehen wird.

Würden die Proben dann auf der Erde in einem einzigen Labor untersucht oder wie bei den Apollo-Missionen in ver-schiedene Forschungseinrichtungen verschickt werden?Apollo war noch eine andere Ära. Beim Verschicken ist es ja nicht nur so, dass auch die Empfänger alle Sicherheitsvorkeh-rungen erfüllen sollten. Es muss auch garantiert werden, dass die Behälter auf ihrem Weg weder bei einem Unfall noch bei einem Flugzeugabsturz leckschlagen und sich die Proben dann unkontrolliert in der Biosphäre ausbreiten können. Deshalb ist der aktuelle Plan, dass die allerersten Untersuchungen in einem einzelnen, entsprechend ausgerüsteten Labor durchge-führt werden. Danach weiß man dann entweder, dass keine Ge-fahr besteht. Dass es keine Lebewesen gibt. Dann kann die Pro-be aufgeteilt, verschickt und in normalen Labors untersucht

werden. Oder man stellt fest, dass tatsächlich Lebensformen drin sind. Dann muss man mal weitersehen.

Wagen wir einen Blick in die Zukunft. Wie wird es um die Planetary Protection bestellt sein, wenn private Unter-nehmen ihre Pläne von Kolonien auf dem Mars umsetzen?Planetary Protection ist in der Outer Space Treaty der Vereinten Nationen verankert. Dort ist schon seit 1967 unter anderem ei-nen Artikel enthalten, der sich genau damit befasst. Und diese Outer Space Treaty ist von über hundert Ländern unterschrie-ben worden, auch von den großen raumfahrenden Nationen. Die Umsetzung wird durch das Committee of Space Research, die COSPAR, geregelt. Und die hat eine Planetary Protection Policy erstellt. Die wird regelmäßig nach dem Stand des Wis-sens und der Technik aktualisiert. Da eben auch die USA die Outer Space Treaty unterschrieben haben, ist sie nun für alle amerikanischen Aktivitäten verantwortlich. Das heißt, ohne Zustimmung der NASA kann auch ein Elon Musk keine Kolonie auf dem Mars errichten. ●

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«Das heißt, ohne Zustimmung der NASA kann auch ein Elon Musk keine Kolonie auf dem Mars errichten.»Dr. Petra Rettberg, Planetary Protection Expertin

Das Bild wurde an einem späten Nachmittag 2014 vom Curiosity Rover auf dem Mars (Mission Sol 673*) aufgenommen. Es zeigt ein Feld mit kleinen Sanddünen.

So stellte sich 2005 ein Künstler die mögliche Erforschung der Marsoberfläche vor.

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Der MondDie alten Griechen benannten ihn nach ihrer Göttin Selene, die Römer nach der Göttin Luna und bei uns heißt der treue Begleiter der Erde schlicht und einfach Mond. Erdmond, nimmt man es ganz genau. Denn sein Name steht stellvertretend für all jene na-türliche Satelliten, die um einen Planeten kreisen.Während die Gasriesen Jupiter mit seinen 79 und Saturn mit 62 bekannten Trabanten (alttschechisch für Leibwächter) von einem ganzen Zoo voller Monde umgeben sind, hat die Erde nur den Einen. Er durchmisst am Äquator 3.476 Kilometer, was rund einem Viertel Erddurchmesser entspricht. Das macht ihn zum fünftgröß-ten Mond im Sonnensystem hinter Ganymed, Titan, Kallisto und Io.Von der Erde trennen den Mond zwischen 363.300 und 405.500 Kilometer. Elektromagnetische Strahlungen wie Licht oder ein Funksignal legen diese Strecke in etwas mehr als einer Sekunde zurück. Zum Vergleich: Für die Strecke Erde – Mars benötigt ein Signal je nach Abstand beider Welten zueinander zwischen 3 und 23 Minuten.

Der Mond bringt stolze 73,5 Trillionen Tonnen (7,349 × 1022 Kilo- gramm) auf die Waage – rund 1,23 Prozent der Erdmasse. Die Fallbeschleunigung an seiner Oberfläche beträgt 1,62 Meter pro Quadratsekunde (Erde: 9,80665 Meter pro Quadratsekunde).Um dieser Anziehungskraft zu entkommen und in einen lunaren Orbit aufzusteigen, muss ein Körper auf eine Geschwindigkeit von 2.380 Meter pro Sekunde (8.568 Kilometer pro Stunde). Zum Vergleich: Um von der Erde aus in den Weltraum aufzustei- gen, müssen Raumfahrzeuge auf 11.186 Meter pro Sekunde (40.270 Kilometer pro Stunde) beschleunigt werden. Vom Mond aus in den Weltraum zu starten, ist also energetisch sehr viel günstiger.Doch die geringe Anziehungskraft hat nicht nur Vorteile. Sie ist auch der Grund dafür, dass Luna keine Atmosphäre halten kann. Einen blauen Himmel suchen Raumfahrer vergebens. Nur Spuren

von Wasserstoff und einigen Edelgasen lassen sich finden. Die stammen einerseits vom Sonnenwind, und entweichen anderer-seits den Eingeweiden des Mondes.

Unseren Heimatplaneten umkreist der Mond alle 27,3 Erdentage. Genauso lange braucht er auch, um sich einmal um die eigene Achse zu drehen. Gebundene Rotation nennt sich das und die sorgt dafür, dass zwischen zwei Sonnenaufgängen auf dem Mond ganze 29,5 Erdentage liegen. Am Tag heizt sich Lunas Oberflä-che auf etwa 130 Grad Celsius auf. Ohne puffernde Atmosphäre entweicht die Wärme in der langen Nacht, das Quecksilber friert bei 160 Grad unter null fest. Wer länger auf Luna bleiben will, muss sich diesen enormen Temperaturschwankungen stellen. Auch ein Magnetfeld sucht man auf dem Mond vergebens. Die Konse-quenz: Die geladenen Teilchen des Sonnenwindes treffen unge-hindert auf seine Oberfläche. Die Ionen – allen voran Wasser-stoff, Helium, Neon, Kohlenstoff und Stickstoff – dringen dabei ins lunare Gestein ein. Für Wissenschaftler eine Goldgrube, da sie daraus die Geschichte des Sonnenwindes über Jahrmillionen lesen können.Entstanden ist der Mond – so besagt es die gängigste Theorie – vor rund 4,52 Milliarden Jahren, als Theia auf die junge Erde traf. Der etwa marsgroße Brocken streifte unseren Heimatplaneten. Für Theia war es das Ende. Die Erde verleibte sich den Himmels-körper ein. Die Trümmerstücke aber, die es bis in einen Orbit ge-schafft hatten, fanden sich zum Mond zusammen.

Seit seiner Entstehung ist der Mond einem steten Meteoriten-bombardement ausgesetzt. Ohne Atmosphäre treffen die Geschosse ungehindert auf die Oberfläche und haben diese im wahrsten Sinne des Wortes pulverisiert. Deshalb umhüllt sich Luna heute mit einer mehreren Meter dicken Schicht aus Mond-regolith (Mondstaub). Neben Silizium besteht das Regolith vor allem aus Aluminium (zwischen 14,9 und 24 %), Eisen (zwischen 5,9 und 14,1 %) und Titan (zwischen 0,6 und 3,9 %). Unter dem Staub verborgen liegt eine 60 bis 150 Kilometer dicke Kruste und darunter eine weitere Schicht. Dort, und das macht Luna als Schatzkammer so interessant, werden reiche Vorkommen an Phosphor, Seltenen Erden und Kernbrennstoffen wie Uran und Thorium vermutet. Auch Wasser wurde mittlerweile nachgewiesen. Als die Apollo- Proben 2010 erneut untersucht wurden, fanden sich 0,6 % Wasser darin. Und im gleichen Jahr stieß die indische Sonde Chandrayaan-1 auf mindesten 600 Millionen Tonnen Wassereis am Nordpol – ein weiterer Schatz, der eine Besiedlung unseres Begleiters erheblich vereinfachen könnte.

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Die Mondkarte Leipzig, 1881 – 1903, Andrees Allgemeiner HandatlasVerlag Von Velhagen and Klasing, Leipzig (Germany)

Mondkarte von Giovanni Domenico Cassini, 1679, Professor für Astronomie in Bologna und Direktor der Pariser Sternwarte.

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Die vierte industrielle Revolution – Industrie 4.0 – ist in vollem Gange. Technologietrends wie Internet der Dinge, Smart Factory, 3D-Druck, Künstliche Intelligenz, Robotik oder Big Data verändern drastisch unsere Produktions- und Arbeitswelten. Nutznießer dieser Umwälzungen ist auch die Reinraumbranche. Oft unsichtbar, aber unverzichtbar für moderne Fertigung und Forschung, legt dieser viele Milliarden schwere Wirtschaftszweig den Grundstein für selbstfahrende Autos, hochauf-lösende Bildschirme und effiziente Weltraumforschung.

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KOLUMNE — GADGET

James Bond als Gadget-Visionär: Welche seiner technischen

Highlights gibt es heute wirklich?

Teil 2 – Der Autoschlüssel als Fahrer

Als kreativer Kopf hinter dem Z8 steckt im Übrigen der dänische Designer Henrik Fisker, der auch den Aston Martin DB9 entwarf. Verblüffend ist, wie sehr der Auto-schlüssel, den 007 im Jahr 1999 für seinen Z8 benutzt, 16 Jahre später dem Display-Schlüssel des 7ers ähnelt. Der bekannteste Agent des Vereinigten Königreichs und sein Gadget-Meister Q (letztmalig gespielt von Des-mond Llewelyn, der einen Monat nach der Weltpremie-re mit 85 Jahren bei einem Autounfall starb) waren ihrer Zeit mal wieder weit voraus. Keineswegs ausgeschlossen ist, dass BMW sich 2015 an «Die Welt ist nicht genug» zurückerinnert hat und seitdem den «selbstfahrenden» Schlüssel mit seinem Flaggschiffmodell anbietet – freilich in einem deutlich reduzierteren Radius als im Film: Der 7er lässt sich, aus Sicherheitsgründen, per Fern-

Der Münchner Tobias Kurzmaier, Jahrgang 1976, arbeitet als Fachjournalist und ist ein ausgewiesener Experte für James- Bond-Filme. Er hat es sich zu einem seiner Lebensziele gemacht, an maximal viele Drehorte der langlebigen Reihe zu reisen. Zu den Höhepunkten zählt er dabei seine Aufenthalte in Rio de Janeiro (Moonraker), Hongkong (Der Mann mit dem goldenen Colt) und Bangkok (Der Morgen stirbt nie). Als «unvergesslich» beschreibt er seinen Ausflug nach

steuerung maximal das 1,5-Fache der Fahrzeuglänge vor-wärts und rückwärts fahren, und der Fahrer muss dabei in direkter Nähe des Autos stehen. Darüber würde Bond gewiss nur schmunzeln.

Warum blieb nun der Z8 mit seinem futuristischen Schlüs-sel ein rarer Höhepunkt des Films? Schon allein der Titel «Die Welt ist nicht genug» löste unter 007-Fans vorab eine Euphorie aus, stammt er doch aus einem der besten Bond-Streifen, Im Geheimdienst Ihrer Majestät, in dem man erstmalig den lateinischen Leitspruch der Familie Bond erfährt: «Orbis non sufficit» (Die Welt ist nicht genug). Aber die Story, die dann daraus wurde, ist leider ziemlich wirr. Drehbuchautor Robert Wade nannte sie in einem Interview «komplex», was als Euphemismus ge-wertet werden darf. In drei Zügen beschrieben, geht es um Ölpipelines in Aserbaidschan, eine sadistisch veran-lagte Millionärin (Sophie Marceau) mit Stockholm-Syndrom, die Bond auf einer Garrotte das Genick brechen will, und einen blassen Bösewicht (Robert Carlyle), in dessen Kopf eine Kugel von 009 steckt, der aber trotz-dem nicht stirbt und gewisse Superkräfte entwickelt hat. Verglichen mit Meisterwerken wie «Goldfinger» oder «Casino Royale» klingt das fast nach einem Trash-Movie. Dazu passt, dass Denise Richards, die Bonds Mitstreite-rin Dr. Christmas (!) Jones spielt – ja, man gab ihr wirk-lich diesen Namen – für ihre Rolle den Negativfilmpreis Goldene Himbeere erhielt und 2008 von der Zeitschrift Entertainment Weekly zum schlechtesten Bond-Girl aller Zeiten gewählt wurde.

Als wäre das alles nicht schon genug – schließlich geht es doch um die Welt –, lautet dann auch noch der aller-letzte Spruch des zweistündigen Films, den Bond Dr. Jones beim Liebesspiel im Bett ins Ohr säuselt: «Ich habe mich in Dir getäuscht. Ich dachte, Christmas kommt nur einmal im Jahr.» Da bleibt mir zum Schluss nur, aus dem Titel-song des Films der US-Rockgruppe Garbage zu zitieren: «I feel sick.»

James Bond wird im Jahr 2020 mit Film Nr. 25 auf die Kino-leinwand zurückkehren.

Pierce Brosnan, der einzige Ire unter den bisherigen sechs Bond-Darstellern und für mich persönlich der beste – gefolgt von Roger Moore und Sean Connery –, feierte mit seinen vier 007-Filmen zwischen 1995 und 2002 zwar große kommerzielle Erfolge, aber mit den Drehbüchern und Inhalten hatte er nicht ganz so viel Glück. Mit «GoldenEye» und «Stirb an einem anderen Tag» lieferte er zwei solide Streifen ab, mit «Der Morgen stirbt nie» einen gu-ten, aber mit «Die Welt ist nicht genug» auch einen ziem-lich mauen. Für mich sogar den schwächsten aller 24 Bond-Filme bis heute.

Schauen wir also bei «Die Welt ist nicht genug» von 1999 etwas genauer hin. Auch wenn im Nachhinein betrachtet

das 19. Bond-Abenteuer (Regie: Michael Apted) gegen-über anderen einige qualitative Defizite hat, so bringt es doch in einer markanten Actionszene des Films ein Gad-get hervor, das vor zwanzig Jahren James Bond noch ex-klusiv vorbehalten war. Ab 2015 konnte es sich dann aber jedermann leisten, sofern er über das nötige Kleingeld verfügte. Als erster Automobilhersteller der Welt brachte BMW mit dem 7er (Baureihe G11) ein Serienfahrzeug auf den Markt (Grundpreis ab 88.300 Euro), dessen Motor autonom – also ohne Fahrer am Steuer – über einen neu-artigen Touchscreen-Display-Schlüssel gestartet wer-den konnte. Das Auto fährt von allein, und zwar vor und zurück. Der Schlüssel ist 2,2 Zoll groß und hat eine Auflö-sung von 320 × 240 Pixel.

Dieses teilautomatisierte Bewegen, das heute längst Realität geworden ist, sorgte in Die Welt ist nicht genug für einen der größten Wow-Effekte beim Publikum und rettete 007 wieder einmal das Leben.

Der Wagen, den Bond im Film fährt, ist auch von BMW, aber kein 7er, sondern ein Z8 (Baureihe E52). Diesen Sportwagen mit 400 PS (Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 4,7 Sekunden) baute BMW nur drei Jahre lang, von 2000 bis 2003, und das in einer überschaubaren Stückzahl von 5.700. Eventuell lag es ja am Preis, der am Ende der Bauzeit stolze 123.000 Euro betrug. Im Gegen-satz zu Bond überlebt der Z8 im Film nicht. Finstere Gestalten jagen 007 in Hubschraubern mit darunter mon-tierten monströsen Baumsägeblättern, die den schnitti-gen Z8 gnadenlos in zwei Teile zerschneiden.

Der 7er kann, aus Sicherheitsgründen, per Fernsteuerung maximal das 1,5-Fache der Fahrzeuglänge vorwärts und rückwärts fahren. Im Bild der zugehörige Schlüssel. Um das autonome Ausparken auszulösen, drückt der Fahrer, neben seinem Auto stehend, das Display des Schlüssels.

Karlsbad ins Grandhotel Pupp, in dem 2006 einige Szenen von Casino Royale gedreht wurden. «Das Essen war fantas-tisch, und ich dinierte im Restaurant exakt dort, wo Daniel Craig im Film saß. Das Einzige, das leider gefehlt hat, war auf der anderen Seite des Tisches Eva Green (Bonds große Liebe Vesper Lynd). Aber ein exzellenter Wodka Martini half mir darüber hinweg, sozusagen als ein Quantum Trost», erinnert sich Kurzmaier.

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MENSCH & REINRAUM > LÄNDERPORTRÄT INDIEN MENSCH & REINRAUM > LÄNDERPORTRÄT INDIEN

VON SVEN HEITKAMP

Eigentlich sind Diplomaten in ihrer Wortwahl nicht für Superlative bekannt. Doch die Einschätzung des Auswärtigen Amtes in Berlin über die Wirtschaftslage Indiens fällt beinah euphorisch aus: «Indien zählt nach wie vor zu den am stärks-ten expandierenden Volkswirtschaften der Welt», urteilt das Außenministerium und fährt fort: Indien könne sich derzeit deutlich besser positionieren als andere aufstrebende Volks-wirtschaften wie Russland, Brasilien oder China. «Bei weiter wachsender Einwohnerzahl wird es in Zukunft nicht nur das bevölkerungsreichste Land der Erde sein, sondern dürfte auch mit seinem Bruttoinlandsprodukt nach China und USA an die dritte Stelle aufsteigen.» Gut 70 Jahre nach den tödlichen Schüssen auf Mahatma Gandhi, der das Land in die Unabhän-gigkeit von der britischen Kolonialmacht führte, ist der Sub-kontinent auf dem Weg zu einem der global wichtigsten Märk-te der Zukunft.

Das sieht auch die Wirtschaftsfördergesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) so: «Indien könnte zu einem der größten Konsumgütermärkte weltweit werden», urteilt Heena Nazir, Direktorin Mumbai, bei GTAI, in der aktuellen Analyse «Indi-ens Regionalcluster – Bundesstaaten im Wettbewerb». Allein die schiere Bevölkerungszahl von 1,3 Milliarden Menschen ma-che das Land als Absatzmarkt für Investoren interessant. «Die Einkommensschere in Indien ist enorm» sagt Nazir. «Wäh-rend der Subkontinent zu den Ländern mit den meisten Mil-liardären gehört, leben circa 30 Prozent der Bevölkerung von einem US-Dollar pro Kopf und Tag unterhalb der Armutsgren-ze.» Doch zwischen diesen Polen habe sich eine Mittelschicht gebildet, die die Nachfrage vorantreibe. «Diese Mittelschicht wächst schnell, ist jung und konsumfreudig und für internatio-nale Unternehmen eine wichtige Zielgruppe», so Nazir.

AUFBRUCH IN DIE WELTWIRTSCHAFTSeit den 1990er Jahren verfolgt der südasiatische Tiger ei-

nen Kurs der Liberalisierung und Öffnung – und wird für In-vestoren immer interessanter. Laut dem «Ease of Doing Busi-ness»-Report der Weltbank haben sich die bislang meist extrem bürokratischen und komplizierten Rahmenbedingungen, die europäischen Unternehmen viel Geduld abverlangen, mess-bar vereinfacht. Im Weltbank-Länderranking hat Indien zwei Jahre in Folge einen riesigen Sprung um insgesamt 53 Plätze nach oben gemacht. Der Subkontinent liegt nun zumindest auf Platz 77 unter 190 bewerteten Ländern. Und die Vereinfachun-

gen sind zu spüren: Die marode Transport- und Logistik-Infra-struktur, die teils noch aus der Kolonialzeit stammt, wird mit Milliarden-Investitionen modernisiert. «Neue Straßen, Eisen-bahnen, Häfen und Logistikparks hellen das Bild inzwischen etwas auf», sagt GTAI-Expertin Nazir. Auch die inner-indische Kleinstaaterei bei der Mehrwertsteuer wurde durch eine Ver-einheitlichung beendet.

DEUTSCHE MESSEN ÖFFNEN INDISCHE TÜRENAusländische Direktinvestitionen und Beteiligungen

sind mittlerweile in den meisten Bereichen zugelassen. Mehr noch: Das Land wirbt mit seiner 2014 groß angelegten «Ma-ke in India»-Kampagne massiv um Investitionen. Tatsächlich verleihen inzwischen ausländische Engagements der Wirt-schaft einen nicht unerheblichen Schub: Ihr Umfang erreichte zwischen April 2017 und März 2018 eine Rekordhöhe von 45 Milliarden US-Dollar, vor allem bei Dienstleistungen, IT und Elektronik sowie Infrastruktur. Hauptinvestoren sind bislang Singapur und Malaysia, doch auch Deutschland zählt mit Mil-liardensummen seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Direktin-vestoren, besonders in Verkehr-, Elektro- und Metallbranchen. Niederlassungen von mehr als 18 000 deutschen Firmen – dar-unter viele Produktionsbetriebe – sind vertreten, große Unter-nehmen ebenso wie kleine und mittelständische. Allein Bosch ist in Indien mit 18 Produktionsstätten und sieben Entwick-lungszentren ein führender Technologie-Anbieter.

Wilfried Aulbur, heute Seniorpartner bei der Beratungs-agentur Roland Berger, war viele Jahre CEO bei Mercedes-Benz India. Er urteilte schon 2017: Indien sei ein spannendes Ziel für ausländische Unternehmen, gerade aus der Automobilbran-che, der chemischen und pharmazeutischen Industrie sowie der Medizintechnik. Über seine Erfahrungen in Indien hat Aul-bur ein gefragtes Buch mit einem vielsagenden Titel geschrie-ben: «Riding the tiger».

Auch deutsche Messegesellschaften wie Düsseldorf, Frank-furt, München und Nürnberg haben sich dem Ritt auf dem Ti-ger verschrieben – und eigene Messetöchter für Indien gegrün-det. Die Messe Düsseldorf etwa zieht mit der «Medical Fair In-dia» an den wechselnden Standorten Neu-Delhi und Mumbai Hunderte Aussteller an und hatte zuletzt 15 000 Fachbesucher. Zudem engagieren sich die Düsseldorfer nun auch mit der

Indien «Riding the tiger» Alle Welt redet über China – und vergisst beinah Indien. Dabei ist die sechstgrößte Volks-wirtschaft der Erde mit 1,38 Milliarden Menschen und sieben Prozent Wachstum auf dem besten Weg zu einer wirtschaftlichen Großmacht. Unter dem kürzlich wiedergewählten Premierminister Modi entwickelt der Subkontinent in rasendem Tempo neue industrielle Cluster in Hightech-Branchen mit Reinraumbedarf. Die Regierungskampagne «Make in India» steht für eine radikale Modernisierung der gelenkten Volkswirtschaft abseits von Bollywood und Slumdog Millionär.

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«Die Einkommensschere in Indien ist zwar enorm,

doch zwischen den Polen hat sich eine Mittelschicht

gebildet, die die Nachfrage vorantreibt.»

Heena Nazir, Direktorin Mumbai, bei GTAI

Chhatrapati Shivaji International Airport in Mumbai. Der Flughafen ist einer der geschäftigsten in Südasien und verzeichnete bereits 2010 täglich über 600 Flugbewegungen.

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CLEANROOM FUTURE 2 | 19 27CLEANROOM FUTURE 2 | 1926

«FAMDENT Show» in der Zahnmedizin. «Steigende Einkom-men und eine gestiegene Lebenserwartung führen zu einer hö-heren Nachfrage nach Gesundheitsleistungen», sagt Thomas Schlitt, Geschäftsführer der Messe Düsseldorf India. Während in der Fläche eher eine Basisversorgung üblich sei, entstehe in den großen Metropolen eine Hightech-Versorgung. «Das Marktwachstum ergibt sich derzeit vor allem aus dem privat-finanzierten Gesundheitssektor», sagt Schlitt. Gerade Messen könnten dabei Türen öffnen zwischen internationalen und lo-kalen Herstellern. Das Land am Ganges habe immenses Poten-zial als Design-, Innovations-, Fertigungs- und Exportzentrum.

DAS EHRGEIZIGSTE INDUSTRIEPROGRAMM DER WELTDer Ausbau der Industrielandschaft ist eines der wichtigs-

ten Ziele der Regierung. Dafür fördert die Zentralregierung mit massiven Investitionen die Bildung von branchenübergrei-fenden Clustern. Bislang sind 14 dieser «National Investment and Manufacturing Zones» aktiv. Sie entstehen parallel zum wohl ehrgeizigsten Infrastrukturprogramm nicht nur Indiens, sondern der ganzen Welt: der «Delhi-Mumbai-Industrial-Cor-ridor», ein 100-Milliarden-Dollar-Flaggschiff der Regierung. Über sechs Bundesstaaten zwischen der Hauptstadt Neu-Delhi und dem 1 400 Kilometer entfernten Finanzzentrum Mumbai hinweg entstehen Industrie-Areas, Investment-Regionen und eine hochwertige Transport- und Logistikinfrastruktur. «In einigen Landesteilen gelingen die Förderung einzelner Bran-chen und die Ansiedlung von Unternehmen bereits besser als in anderen», berichtet Heena Nazir. «Während der ärmste Bun-desstaat Bihar auf eine Wirtschaftsleistung pro Kopf von jähr-lich gut 500 US-Dollar kommt, liegt das Bruttoinlandsprodukt im Urlaubsparadies und Bergbaugebiet Goa bei mehr als dem Zehnfachen.»

O-TON VON BALRAM SINGH BALAJI AUS HYDERABAD Zwischen manchen Wirtschaftsregionen ist ein regelrech-

ter Wettbewerb um Investitionen ausgebrochen. Gerade die Westküsten des Landes entwickeln sich neben Neu-Delhi zu ökonomischen Hotspots. Im Hightech-Zentrum Bengaluru – drittgrößte Stadt nach Mumbai und Delhi – haben sich viele Reinraum-Industrien wie die Biotechnologie, Pharma, IT und Raumfahrt angesiedelt. Auch das am Arabischen Meer weiter nördlich gelegene Gujarat hat sich im Ausland einen guten Ruf erarbeitet, seine Position als wichtiger Chemiestandort aus-gebaut und viele Projekte angezogen. Die meisten ausländi-schen Direktinvestitionen flossen indes nach Maharashtra mit seiner geschäftigen Hauptstadt Mumbai, der Filmmetropole Bollywood und Pune als wichtigster Standort vieler deutscher Firmen.

Einer, der sich auf die Ausstattung von Reinräumen spe-zialisiert hat, ist Balram Singh Balaji, Gründer und CEO von «SR Prefabs Modular Cleanroom» in Hyderabad – ein führen-der Anbieter für komplette Reinraumlösungen. Nach seinem Bachelor 1995 hatte der Ingenieur für ein führendes pharma-zeutisches Unternehmen gearbeitet. «Glücklicherweise haben wir ein Projekt zum Aufbau eines kompletten Reinraums für die Herstellung von Steril-Injektionspräparaten geleitet», er-zählt er auf Anfrage – ein Kontakt, der über die internationale Plattform «Cleanroom Future» zustande kam.

Getrieben von dem Wunsch, Unternehmer zu sein, machte er sich selbstständig und baute ab 2001 eine Produktionsstätte zur Einrichtung von Reinräumen für die Industrie auf. Mittler-

Subkontinent der Superlative:Auf dem Weg zum bevölke-rungsreichsten Land der Erde

MenschenMit 1,375 Milliarden Menschen ist Indien nach China das bevölkerungsreichste Land der Welt. Und ein Ende des jährlichen Wachstums um mehr als ein Pro-zent ist bisher kaum abzusehen: Die Geburtenrate ist mit durchschnittlich etwa 70.000 Kindern am Tag fast dreimal so hoch wie die Sterblichkeit. Nach ak-tuellen Prognosen könnte Indien bis etwa 2025 Chi-na als bevölkerungsreichstes Land der Erde überholt haben.

WählenAuch ein Wahlgang in der größten Demokratie der Er-de ist zugleich die größte demokratische Abstimmung der Welt: Mit rund 900 Millionen Wahlberechtigten bringt die Riesenrepublik allein dieses Jahr deutlich mehr Wähler an die Urnen als die Europäische Union, die USA und Russland zusammen.

GrößeMit 3 287 000 Quadratkilometern ist Indien fast zehn- mal so groß wie Deutschland – allerdings nur das siebtgrößte Land der Erde. Es umfasst den größten Teil des indischen Subkontinents und erstreckt sich über 3 214 Kilometer vom äußersten Norden im Hima- laja bis zur Südspitze am Kap Komorin am Indischen Ozean. Zwischen dem äußersten Westen am Arabi-schen Meer und den Ostgrenzen zu Myanmar liegen 2933 Kilometer.

KlimaDurch die große Ausdehnung bestehen in Indien meh- rere Klimazonen, die von tropisch im Süden bis ge- mäßigt und alpin im bergigen Norden des Himalajas reichen. Im Süden sind die mittleren Temperaturen von 25 Grad im Dezember/Januar bis zu 35 Grad im April/Mai konstant hoch. Im subtropischen Zentral-indien treten massive Temperaturschwankungen zwi-schen 10 und 50 Grad auf, während es im Norden im Winter zu starken Schneefällen und Frost mit bis zu -20 Grad kommt. Die Monsun-Zeit in Indien erstreckt sich von Juli bis September.

TerritorienPolitisch ist das Land aufgeteilt in 29 Bundesstaaten und sieben sogenannte Unionsterritorien. Die beiden anerkannten Landessprachen sind Hindi und Englisch – aber es gibt 21 weitere anerkannte Regionalsprachen wie Bengali, Telugu, Marathi, Tamil, Urdu und viele andere. Rund 80 Prozent der Men-schen sind Hindus, etwa 14 Prozent sind Muslime und gut zwei Prozent Christen.

«Steigende Einkommen und eine höhere Lebens-

erwartung führen zu einer höheren Nachfrage nach Gesundheitsleistungen.»

Thomas Schlitt, Geschäftsführer, Messe Düsseldorf India

4 Tipps für den Umgang mit indischen Geschäftspartnern

Viel Small Talk, viel Zeit, viele TelefonateKontakte in Indien folgen einem eigenen Rhythmus Für Indien braucht man Geduld, Geduld und Geduld. Und ein feines Gespür für den richtigen Ton. Wie alle Kulturen der Erde hat auch der Subkontinent seine eigenen kommunikativen Gepflogenheiten. «Interkulturelle Kompetenz kann darüber ent-scheiden, ob sich Türen öffnen oder nicht», sagt Purvi Shah- Paulini, deutsch-indische Diplom-Betriebswirtin und Inhaberin der Beratungsagentur «Living India». Sie ist Autorin des Buches «Chefsache Integrales Business mit Indien», hat einen «Pocket- Guide Indien» mitverfasst und gibt wertvolle Tipps:

1. Erste BegegnungenBeim Kennenlernen und in ersten Meetings geht es nicht dar-um, sich und das Unternehmen vorzustellen. Es geht darum, den Menschen, der hinter einem Unternehmen steht, kennenzuler-nen. Daher ist es am Anfang üblich, einen langen Small Talk zu führen und viel Privates auszutauschen: Ob das Gegenüber ver-heiratet ist, Kinder hat, welches Auto er oder sie fährt.Mit kritischen Bemerkungen über Indien kann man sich, gerade als Ausländer, unbeliebt machen. Doch solange Sie nichts und niemanden kritisieren, sind viele Themen möglich.Der Austausch von Visitenkarten ist sehr wichtig, besonders wegen der Titel! Eine hohe Position bedeutet in Indien Status und Macht. Deutsches Understatement kann da zu ungewollten Problemen führen.

2. Zeit zum VerhandelnViele Geschäftsreisende wissen: Nach der Verhandlung ist vor der Verhandlung. In Indien ist es Tradition zu verhandeln, das lernt man vom Kindesalter an.Oft erhält man schnelle Zusagen, etwa von einem indischen Lie-feranten, und muss bald schmerzhaft lernen: Er wollte Sie vor allem als Kunden gewinnen und machte dafür Zugeständnisse, die Sie gerne hören wollten. Er hat zu allem «Ja» gesagt. Man hört in Indien selten ein direktes «Nein» – es gilt als unhöflich.Mit überzogenen Preisen in Verhandlungen zu gehen, ist durch-aus üblich. Machen Sie es dann wie Ihre indischen Kollegen: Bleiben Sie gelassen! Da Zeit ein legitimes Druckmittel ist, brin-gen Sie viel davon mit. Oft ist es mit nur einer Reise nicht getan.

Zusammen Essen zu gehen, ist wichtig. Man möchte die indische Küche zeigen. Planen Sie dafür Zeit ein, vor allem, wenn ein Ge-schäftsabschluss in Reichweite ist. Bringen Sie wichtige Dinge am besten vor dem Essen ‚auf den Tisch‘ Grundsätzlich gilt: Wer die Einladung ausspricht, zahlt. Es wird für alle Gäste am Tisch gemeinsam bestellt und alles geteilt.

3. Ein anderes ZeitverständnisZeit ist in Indien relativ. Es herrscht ein anderes Zeitgefühl nach dem Motto: «Deutsche haben Uhren – Inder haben Zeit.» Für sie gilt: Was man heute nicht schaffen kann, schafft man morgen. Verspätungen darf man nicht persönlich nehmen und sollte Geduld zeigen. Selbst sollte man aber pünktlich sein – deutsche Pünktlichkeit ist in Indien durchaus bekannt.

4. Jederzeit am Telefon Inder pflegen ihre Kontakte und telefonieren ständig. Manager geben ihre Handynummern ohne Zögern heraus. Immer erreich-bar zu sein, ist selbstverständlich. Telefonieren Sie also regel- mäßig mit Ihren Geschäftspartnern. Fragen Sie, wie es läuft, er-zählen Sie, dass Sie eine E-Mail abgeschickt haben, gratulieren Sie zum Geburtstag.

Die IHK Mittlerer Niederrhein bietet in einem «Pocket-Guide Indien – Interkulturelle Kompetenz für die Westentasche» viele weitere Informationen. Download unter www.ihk-krefeld.de («pocket guide indien 2019»)

weile hat er mehr als 60 Mitarbeiter und einen starken Kunden-stamm in ganz Indien sowie im Mittleren Osten und Afrika. «Wir haben bis heute mehr als 280 kleine, mittlere und große Projekte erfolgreich durchgeführt – mit zufriedenen Kunden», sagt Balram Singh Balaji. Die Anforderungen seien je nach Pro-dukten und erforderlicher Reinraumgröße sehr unterschied-lich. Anfangs seien die Reinraum-Anforderungen vor allem aus den Pharmaunternehmen gekommen. Heute würden Reinräume aber in sehr vielen Industriezweigen benötigt, wie Verpackung, Lebensmittel, Absauganlagen, Automobil, Fein-mechanik, Elektronik, Kunststoff, Medizinprodukte und sogar Schwerindustrie.

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Purvi Shah-Paulini

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«MEGA FOOD PARKS» FÜR BESSERE NAHRUNGSMITTELReinraum-Know-how ist nicht zuletzt beim Großprojekt

«Mega Food Parks» gefragt: der Aufbau von 42 Zentren für die Lebensmittelverarbeitung. Denn nach offiziellen Zahlen wer-den bisher nur magere zwei bis sechs Prozent der Nahrungs-mittel in Indien weiterverarbeitet – in westlichen Ländern sind es dagegen mehr als 70 Prozent. Nach UNO-Angaben verder-ben etwa 40 Prozent der frischen Lebensmittel in Indien, bevor sie den Konsumenten erreichen. Ein schmerzhafter Verlust für Verbraucher und ein milliardenschwerer Schaden für Produ-zenten. Die Regierung hat daher die Nahrungsmittelverarbei-tung zur Priorität erklärt und investiert mehr als 800 Millionen Dollar in den Ausbau. 17 «Mega Food Parks» sind bereits in Be-trieb, die meisten weiteren sind bis 2020 geplant – ein wichti-ges Feld für die Reinraumindustrie.

Ohnehin zählt Indien zu den beliebtesten Investitions-standorten für Biotechnologie- und Pharmafirmen aus aller Welt. Nach Recherchen von GTAI hat sich die Branche zur drittgrößten innerhalb der Asien-Pazifik-Region entwickelt. Die Standorte konzentrieren sich vor allem im Westen und Sü-den wie in Bengaluru mit dem größten Branchenunternehmen Biocon sowie in Hyderabad. Mit dem «Genome Valley» als be-kanntestes Cluster für Lifesciences hat sich auch Hyderabad zu einem der wichtigsten Zentren für die Biotechnologie und die Pharmaindustrie mit ihren weltweit führenden, preisgünsti-gen Generika entwickelt. Mehr als 500 Pharmaunternehmen

«Die Biotechnologie-Branche hat sich zur drittgrößten

innerhalb der Asien-Pazifik-Region entwickelt.»

Wirtschaftsfördergesellschaft Germany Trade & Invest

Ein Land, zwei WeltenIndien zwischen Hightech und HungerDie Schere könnte kaum größer sein: Während Indien als Land mit den meisten Milliardären und Millionären gilt, leiden immer noch Hunderte Millionen Inder unter Armut: Mehr als 20 Prozent der Bevölkerung lebt unterhalb der offiziellen Armutsgrenze von 1,90 US-Dollar am Tag, auch 58 Prozent der Bevölkerung stehen weniger als 3,10 US-Dollar am Tag zur Ver-fügung. Zwar konnte ein großer Teil der Betroffenen in den letzten beiden Jahrzehnten zumindest der schlimmsten Armut entkommen, ihr Anteil an der Be-völkerung ist von mehr als der Hälfte auf etwa ein Viertel gesunken. Doch angesichts des Wirtschafts-wachstums haben sich zugleich die Ungleichheiten zwischen der expandierenden Mittelschicht in den Megacitys und den armen Menschen auf dem Land verschärft.

Schätzungen zufolge haben nur circa zehn Prozent aller Beschäftigten ein vertraglich geregeltes Arbeits- verhältnis – alle übrigen sind nicht gegen Krank-heit oder Arbeitsunfälle versichert und haben keinen Anspruch auf Sozialleistungen oder gar Altersver-sorgung. Auf dem «Human Development Index» der UNO steht Indien aktuell auf dem 130. Platz unter 189 Staaten. «Indien liegt bei vielen Sozialindikatoren un-ter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika», urteilt das Auswärtige Amt in Berlin – ein enormes Hemmnis für eine aufstrebende Wirtschaftsmacht.Eigentlich hatte die Regierung versprochen, mit ihren Reformen neue Jobs zu schaffen. Doch dieser Erfolg blieb bislang weitgehend aus. Trotz aller ökonomi-schen Aufholjagd, von der Millionen Inder profitieren, leben etwa zwei Drittel der Bevölkerung nach wie vor im ländlich-bäuerlichen Umfeld und sind von der Landwirtschaft abhängig. Nur etwa fünf Prozent der Menschen, die für den neuen Arbeitsmarkt in Be-tracht kommen, haben laut Regierungsangaben eine geeignete berufliche Qualifikation. Für die bis zu zwölf Millionen jungen Inder, die jedes Jahr neu auf den Arbeitsmarkt kommen, gibt es noch viel zu wenig Ausbildungsangebote. Viele Menschen sind zudem Analphabeten.

Dennoch zieht es die Landbevölkerung in die wirt-schaftlich starken, städtischen Ballungsgebiete, wo zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts entstehen – Tendenz weiter steigend.

sind dort registriert, zudem etliche Forschungsinstitute, Unis und Labore – und Zulieferer aus Europa.

SGD Pharma etwa, französischer Weltmarktführer für pharmazeutische Glasverpackungen, hat 2013 in Mahabubna-gar bei Hyderabad einen fast 32.000 Quadratmeter großen Be-trieb für Hütten- und Röhrenglas errichtet – davon allein 1 700 Quadratmeter Reinraum nach ISO 8. Die Gerresheimer AG aus Düsseldorf, Hersteller von Primärverpackungen aus Spezial-glas und Kunststoffen für die Pharma-, Kosmetik- und Lebens-mittelindustrie, hat die indischen Unternehmen Neutral Glass & Allied Industries sowie Triveni Polymers mit Standorten in Mumbai und Kosamba (Gujarat) übernommen. Dort stellt Ger-resheimer in zwei Werken Glasgefäße, Ampullen und Flaschen für Medikamente nach strengen Pharmaregularien her. So ent-stand auch ein Reinraum-Inspektionsbereich mit Kamerasys-temen, der eine volle Kontrolle der fertigen Artikel vor deren Verpackung gewährleisten soll.

Daneben ist Indien siebtgrößter Chemieproduzent der Welt. Konzerne wie BASF, Bayer, DuPont, GE Kunststoffe, Shell und British Gas haben sich in Gujarat als Chemiezentrum an-gesiedelt. Auch Maharashtra ist ein wichtiger Standort für die Chemieindustrie: Fast 17 Prozent der gesamten Branchen-Pro-duktion stammen von dort. Und der Bau von weiteren Indus-triezentren, Sonderzonen, Chemieparks, Megaclustern sowie Raffinerien ist angekündigt. Bis 2020 soll sich der Markt ver-doppeln.

ERFOLGSSTORY EINER IT-GROSSMACHTAls IT-Großmacht genießt Indien seit vielen Jahren einen

herausragenden Ruf: Die gute Qualifikation indischer IT-Fach-kräfte, vergleichsweise niedrige Löhne sowie gute englische Sprachkompetenz haben viele internationale Technologieun-ternehmen von SAP und IBM über Microsoft und Google bis Wipro und Infosys angezogen. Laut den Indien-Beratungsex-perten «Maier+Vidorno» bildet die IT-Branche mit mehr als 3,7 Millionen direkten Jobs und 16 000 IT-Firmen den größten privaten Sektor des Landes. In Indien seien IT-Angebote durch-schnittlich drei-bis viermal mal günstiger als in den USA. Den-noch liege Indien in Sachen digitale Reife unter den Top-5 Län-

dern der Welt – die Industrie sei sogar für den wirtschaftlichen Aufschwung Indiens hauptverantwortlich. «Der Aufbau regio-naler Netzwerke, um Synergien und Wettbewerbsvorteile zu schaffen, sorgte für eine Erfolgsstory, die kein anderer Sektor in Indien so erlebt hat», sagt GTAI-Expertin Nazir. IT-Schlüssel-region ist freilich Bengaluru, das als indisches «Silicon Valley» gilt. Auch die legendäre «Santacruz Electronics Export Proces-sing Zone» in Mumbai sowie Neu-Delhi und Hyderabad haben sich zu herausragenden IT-Hochburgen mit großen Zukunfts-chancen entwickelt. So will die Regierung im Rahmen der Kampagne «Digital India» allein 2019/2020 fast eine Milliarde Dollar in die Entwicklung künstlicher Intelligenz investieren.

GRIFF NACH DEN STERNENAls weiterer, zentraler Technologieträger für die Industria-

lisierung gilt die Automobilbranche mit ihren 20 Millionen Ar-beitnehmern. Die Branche soll nach dem Willen der Regierung binnen zehn Jahren um 300 Prozent wachsen. Das Herz der Branche schlägt in Pune, das als «Detroit of India» gilt: Mehr als 250 deutsche Firmen sind dort ansässig, darunter große Konzerne wie Volkswagen, Daimler, General Motors, Fiat, Ma-hindra & Mahindra und Bajaj-Auto und Zulieferer wie Bosch, Continental und ZF. Auch die Hauptstadtregion ist mit etwa der Hälfte der Kfz-Produktion besonders stark: Von dort aus dominiert das japanisch-indische Joint Venture «Maruti Suzu-ki» den Pkw-Markt. Künftig will man nicht nur bessere Werk-bank sein, sondern auch in die Top 3-Länder bei Entwicklung, Produktion und Export aufsteigen. Und Indien will hoch hin-aus: Als erstem asiatischen Land war dem Subkontinent eine Landung auf dem Mars gelungen. (Siehe Bezug zu Titelstory.) Sie ging zugleich als günstigste Marsmission aller Zeiten in die Geschichte eine. Und weitere Höhenflüge sind im Luft- und Raumfahrtzentrum Bengaluru auf der Startrampe. Dort hat die «Hindustan Aeronautics Limited» des Verteidigungsministe-riums ebenso ihren Sitz wie die Raumfahrtbehörde und die In-dian Space Research Organisation. Auch internationale Player wie Boeing, Airbus oder Honeywell oder GE Aviation betreiben dort wichtige Forschungsstandorte.

Für «Riding the tiger»-Autor Aulbur ist Indien heute ein Vorbild für die Welt. «Mit seiner Komplexität und seinem krea-tiven Chaos», sagt Aulbur, «ist Indien das perfekte Abbild der heutigen Welt, die immer unbeständiger, unsicherer, komple-xer und vielschichtiger wird. Was früher als indischer Son-derfall abgetan wurde, existiert heute auch in der westlichen Welt.» ●

«Mit seiner Komplexität und seinem kreativen Chaos ist

Indien das perfekte Abbild der heutigen Welt, die immer unbe-ständiger, unsicherer, komple-xer und vielschichtiger wird.»Wilfried Aulbur, Autor und Seniorpartner, Beratungs-

agentur Roland Berger

MENSCH & REINRAUM > LÄNDERPORTRÄT INDIEN MENSCH & REINRAUM > LÄNDERPORTRÄT INDIEN

Strassenszene in Mumbai, März 2019. Im bevölkerungsreichsten Land der Welt entsteht eine neue Mittelschicht.

Mumbai, bis 1996 offiziell Bombay, ist die Hauptstadt des Bundesstaates Maha-rashtra in Indien und die wichtigste Hafenstadt des Subkontinents.

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VON MAJA FRANKE

Barbara Meyer Cesta und Rudolf Steiner alias «Haus am Gern» – so der Name des Kunstlabels der beiden Schweizer aus Biel – haben es wieder getan: das strenge Prinzip der kontami-nationslosen Umgebung auf die freie Kunst übertragen. (Wir berichteten ausführlich im Cleanroom Magazin, Ausgabe 10, 03/2016. Freier Download unter: cleanroomfuture.com/topics)

Die Entstehung des geschichtsfreien RaumesIm Sommer 2005 reiste «Haus am Gern» auf Einladung

des BBKL (Bund Bildender Künstler Leipzig) innerhalb eines Künstleraustausches Deutschland-Schweiz nach Leipzig. Der Name des Programms: THE WORLD IS NOT ENOUGH. Meyer Cesta und Steiner verbrachten drei intensive Wochen damit, das Projekt im öffentlichen Raum zu entwickeln.

«Wir waren beide fasziniert von der Geschichte und der Ge-genwart dieser Stadt. Dabei gelang es uns nach intensiven drei

Mit welchem Blick betrachten Künstler das Konzept «Reinraum»: als kontrollierte Um-gebung, ohne Kontaminationen, zertifiziert nach DIN-Normen? Nein, philosophischer. Als einen Ort, der nicht nur partikel-, sondern auch emotions- und geschichtsfrei ist. 2005 entstand in Leipzig ein solches Kunstprojekt, in Form eines Reinraumes in einer Gartenlau-be. Damals von Spezialisten nach EN ISO 14644 endgereinigt, zertifiziert, verschlossen und plombiert. Das Projekt ist seitdem und dauerhaft ein work in progress, von Menschen un-betreten. Seit Ende 2018 existiert in der Schweiz seine Entsprechung, das «Wurmloch» in Form eines zweiten kleinen Hauses, des «KlHauses».

Wochen hier, eine Idee zu formulieren, die die unterschiedli-chen Ebenen zu einem sinnvollen neuen Ganzen zusammen-fügt und eine permanent aktuelle Relevanz hat. Unser Wunsch, ein nachhaltiges, tiefsinniges und liebenswürdiges Werk zu re-alisieren, war – und ist weiterhin – nicht ohne die Mitarbeit aller Beteiligten möglich,» erinnern sich beide an die Ent-stehungszeit des Projektes. Am Ende des Prozesses entstand «Lifetime Europe – ein geschichtsfreier Raum», der Reinraum in der Gartenlaube.

Professionelle Unterstützung von ReinraumexpertenProfessionelle Unterstützung erhielt «Haus am Gern» 2005

von ausgewiesenen Reinraumexperten. Daniel Grimm, damals Sekretär der Schweizerischen Gesellschaft für Reinraumtech-nik, übernahm die Beratung während der Konzeptions- und Bauphase des Projektes. Frank Duvernell, Gründer einer auf Reinraumreinigung spezialisierten Firma, unterstützte bei der Planung und Finalisierung. Seine professionellen Clean Opera-

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Der Reinraum in der Gartenlaube Wie Cleanroom Technology den einzigen geschichtsfreien Raum ermöglicht

Leipzig: Von außen eine ganz normale Gartenlaube, innen versteckt sich ein knapp 5 Quadratmeter großer Reinraum.

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tors kümmerten sich abschließend um die reinraumtaugliche Endreinigung nach VDI-Richtlinie 2083. Zuerst habe er schon gestutzt, als von den Künstlern die Anfrage nach Unterstüt-zung kam, erinnert sich Duvernell, der mittlerweile die inter-nationale Plattform Cleanroom Future initiiert hat, dann aber spontan mitgemacht. Denn: «Reinraum kann durchaus eine zweite Dimension haben. Man darf ihn auch weiter denken.»

Der Raum ist jedoch nicht nur ein Reinraum nach DIN-Nor-men, sondern noch umfassender rein. Er ist es auch ideolo-gisch. Es fand eine Umwertung des nach DIN-Normen par-tikelfreien Reinraums in einen nur philosophisch messbar geschichtsfreien Raum statt, seit 10 Jahren von der «Partikel-schleuder Mensch» unbetreten. «Damit ist er frei von jegli-cher physischer und auch emotionaler Kontamination, nicht nur materiell oder formal, sondern auch inhaltlich. Dieses Ver-ständnis von Reinheit ist für Künstler ausgesprochen span-nend», fasst Meyer Cesta die Faszination des Projektes zusam-

Biel: das sogenannte Wurmloch. Würde man im deutschen Reinraum einen Swap mit Beam-Energie losschicken, käme er hier in der Schweiz wieder zum Vorschein. Ehrlich. Das Interieur besteht aus Preziosen des Leipziger Gartens (Bild rechts).

«Er ist frei von physischer und emotionaler Kontamination. Materiell, formal, inhaltlich. Diese Reinheit ist für Künstler spannend.»Barbara Meyer Cesta, Initiatorin

Das Label «Haus am Gern»Rudolf Steiner und Barbara Meyer Cesta realisieren seit 1998 gemeinsam künstlerische Werke unter dem Label «Haus am Gern». Im Fokus ihres Schaffens stehen gesellschaftsrelevante Themen, die sie in kon-textspezifische Werke übersetzen. Ihr künstlerisches Schaffen zeichnet sich durch Medienvielfalt aus, in der Text, Zeichnung, Fotografie, Video, Objekt, Skulp-tur, Installation und Performance im Rahmen von konzeptuellen Arbeiten zueinander in Beziehung ge-setzt werden.Mit «Haus am Gern» arbeiten sie nicht nur mit allen möglichen Medien, sie setzen ihr Label auch als Plattform ein und beteiligen regelmäßig andere Kunst- schaffende, Fachleute und Laien an der Realisierung ihrer Konzepte. Der Garten in Leipzig kann nach Vereinbarung, das Kl-Haus in Biel – bis zum 22.2.2022 – jederzeit besichtigt werden. hausamgern.ch

men. Sie führt detaillierter aus: «KünstlerInnen haben sich mindestens seit der Moderne für das radikale Weglassen von etwas interessiert, also für das Gegenteil von der Erschaffung von Neuem. Der Aufwand, ein Vakuum oder Nichts aufrecht-zuerhalten, ist jedoch enorm groß. Denn immer dringt irgend-wie das Leben in Form von Staub und Teilchen und Alterungs-prozessen in die Leere, um sie wieder dem alltäglichen Fluss des Daseins einzuverleiben.» Ein Kampf, den die Reinraum-branche bestens kennt.

Die EN ISO 14644-Gartenlaube in LeipzigDie knapp 200 Quadratmeter große Parzelle liegt in einer

der typischen Kleingartenanlagen in einem Leipziger Vorort. Es gibt eine Rasenfläche, Blumen- und Gemüsebeete, Obstbäu-me und die Laube, gebaut in den 1960ern. Die vorhergehende Pächterfamilie bewirtschaftete den Garten über 30 Jahre lang. «Haus am Gern» erwarb ihn 2005 und beließ das gesamte In-

ventar in seinem ursprünglichen Zustand. An der Wand hängt noch immer ein Kalender von 1981, im Regal daneben sind die Nägel in einer alten Schuhcremedose gesammelt. Dort, wo einst der Esstisch stand, bauten die Künstler einen freistehen-den Raum ein. Er ist nach EN ISO 14644 konzipiert, besteht aus einer Schleuse samt Vorraum mit Schutzkleidung sowie dem eigentlichen Reinraum. Ein Klimagerät sorgt für konditionier-te Bedingungen.

Das «KlHaus» in der SchweizAuf der weiten Rasenfläche vor dem Kunsthaus Pasquart

im schweizerischen Biel steht seit Dezember 2018 die Erwei-terung der Reinraumgartenlaube. Es ist ein sehr kleines Haus: das «KlHaus». Außen Wellblech, innen Holz. Aktuell ist drin-nen noch recht wenig zu sehen: ein paar Quitten aus dem Leip-ziger Garten und ein paar getrocknete Apfelstückchen, an de-nen sich die Besuchenden bedienen dürfen. Später wird sich das Haus füllen. In den nächsten drei Jahren soll hier mög-lichst viel von dem ge- und versammelt werden, was sich 800 Kilometer nordöstlich abspielt. «Das können Dinge aus dem Garten sein, aber auch Menschen, die mit der Installation et-was zu tun haben», so Steiner. All das, was in Leipzig an Denk-, Bild- und Tonmaterial generiert wird. Auch dieses Magazin wird dort ausliegen. ●

Tipp: Daniel Grimm, heute Spezialist für reinste Lebensmittelpro-duktion, setzt im Rahmen eines Events im Herbst 2019 ein «KlHaus-Bier» an, das dann am 7. Dezember angezapft wird. Besucher sind herzlich willkommen.

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NEWS > CONTAINMENT, MEHRVERBRAUCH VON ARZNEIMITTELN – WELTWEIT, WIRKSTOFF IM AUGE, DIGITALISIERUNG + KMU NEWS > CONTAINMENT, MEHRVERBRAUCH VON ARZNEIMITTELN – WELTWEIT, WIRKSTOFF IM AUGE, DIGITALISIERUNG + KMU

Kontaktlinsen sollen künftig längerfristig Medikamente freisetzen können.

Wirkstoff im AugeForscher des IAP ent- wickeln Kontaktlinsen mit ArzneimittelnForscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymer-forschung IAP entwickeln gemeinsam mit internationalen Kollegen Kontaktlinsen, bei der Medikamente an die Innenseite der Linse gebunden werden. Ziel des Forscher-teams ist es, die Kontaktzeit eines Wirkstoffs mit dem Ge-webe im Auge zu verlängern.Die Arzneimittel sollen in Liposomen – kleine Vesikel mit durchlässiger Membran – verkapselt an die Innenseite der Kontaktlinsen gebunden werden. Wirkstoffe könnten so, anders als bei der lokalen Therapie von Augenkrankheiten, bei der oft nur rund fünf Prozent eines Medikaments ihre Wirkung im Gewebe entfalten, wesentlich länger im Auge wirken. Die israelische Partnerfirma des IAP «EyeYon Medical» hat bereits medizinische Kontaktlinsen zur Verabreichung von Medikamenten entwickelt, die eine 20-minütige Ver-weilzeit von Wirkstoffen ermöglichen. Diese soll noch ver-längert werden.Außerdem sollen Zuckerpolymere das reibungslose Gleiten des Augenlides erleichtern und die medizinische Linse so verträglicher machen. Laut der Wissenschaftler vom IAP werde so nicht nur der Schmerz gelindert, sondern auch die Wundheilung verbessert und die Hornhaut geschützt. Der stark zuckerhaltige Stoff wird entweder auf der Ober-fläche der gesamten Kontaktlinse aufgetragen oder könnte Bestandteil der Liposomen sein, die den Arzneistoff in sich tragen.Um eine Genehmigung für die Kontaktlinsen als Träger-system für Wirkstoffe zu erhalten, muss noch die biologische Unbedenklichkeit aller verwendeten Komponenten sicher-gestellt werden.

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Digitalisierung + KMUEin Verbundprojekt hilft dem Industrie-Gewerbe, den digitalen Wandel gestalten

Das Fraunhofer-Institut für System- und Inno-vationsforschung (ISI) unterstützt Unterneh-men bei der Gestaltung des digitalen Wandels. Zwar bieten digitale Technologien verschiedene Lösungspotenziale, bedürfen aber auch unter-nehmenskultureller Transformationen – vor allem im verarbeitenden Gewerbe. Anhand von Fallbeispielen aus den Sektoren Maschinenbau, Medizintechnik und Kunststoffverarbeitung erarbeitet das Verbundprojekt unternehmens-spezifische Digitalisierungsstrategien, welche auch organisationsstrukturelle sowie kulturelle Bedingungen des betrieblichen Wandels in den Blick nehmen.Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sehen sich mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Obwohl digitale Lösungen Effi- zienz- und Produktivitätssteigerungen verspre-chen, führen KMU digitale Lösungen eher zöger- lich ein. Arbeitsabläufe sind auf bewährte Orga-nisationsmuster ausgerichtet, während digitale Lösungen Veränderungen von Prozessen und Strukturen erforderlich machen. Die Zögerlich-keit den Wandel anzustoßen, hat also nicht nur finanzielle Gründe, sondern ist auch auf stei-gende Anforderungen an die IT-Sicherheit und das Fehlen von Fachkompetenzen zurückzufüh-ren. Auch die Unternehmenskultur selbst, so die Annahme des Projekts, wirkt als Barriere für die Digitalisierung.An dieser Stelle setzt das Projekt an und unter-sucht Möglichkeiten und Grenzen des Wandels anhand greifbarer betrieblicher Anwendungs-beispiele im Maschinenbau, Kunststoffverar- beitung und Medizintechnik. Daraus leitet sich eine individuelle Strategie ab, die Einbindungs-möglichkeiten von Mitarbeitern im Zeitalter der Digitalisierung aufzeigt und organisatori-sche Abläufe, Hierarchiestrukturen und Unter-nehmensleitbilder beachtet. Im Mittelpunkt stehen konkrete Erfahrungen und schnelle Lernfortschritte in der Anwendung digitaler Technologien. Das Projekt erforscht damit die digitale Arbeits-welt von morgen und arbeitet heraus, wie ein barrierefreies Zusammenwirken von Mensch und Technik erfolgen und Digitalisierung im Sinne der Beschäftigten genutzt werden kann. Weitere Informationen: true-culture.de

Zukunfts-Studie Ausgaben für Arzneimittel werden weltweit steigen Bis 2023 werden – laut einer Studie des IQVIA™ Institute for Human Data Science – voraussichtlich mehr als 1,5 Billionen US-Dollar für Medikamente ausgegeben. Das ent-spricht einem Anstieg von 50 Prozent seit dem Jahr 2014. Die wichtigsten Wachstumstreiber für die nächsten fünf Jahre sind die Vereinigten Staaten sowie Schwellenländer wie China, Brasilien, Russland, Indien, Türkei und Mexiko – die sogenannten Pharmerging Markets. Bei den treiben-den Faktoren der Arzneimittelnachfrage in den letztge-nannten Ländern handelt es sich um ein qualitativ anderes Wachstum als das in den Industrieländern, den Pharmer-ging Countries. Nicht hochpreisige neue Arzneimittel, sondern die Arzneimittelgrundversorgung breiter Bevöl-kerungsschichten zu niedrigen Kosten sorgen für die Dynamik.

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TO Der Report «The Global Use of Medicine in 2019 and Out-look to 2023: Forecasts and Areas to Watch» analysiert ergänzend zu diesen Markttrends verschiedene relevante Bereiche im Gesundheitswesen und prognostiziert die Entwicklung des globalen Pharmamarkts in den nächsten Jahren. Untersucht wird die Auswirkung neu eingeführter Medikamente, das rasante Wachstum von Biosimilars sowie die schnell zunehmende Anwendung von Spezial-medikamenten. Der Bericht beinhaltet auch zehn Bereiche mit Zukunftspotenzial, wie die Anwendung digitaler Tools im Gesundheitswesen, künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML). Die Studie zeigt, dass der Einsatz von KI und ML bei Life Science Unternehmen steigt und voraussichtlich zum Re-gelfall wird. Bereits heute werden hauptsächlich intelli-gente Algorithmen zur Analyse komplexer Datensätze in der klinischen Forschung eingesetzt. ML wird zunehmend genutzt, um Patientendaten in komplexen Datenbanken sammeln, analysieren und auf dieser Grundlage Krank- heiten frühzeitig erkennen und präventiv behandeln zu können. Zudem kann der optimale Behandlungszeitpunkt bestimmt werden, um eine kostengünstigere Überwa-chung des Behandlungsfortschritts zu erzielen sowie un-terschiedliche Behandlungsoptionen zu finden. Der Report hat auch herausgearbeitet, dass digitale Thera-peutika als neue Behandlungsmethode auf dem Vor-marsch sind. Die FDA (Food and Drug Administration) er-halte immer häufiger Anfragen für die Freigabe oder Zulas-sung solcher Mobile-Apps. Diese Entwicklungen werden zurzeit noch zurückhaltend beobachtet, denn die neuen Behandlungsmethoden könnten zwar bedeutende Vorteile bringen, doch muss ihr tatsächlicher Nutzen erst in der Praxis gegenüber etablierten Methoden überprüft werden. Die Studie wurde unabhängig und ohne finanzielle Unter-stützung seitens Industrie oder staatlicher Stellen durch-geführt und ist öffentlich zugänglich.Die Studie zum Download:iqvia.com/institute/reports («the global use of medicine in 2019 and outlook to 2023»)

Containment-LösungenMarktbedarf für hochpotente Wirkstoffe wird steigenNach Schätzungen wird der Marktbedarf für hoch-potente Wirkstoffe, sogenannte HPAPI (Highly Potent Active Pharmaceutical Ingredients), bis 2023 von derzeit knapp 18 Milliarden auf 26,84 Mil-liarden US-Dollar steigen. Deshalb sind Investi- tionen in spezielle Fertigungstechnologien nötig, bei denen sowohl Produkt als auch Bediener best-möglich geschützt werden. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Onkolo-gie-Medikamenten, Antikörper-Wirkstoffen und der zunehmenden Konzentration auf Präzisions-

medizin wächst der Bereich der HPAPI. Auch der weltweite Marktzugang für Generika verlangt zu-sätzliche Produktionskapazitäten für hochpotente Verbindungen. Pharmahersteller in Eigenproduktion sowie Lohn-hersteller sehen sich deshalb in der Pflicht, in spe-zialisierte Fertigungstechnologien zu investieren, welche absolute Sicherheit mit hochpotenten Subs-tanzen gewährleisten. Für die Wahl der jeweiligen Technologie muss das individuelle Schutzziel be-trachtet werden, welches anhand des Arbeitsplatz-grenzwerts (AGW) in Bezug auf die Wirkstoffe be-stimmt wird. In erster Linie muss die Gefährdung der Bediener ausgeschlossen werden. Contain-ment-Lösungen stellen deshalb eine geeignete und kosteneffiziente Möglichkeit dar.

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Staub ist unser steter Begleiter. Wird er zum Problem, schaffen ein Staubsauger oder eine zentrale Entstaubungsanlage schnell Abhilfe. Der eine ist klein, handlich und überall schnell einsetzbar, die andere groß, leistungsfähig und mit Filtern für toxische Substanzen ausrüstbar. Beide zu verheiraten und somit vom besten zweier Welten zu profitieren, hat sich ein hessisches Reinraum-Start-up auf die Fahnen geschrieben.

INNOVATION & ZUKUNFT > START-UP: STAUBFÄNGER INNOVATION & ZUKUNFT > START-UP: STAUBFÄNGER

Start(it)up: Staubfänger«Wir wechseln den Staubsaugerbeutel im Reinraum.»

VON RICHARD MORGENSTERN

Pulver mischen, granulieren, verpressen oder in Kapseln füllen – in der Pharmaproduktion ist Staub allgegenwärtig. Eine einzelne Tablettenpresse produziert rund 20 Kilogramm davon als Nebenprodukt und das pro Tag. Unter GMP wird Pro-zessstaub aber zum Problem. Er kann andere Verarbeitungs-schritte kontaminieren; ist er brennbar, kann er verpuffen; ist er aus toxischem Material, schädigt er im schlimmsten Fall die Mitarbeiter.

Hier kommt die Entstaubung ins Spiel. Die feinsten Parti-kel werden aus der Luft entfernt und zwar genau dort, wo sie entstehen. An der Tablettenpresse oder am Kapselfüller, aber auch an Anlagen der Chemie- und Nahrungsmittelindustrie,

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, kompakte Entstau-bungsanlagen zu entwickeln und zu bauen?Man sieht den Reinraum ja auch immer als Schutzbarriere an. Und da ist es ein bisschen schwierig, wenn beispielsweise in der pharmazeutischen Industrie das Prozessequipment, die Tab-lettenpressen und die Kapselfüller zwar im Reinraum stehen, in dem gefährliche Stäube gehandhabt werden, die Entstau-bung aber irgendwo im Technikbereich steht. Entsorgen Sie diesen Staub dann an einer solchen zentralen Absaugstation, haben Sie natürlich nicht die kontrollierten Umgebungsbedin-gungen eines Reinraums. Das ist ein großer Nachteil, wenn es um die hochaktiven Stoffe geht. Deshalb wollten wir eine kompakte, GMP-konforme Lösung entwickeln, damit die Ent-staubung gleich mit im Reinraum stehen kann. So kann das gesamte kontaminierte Material zusammen im Reinraum ent-sorgt werden.

Da stellt sich folgende Frage: Wenn der Entstauber im Reinraum steht, wie bringen Sie den Staub nach draußen, ohne den Reinraum zu kontaminieren?Das ist hoffentlich genau der Grund, warum es uns gibt. Im Moment sind wir ja noch beim Markteintritt. Aber wir arbeiten an genau diesen Technologien, um – laienhaft gesprochen – Staubsaugerbeutel und Filter so zu wechseln, dass die Expositi-on ein Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht übersteigt. Das ist tatsächlich die hohe Kunst, an der wir uns versuchen. Wir wollen OEB5 und OEB6 möglich machen. Dann gibt es auch kein Problem mit der Kontaminierung des Reinraums. Denn

Interview mit den Gründern

«Exotischer Ansatz mit Zyklon als Vorabscheider»

der Metall- und Glasverarbeitung wird Staub aus der Umge-bungsluft entfernt. Die Lösungen reichen vom kleinen Staub-sauger für unproblematische Stäube bis zur riesigen zentralen Filteranlage mit HEPA-Filter für toxische Materialien.

Gefährliche Stäube an Ort und Stelle zu sammeln, die Filter-anlagen dafür in den Reinraum zu bringen und selbst beim Fil-terwechsel das Containment nicht zu brechen, das haben sich Christoph Vetter und Martin Schunk, zwei Maschinenbauinge-nieure aus dem hessischen Lich bei Gießen, mit ihrem Start-up Vesch Technologies vorgenommen. Im Interview erzählt Grün-der und CEO Christoph Vetter, dass nicht immer die schiere Größe zählt, warum sie ihre Kompaktfilteranlage lieber nicht «High-Quality-Staubsauger» nennen wollen, und von den Schwierigkeiten, an Startkapital zu kommen.

obwohl es sich um eine Absauganlage handelt, kommt in die-sem Fall genauso wenig Staub raus, wie aus der danebenste-henden Tablettenpresse.

Bei der Vorabscheidung verfolgen Sie einen eher exoti-schen Ansatz …In gewisser Weise ja. In den letzten 25 Jahren hat sich eine Tech-nologie durchgesetzt, bei der Staub in den Filter hineingezogen und aus diesem dann mit Druckluft in einen Staubsaugerbeu-tel geblasen wird. Das ist State-of-the-Art. Wir jedoch arbeiten mit einem Zyklon als Vorabscheider. Faszinierenderweise ist diese Technologie eigentlich die viel ältere. Allerdings gab es bisher noch nie die Möglichkeit, einen Zyklon und eine HE-PA-Filteranlage gemeinsam in einem kompakten Gehäuse zu betreiben. Denn, wie die Geräte in den Reinraum kommen, die praktischen Seiten also, werden gerne vernachlässigt. Deshalb sind unsere Geräte auch nicht riesig, sondern passen tatsäch-lich durch eine Reinraumtür. Diese Kombination aus Zyklon mit innovativem Staubaustrag, HEPA-Anlage und kompaktem Gehäuse gibt es aktuell noch nirgendwo anders.

Sie und Ihr Mitgründer haben ja einige Jahre in der Filter-branche gearbeitet. Warum haben Sie sich für ein eigenes Start-up entschieden?Für uns war es einfach die richtige Zeit. Das muss man ganz ehrlich so sagen. Wir waren beide lang genug im Job, um zu wissen, was wir tun. Außerdem – so heißt es zumindest – ist man mit Anfang 30 im leistungsfähigsten Alter. (lacht) Und wir A

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Der HygienebeauftragteBlock 1: Grundlagen Betriebs- und Personalhygiene22.-24. Januar 2020, Mannheim | 24.-26. Juni 2020, Heidelberg

Block 2: Regularien, Kontrolle und Abweichungen in der pharmazeutischen Betriebshygiene16.-18. Oktober 2019, Leimen bei Heidelberg | 21.-23. April 2020, Heidelberg | 14.-16. Oktober 2020, Karlsruhe

Hygiene ist ein elementarer Bestandteil von GMP. Lernen Sie deshalb in Block 1 dieses Lehr-gangs-Seminars die mikrobiologischen Grundlagen kennen, mögliche Kontataminations-quellen, Präventivmaßnahmen zur Kontaminationsvermeidung und die Herausforderungen der Personalhygiene. Block 2 macht Sie ausführlich mit den Anforderungen der Regularien an die Hygiene vertraut und zeigt Ihnen in Fallstudien, wie Sie Hygienepläne und Verfahren um-setzen und ein entsprechendes Monitoring etablieren.

www.gmp-navigator.com

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wollten schlicht und einfach unser eigenes Ding machen; et-was umsetzen, dass es so noch nirgends gibt. Es war aber auch nicht so, dass wir die Mega-Idee hatten und es unserem Chef nicht sagen wollten, sondern vielmehr die umgekehrte Situa-tion. Es gab einfach ein Problem, das nicht bearbeitet wurde: nämlich kleiner zu sein, als die klassische Zentralfilteranlage und besser zu sein als der Staubsauger. Im Preisbereich zwi-schen 5.000 Euro und 50.000 Euro gibt es keine kompakten Geräte, die man einfach in einen Reinraum stellen kann. Das wollten wir ändern und mit dieser Idee sind wir dann tatsäch-lich in die Selbstständigkeit gegangen.

Von der Idee zum Produkt ist es oft ein steiniger Weg. Was waren bisher die größten Hürden, die Sie als Unternehmer überwinden mussten?Die mit Abstand größte Hürde war, erst einmal jemanden da-von zu überzeugen, dass wir ein brauchbares Geschäftsmodell haben, für das man auch einen Kredit geben kann. Wir waren mit unserem Businessplan auch tatsächlich bei ein paar Ban-ken. Wir hatten ja aber auch nur das Problem: Die Tabletten-pressenhersteller aus der Pharmaindustrie, die wir kannten, fragten immer wieder nach kompakten Anlagen mit kleinem Volumenstrom, die sie in den Reinraum stellen können. Allein mit dieser Problemstellung, unserem Netzwerk und unserem Wissen – aber ohne ein konkretes Produkt – einen Kredit zu bekommen, das war mit Abstand die größte Herausforderung. Und dann gibt es auch gewisse Bereiche, bei denen wir mit we-niger Arbeit gerechnet hätten. Vor allem das Thema Intellec-tual Property, also Patente und Gebrauchsmuster, hat sehr viel mehr Zeit in Anspruch genommen, als ich das erwartet hatte.

Aber jetzt haben Sie Ihr erstes Produkt zur Marktreife ge-bracht. Gibt es schon Pilotkunden?Jein. Also wir haben noch nichts verkauft. Das muss man ganz klar sagen. Aber wir sind bereits in der Entwicklungsphase an die großen Hersteller von Prozessequipment herangetreten. Denn dort saugen wir ja hauptsächlich ab. Man kann unse-re Anlagen natürlich auch als Staubsaugerersatz nutzen oder zur Punktabsaugung. Aber ihre Vorzüge spielen unsere Geräte dann am besten aus, wenn sie direkt an den Kapselfüller oder an die Tablettenpresse angeschlossen sind. Deswegen waren wir von Anfang an in Gesprächen mit den großen Herstellern. Auch, weil wir ja nicht am Kunden vorbeientwickeln wollten. Also haben wir uns über Anforderungen wie Oberflächengü-te oder Volumenstrom unterhalten und auch, welche Sicher-heitsstufen tatsächlich gebraucht werden. Damit sind wir dann in die Entwicklung gegangen. Wir produzieren für die

GlossarADE steht für Acceptable Daily Exposure und schätzt ein, wie hoch die maximale tägliche Belastung mit einer bestimmten Substanz sein darf, ohne dass während der durchschnittlichen Lebenserwartung der Mitarbeiter das Risiko einer schädlichen Wirkung entsteht. ADE ist die Grundlage für die OEB-Richtlinien.

HEPA-Filter (High Efficiency Particular Air Filter) sind Schwebstofffilter der Klasse H13 oder H14 nach Europanorm, die Partikel zu 99,95 beziehungsweise 99,995 Prozent aus der Luft entfernen.

HPAPI (Highly Potent Active Pharmaceu- tical Ingredients) sind hochwirksame pharmazeutische Wirkstoffe, die vor allem in der Krebstherapie angewendet werden. Sie verfügen über eine hohe Zytotoxizität, sind also potente Zellgifte. Das wirkt sich auf die Anforderungen für ihre Ver-arbeitung aus.

Schwebstofffilter entfernen Teilchen kleiner einem Mikrometer wie feinste Stäube, Aerosole, Mikroorganismen oder Rauchpartikel aus der Luft. Sie verwenden in der Regel Filtermatten,an deren Fasern die Partikel haften bleiben.

Die OEB-Richtlinien ordnen die verwen-deten Stoffe in sechs Stufen ein. Bei der niedrigsten hat das Material kein toxi-sches Potenzial und die Belastung für den Anwender kann 100 Milligramm pro Tag überschreiten. Bei der höchsten Stufe 6 hingegen ist von extrem hohem toxischem Potenzial die Rede. Die Belastung darf hier 0,01 Milligramm pro Tag nicht über-schreiten.

Ein Zyklon oder Fliehkraftabscheider ist eine Form des Massenabscheiders, der feste und gasförmige Stoffe aufgrund der Fliehkraft voneinander trennt. Anders als bei einer Zentrifuge dreht sich der Zy-klon aber nicht. Er ist so konstruiert, dass sich der Luftstrom durch seine eigene Geschwindigkeit von selbst in Drehbewe-gung versetzt.

INNOVATION & ZUKUNFT > START-UP: STAUBFÄNGER

«Im Preisbereich zwischen 5.000 Euro und 50.000 Euro gibt es bisher keine kompakten Geräte, die man einfach in einen Reinraum stellen kann.»Christoph Vetter, CEO Vesch Technologies

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INNOVATION & ZUKUNFT > START-UP: STAUBFÄNGER INNOVATION & ZUKUNFT > START-UP: STAUBFÄNGER

9 Fakten über StaubStaub, so weiß es der Duden, ist «etwas, was aus feinsten Teilen besteht, in der Luft schwebt und sich als Schicht auf Oberflächen legt.» Staubquellen gibt es wie den sprich- wörtlichen Sand am Meer. Vulkane schießen ihn in die Atmo-sphäre, Sandstürme verteilen ihn über die Welt, die Pollen von Gräsern und Blumen liefern ebenso Nachschub, wie der Mensch. Ob Industrie, Energiesektor, Landwirtschaft oder Verkehr, aber auch jede gerauchte Zigarette und jedes Ker-zenlicht, entlassen feinste Partikel in die Luft.So weit, so bekannt. Es gibt aber auch einige Fakten über Staub – manche erstaunlich, andere kurios und wieder andere vielleicht sogar ein wenig eklig – die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen.

1. Den allermeisten Staub wirbeln die Ozeane auf. Mit der Gischt gelangen Salzkristalle in die Luft. Mehr als 3.300 Megatonnen davon verteilt der Wind.

2. Zweitgrößter Staubverursacher ist die natürliche Verwitte-rung. Gut 2.100 Megatonnen fein gemahlenes Gestein kom-men in einem Jahr aus globaler Sicht zusammen.

3. Rund 40 Kilotonnen Staub fängt die Erde in jedem Jahr auf ihrem Weg um die Sonne ein.

4. Ein großer Teil des Feinstaubs geht auf menschliche Aktivi- täten zurück. Auch mit organischen Schadstoffen oder Schwermetallen beladene Partikel haben oftmals einen anth-ropogenen Ursprung.

5. Etwa sechs Milligramm Staub gehen täglich auf einem Quadratmeter Wohnraum in Deutschland nieder; genug Wohnraum für rund 60 Hausstaubmilben. Die wiederum pro-duzieren zusammen 1.200 Kotkügelchen – und das am Tag.

6. Ob lebende oder tote Mitbewohner aus der Mikrobenfrak-tion, alte Hautschuppen oder eingefangene Partikel – ein jeder von uns hüllt sich in seine individuelle Wolke aus Staub.

7. Rund ein Kilogramm Staub pro Jahr kann ein durchschnitt-licher Baum wieder aus der Luft filtern. Bei geschätzten drei Billionen Bäumen auf dem Planeten sind das rund 3.000 Megatonnen.

8. Die ersten Patente für Staubsauger wurden 1869 und 1876 in den USA erteilt. Auf einem Wagen von Haustür zu Haus-tür gefahren und die Luftpumpe von Hand betrieben, sollen so die ersten Wohnungen gesaugt worden sein.

9. Die Sporen einiger Bärlapparten sind seit dem Mittelalter für feurige Effekte bekannt. Das hat ihnen Namen wie Hexen-mehl, Erdschwefel oder Blitzpulver eingebracht. Fein zer-stäubt ins Feuer geblasen, ergeben sie eine Staubexplosion. Gehörten Bärlappsporen im Mittelalter etwa bei Gauklern und Magiern zum festen Repertoire, setzen heute neben Feu-erspuckern auch Bühnentechniker und Filmeffektspezialisten auf das natürliche Blitzpulver.

Pharmaindustrie. Das heißt, wir mussten erst mal unsere ISO 9001-Zertifizierung durchbekommen. Und – deshalb auch das Jein – wir müssen auch für die Prototypen, die in unserer Halle stehen, noch Expositionsmessungen vornehmen. Wir müssen also nachweisen, dass beim Filterwechsel und beim Staubaus-trag tatsächlich kein Staub austritt.

«Da wir mit einem Zyklon arbeiten, können wir aber auch materialsparend wertvolle Stäube rückgewinnen.»

Und das bewerkstelligen Sie alles am eigenen Produktions- standort?Ja, wir haben eine Halle. Im vorderen Bereich ist unser Büro. Daran schließt sich unsere Entwicklungsarea an. Dort entsteht jetzt auch noch der Raum für die Expositionsmessungen. Und hinten haben wir einen Produktionsbereich, in dem wir die An-lagen endmontieren und prüfen. Dazu muss ich sagen, dass wir eine relativ flache Fertigungstiefe haben. Das heißt, wir kons-truieren selbst, arbeiten dann aber mit externen Fertigern zu-sammen, die Bleche bearbeiten oder Bauteile fräsen. Wir ma-chen also die Entwicklung, verheiraten die ganzen Teile und prüfen die fertigen Anlagen.

Gemeinsam mit Ihrem Mitgründer und Ihren aktuell drei Werkstudenten stemmen Sie also den kompletten Produk-

tionsprozess – von der Konstruktion über den Zusammen-bau bis hin zum Test?Na ja, im Grunde genommen stemmen wir alles sogar nur zu zweit. Denn die Werksstudenten haben wir tatsächlich, damit uns die betriebswirtschaftliche Seite nicht auch noch auf die Füße fällt. Sie halten uns im Büro den Rücken frei, damit wir in der Werkstatt tüfteln können. Aber wir hatten von Anfang an damit gerechnet, dass wir bis zu den ersten großen Verkäufen keine Leute einstellen können. Trotzdem gibt es da schon den einen oder anderen, den wir gerne hätten. Wir haben auch be-reits bei einigen Leuten angefragt, ob sie denn Lust hätten, für uns zu arbeiten. Das ist jedoch für die Hinterhand. Denn bis wir auf sicheren Beinen stehen, wollen wir das zu zweit machen.

Mal abgesehen von der Pharmabranche: Ihre Technologien sind also prinzipiell auch für Anwender außerhalb inter-essant?Ja. Definitiv. Aktuell stehen bei uns zwar die biologisch akti-ven Stäube im Mittelpunkt: «HPAPI» heißen die hochaktiven Stoffe für Medikamente in der pharmazeutischen Industrie. Da wir mit einem Zyklon arbeiten, können wir aber auch Produk-te rückgewinnen. Das heißt, wenn man jetzt einen besonders wertvollen Stoff absaugt, lässt sich dadurch auch Material ein-sparen. Denn das wird dann – anstatt in einem Staubsauger-beutel zu enden – gleich gesondert in einem Edelstahlbehälter gesammelt. Bis zu diesem Punkt hat das Material also nur Edel-stahl gesehen und kann wieder in den Prozess zurückgeführt werden.

Wir fokussieren aktuell die Pharmabranche, weil es immer einfacher ist, dort offene Türen zu finden, wo bereits Kontakte bestehen. Es macht schon einen großen Unterschied, ob man gleich direkt mit dem Entwicklungsleiter spricht oder vorher erst an der Haustür mit Klingeln beginnt. Außerdem heißt es auch: Wer in der heutigen Zeit nicht flexibel ist, wird als Erstes untergehen. Deswegen halten wir die Augen stets nach rechts und links geöffnet. Wenn uns also Anfragen oder Möglichkei-ten aus anderen Reinraumbereichen erreichen, nehmen wir die definitiv wahr.

Ihre Geräte sind also multifunktionale High-Quality-Staub- sauger?Wir nennen unser Produkt lieber Kompaktfilteranlage als High- Quality-Staubsauger. Denn durch die Anforderungen aus dem GMP-Umfeld – die Materialanforderungen, Fertigungs- und vor allem die Dokumentationsanforderungen – sind wir nicht im Bereich eines Staubsaugers unterwegs. Der Einsatz muss sich also lohnen. Das ist sicher der Fall, wenn Sie im GMP-Umfeld arbeiten, wertvolle Stäube rückgewinnen möchten oder das An-wenderrisiko minimieren müssen. Das spielt übrigens durch die REACH-Verordnung* auch in der Chemieindustrie eine im-mer größere Rolle. Wenn Sie hingegen mit jedem x-beliebigen Staubsauger arbeiten könnten, weil Sie Ihren Staub einfach in die Mülltonne werfen, dann sind wir irgendwann preislich nicht mehr attraktiv.

Sie arbeiten mittlerweile bereits an weiteren Prototypen. Wo sehen Sie sich in drei Jahren?Hoffentlich als Marktführer im Bereich Prozessentstaubung. (lacht) Nein, tatsächlich ist es so, dass wir mit diesen drei Pro-totypen den Entwicklungsinput der Prozessequipmentherstel-ler schon größtenteils umgesetzt haben. Wir sind jetzt an dem Punkt, wo wir wirklich im Markt einsteigen und die Anlagen verkaufen können. Und das bedeutet, dass wir in den nächs-ten zwei, drei Jahren – hoffentlich – sehr stark mit Wachstum beschäftigt sein werden. Solange wir über Prototypen reden, können wir die noch zu zweit selbst zusammenbauen. Sobald es aber tatsächlich um mehrere Aufträge geht – wir wollen pro Jahr 15 bis 20 Stück unserer größten Anlage verkaufen – dann müssen wir natürlich auch die gesamte Organisation dafür schaffen. Das wird die nächste große Herausforderung. ●

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* REACH ist eine Verordnung der Europäischen Union, die erlassen wurde, um den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor den Risiken, die durch Chemikalien entstehen können, zu verbessern und zugleich die Wett-bewerbsfähigkeit der chemischen Industrie in der EU zu erhöhen. Darüber hinaus fördert sie Alternativmethoden zur Ermittlung schädlicher Wirkungen von Stoffen, um die Anzahl von Tierversuchen zu verringern.Quelle: echa.europa.eu

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VON RICHARD MORGENSTERN

Ein kurzer Abstecher in die Optik soll den Weg ebnen, um den Geheimnissen guter Objektive auf die Spur zu kommen. Warum lässt sich Licht durch die geschickte Anordnung opti-scher Elemente aus seiner gewohnten Bahn lenken und derart bündeln, dass es auf Film oder Sensor gebannt werden kann? Hier spielen mehrere Effekte zusammen.

Elektromagnetische Strahlung, zu der das Licht gehört, bewegt sich stets mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum. Doch diese Ausbreitungsgeschwindigkeit hängt vom Medi-um ab. Am schnellsten ist Licht im Vakuum. Dort legt es in je-der Sekunde 299.792,458 Kilometer zurück, in der Luft sind es 299.710, im Wasser 225.000 und in Quarzglas 205.000 Kilome-ter in der Sekunde. Tritt das Licht von einem Stoff in einen an-deren, wird es beim Übergang gebrochen. Es ändert seine Rich-tung. Wie stark, hängt vom Brechungsindex ab, der wiederum fest an die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes gekoppelt ist. Je langsamer sich die elektromagnetische Strahlung in ei-nem Material ausbreitet, umso stärker «knickt sie ein». Diese Brechung findet übrigens bei jedem Übergang statt, also auch, wenn das Licht den Körper wieder verlässt. Schon vor langer Zeit haben findige Entdecker erkannt, dass sich Glas hervorra-gend dazu eignet, Licht in gewünschte Bahnen zu lenken.

«Für optische Gläser gibt es heute eine sehr umfangreiche Glasdatenbank», erzählt Dirk Christian. Er leitet die Produkti-on der Joseph Schneider Optische Werke GmbH in Bad Kreuz-nach. Seit 1913 entwickelt das, auch als Schneider-Kreuznach bekannte, Unternehmen optische Systeme – erst Foto- und Filmobjektive, später auch Industrieoptiken. «Abhängig von der Aufgabe, die das Objektiv zu leisten hat, wählen unsere Optikdesigner die Materialien für jedes Linsenelement gezielt aus.» Dabei haben sie es nicht immer mit den einfachsten Glä-sern zu tun. Christian erklärt: «Wir bewegen uns ja im Bereich der Hochauflösungsoptiken. Da gibt es schon recht anspruchs-volle Gläser. Manche sind sehr wärmeempfindlich, andere be-nötigen spezielle Reinigungsverfahren. Sie dürfen beispiels-weise nicht mit Wasser gereinigt werden oder mit Luftfeuchte in Berührung kommen. Da brauchen wir mitunter spezielle, feuchtigkeitsregulierte Transportbehältnisse.»

AUF DIE KRÜMMUNG KOMMT ES ANDas Linsenmaterial ist aber nur die eine Seite der Medaille.

Die Form des optischen Elements ist die andere und für dessen Funktion ebenfalls essenziell. Eine vollkommen plane Glas-scheibe beispielsweise taugt nicht zur Linse. Denn deren Ober-fläche muss gekrümmt sein. Nach außen gewölbt heißt das konvex, nach innen konkav. Konvexe Linsen bündeln das Licht in einem Punkt. Bei diesen Sammellinsen wird der Strahl zur optischen Achse hin gebrochen. Der Punkt, an dem sich die Strahlen treffen, wird Brennpunkt genannt, seine Entfernung zur Linse Brennweite.

Konkave Linsen hingegen verteilen das Licht. Bei diesen Zerstreuungslinsen werden die Strahlen von der optischen Achse weggelenkt. Der Brennpunkt ist hier negativ, liegt also hinter der Linse.

Die einfachste Kombination einer bikonvex – das heißt an beiden Seiten nach außen – gekrümmten Sammellinse als Ob-jektiv und einer bikonkav – an beiden Seiten nach innen – ge-krümmten Zerstreuungslinse als Okular ist das Galilei-Fern-rohr. Vom holländischen Brillenmacher Hans Lipperhey erst-

Objektiv betrachtet …Mit Glas, Präzession und Reinraum zum Hightech-Lichtsammler

Die Natur hat es vorgemacht. Hochkomplexe Augen ermöglichen ihren Trägern, sich ein Bild ihrer Umgebung zu machen. Der Mensch hat darauf aufgesetzt und Objektive geschaffen, mit denen sich die Umwelt auch festhalten lässt. Heute haben diese optischen Systeme beinahe jeden Lebensbereich durchdrungen. Ob private Selfies mit dem Smartphone, professionelle Architekturfotos, Modeshoots für Magazine, Filmdrehs oder Satellitenbilder – die Welt wird unentwegt in Bildern festgehalten. Aber auch Forschung und Industrie kommen ohne Optiken nicht aus. Doch was macht ein gutes Objektiv aus? Wie wird es hergestellt und welche Rolle spielt dabei der Reinraum?

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TO mals 1608 gebaut und vom italienischen Universalgelehrten Galileo Galilei weiterentwickelt, bündelt es das Licht der Sterne und erzeugt ein aufrechtes und seitenrichtiges Bild. Doch bei derart einfachen Formen blieb es nicht lange. Neben den sphä-rischen Linsen, deren Wölbung immer einen Kugelausschnitt darstellt, gibt es mittlerweile auch asphärische Linsen. Hier lässt sich die Geometrie nicht auf eine Kugel zurückführen. Das erhöht zwar den Aufwand bei der Produktion erheblich, elimi-niert aber einen Abbildungsfehler, die sphärische Aberration, unter der sonst die Schärfe leidet.

Ein gutes Objektiv – hier kommen wieder die Optikdesig-ner ins Spiel – kombiniert deshalb nicht nur unterschiedliche Materialien, sondern auch mehrere Linsen mit verschiedenen Geometrien. Bei modernen Objektiven für Fotokameras kön-nen auf diese Weise schnell 20 Elemente und mehr zusammen-kommen.

Doch bevor es soweit ist, muss das Rohmaterial in die rich-tige Form gebracht werden. Das Glas bezieht Christian von Schneider-Kreuznach als Rohlinge. «Wir haben ein Glaslager, im dem wir die verschiedenen Materialien als Blöcke vorhal-ten», erklärt er. Die kommen als Kiloware ins Haus und können je nach Dichte des Materials schon Kantenlängen von gut 30 Zentimetern erreichen. Aus diesen Quadern werden die Teil-segmente herausgearbeitet. Sie werden zugeschnitten, zuge-richtet, vorbearbeitet und anschließend zu den endgültigen Linsen geschliffen und poliert. «Das machen wir vor allem bei Prototypen und Erstmustern. So können wir die benötigten Linsen schnell herstellen. Wenn es später in die Serienproduk-tion geht, greifen wir auf Blanks zurück.» Das sind in Form ge-presste Rohlinge aus dem gewünschten Material, die bereits die grobe geometrische Kontur des späteren Linsenelements mitbringen. «Damit haben wir viel weniger Materialabtrag als beim Glasblock», sagt Christian. «Und weil wir wirklich nur noch ein paar Zehntelmillimeter herunterschleifen und polie-ren, sind wir sehr schnell beim finalen Element. Das spart Fer-tigungszeiten.» Geschliffen und poliert, so verrät er, würde auf modernen CNC Maschinen.

FUNKTIONELLE SCHICHTEN GEGEN DIE ZERSTREUUNGDie Physik wäre aber keine große Wissenschaft, hätte sie

nicht noch den einen oder anderen Effekt auf Lager. Im Fall von Objektiven ist das die Dispersion. Das Wort entstammt dem Lateinischen und lässt sich mit «zerstreuen» ganz gut über-setzen. Denn Licht wird in einem Medium nicht gleich gebro-chen, sondern jede Wellenlänge ein wenig anders. Es wird zer-streut, was sich zum Beispiel an einem Prisma sehr gut sehen lässt. Dort sorgt die Dispersion dafür, dass weißes Licht in ver-schiedene Farben aufgespalten wird. Bei Objektiven führt sie hingegen zu unschönen Farbrändern im Bild. Chromatische Aberration wird dieser Farbfehler genannt und der soll immer dann möglichst klein sein, wenn es auf korrekte Farbwieder-gabe ankommt.

Zum Glück lässt sich die Dispersion durch geschicktes Kom-binieren von unterschiedlichen Materialien, Linsenformen und Anordnungen verringern. Optikdesigner berechnen den exak-ten Abstand, in dem spezielle Elemente mit sehr niedriger Dis-persion im späteren Objektiv eingebaut werden. Und manch-mal sind auch zwei Linsen miteinander verklebt, um von den Eigenschaften verschiedener Materialien zu profitieren.

Die Dispersion ist aber nicht der einzige Parameter, mit dem Optikdesigner zu kämpfen haben. Auch die Reflexion soll

Page 23: Zurück zum Mond - Living India...genutzt, sondern auch als Schmuck beim Juwelier verkauft werden. In der Branche löst das nicht nur Begeisterungsstürme aus, denn die Labordiamanten

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möglichst klein gehalten werden. Denn durch sie geht ein Teil des Lichts verloren, der eigentlich zum fertigen Bild beitragen soll. Um das zu verhindern, werden die Linsen beschichtet. Bei Schneider geschieht das in Plasmabedampfungsanlagen. Dort erhalten die Glaselemente im Hochvakuum verschiedene funktionale Schichten. Damit lassen sich aber nicht nur Re-flexionen vermindern. Mit manchen Schichten lassen sich be-stimmte Wellenlängen – zum Beispiel im ultravioletten oder infraroten Bereich – am Durchgang durch das optische Ele-ment hindern. Und auch verschiedene Farbverläufe für Foto-filter entstehen auf diese Weise.

«Für drei Bereiche nutzen wir Reinräume: Feinkitten, Bedampfen

und Montage.»Dirk Christian, Leiter der Produktion, Joseph Schneider

Optische Werke GmbH

«Es gibt drei Bereiche, für die wir hier auf Reinräume set-zen», sagt Christian. «Das sind Feinkitten, Bedampfen und die Montage. Die Prozesse sind einfach so sensibel, da brau-chen wir die Reinheit.» Gerade beim Auftrag der funktionalen Schichten lässt sich das recht anschaulich darstellen. Denn je-de noch so kleine Verunreinigung, die sich vor diesem Arbeits-schritt auf der Linse befindet, würde unter der transparenten Schicht für immer konserviert. Dass sieht nicht nur unschön aus, es mindert auch die Qualität des fertigen Produkts. «Wir arbeiten in einem ISO 6 Reinraum. Außerdem haben wir den einzelnen Anlagen zum Bestücken nochmals ein ISO 5 Zelt vor-gesetzt. Da gehen die Werkstückträger durch, einfach um si-cherzustellen, dass die Anzahl der Partikel auf den Flächen ge-gen null geht», beschreibt Christian den Prozess.

HOCHLEISTUNGSOPTIK BRAUCHT REINRÄUMESind sie geschliffen, poliert, verklebt, beschichtet und da-

zwischen immer wieder gereinigt, ist es so weit: Die optischen Elemente können zu einem Objektiv zusammengesetzt wer-den. «Montiert wird zu 100 Prozent im Reinraum. Denn wir wollen sicherstellen, dass sich keine Partikel zwischen den Linsenelementen befinden», erklärt Christian. «Die Linsen sind bereits hochrein, wenn sie in die Montage kommen. Au-ßerdem hat jeder einzelne Arbeitsplatz in der Montage noch einen ISO 5 Bereich.» Komplett in Handarbeit fügen die Mit-arbeiter alle Linsen zu Baugruppen zusammen und verhei-raten sie zum Schluss mit den verschiedenen mechanischen Elementen. Dann folgen Qualitätsprüfung und Optimierung. «Alles wird nochmals justiert, genau aufeinander abgestimmt, Restfehler werden kompensiert. Das heißt, wir machen eine 100-Prozent-Kontrolle, qualitativ und kosmetisch. Wir achten also auch auf Sauberkeit, damit sich keine Fussel, kein Partikel ins Objektiv schleicht.» Insgesamt arbeiten bei Schneider in Bad Kreuznach 50 Mitarbeiter in den Reinräumen. Am zwei-ten Standort in Göttingen sind es nochmal zehn. Dann endlich kann ein Fotoenthusiast oder Filmemacher sein neues Objektiv in den Händen halten.

WAS UNTERSCHEIDET NUN EINSTEIGEROPTIKEN VOM PROFIEQUIPMENT?

Doch was unterscheidet nun die Einsteigeroptiken für we-nige hundert Euro vom Profiequipment für ein paar Tausen-der? «Hier zählt zum einen, wie groß man mit der Brennwei-te variieren kann und das bei gleichbleibend hoher Qualität», erzählt Christian. Die Auflösung ist ein recht wichtiger Fak-tor. Bewertet und angegeben wird sie üblicherweise in Linien-paaren – das sind Schwarz-Weiß-Wechsel – die ein System pro Millimeter voneinander unterscheiden kann. In der optischen Bildmitte ist sie immer am höchsten. Dass sie zum Rand hin nicht stark abfällt, gehört zu den Markenzeichen guter Opti-ken. «Ein Objektiv für vielleicht 300 Euro löst, sagen wir mal, 50 Linienpaare auf der Achse, also in der Bildmitte aus. Für Viele mag das ausreichen. Aber es gibt eben auch Objektive, die machen das mit 140 Linienpaaren pro Millimeter auf der Ach-se und noch 120 am Bildrand. Da sind andere Gläser und mehr Linsen drin. Außerdem ist eine andere Genauigkeit gefordert.»

Die Auflösung ist aber nicht nur ein wichtiger Parameter im Foto- und Videobereich. Auch für Industrieobjektive spielt sie eine große Rolle. Eine Kamera im Security-Bereich soll nicht nur erkennen, dass jemand ein Gebäude betreten hat, sondern auch aussagekräftige Daten für die Gesichtserkennung liefern. In der Verkehrsüberwachung müssen Objektive zuverlässig Nummernschilder auflösen, in der Medizintechnik Blutpro-ben analysieren und im Automotive-Bereich zum Beispiel Ka-rosserieteile dreidimensional vermessen. So richtig interessant wird die Frage nach der Auflösung aber in der Mikroelektronik, wenn beispielsweise Leiterplatten oder Flachbildschirme ins-

Optik 2.0Optische Linsen bestehen aus Glas, Kristall oder Kunststoff? Nicht immer. Denn manchmal sind es zwei Flüssigkeiten, einge-sperrt in eine dünne Membran, die als Linse herhalten. Bei sol-chen Flüssiglinsen lässt sich die Brechkraft durch elektrischen Strom in wenigen Millisekunden ändern. Wie das menschliche Auge, stellt die Linse ganz von selbst scharf. Ein erstes Mobil- telefon mit einer solchen Linse wurde bereits 2005 auf der Com-putermesse CeBIT vorgestellt.

Die Physik gänzlich auf den Kopf stellen hingegen Metamateria-lien. Denn diese künstlichen Strukturen streuen elektromagne-tische Strahlung dort, wo sie diese eigentlich bündeln müssten. Sie haben einen negativen Brechungsindex, was Wissenschaftler bis weit in die 1990er Jahre für unmöglich hielten. Mit einem sol-chen Material beschichtet, würden Objekte für Radarstrahlung unsichtbar – ein Effekt, der Metamaterialien für das Militär inter-essant macht.

Im sichtbaren Bereich hingegen tun sich solche Materialien schwer. Die Hürden für die ultimative Linse sind hoch. Photoni-sche Kristalle könnten hier wohl eher zum Zuge kommen. Bei ihnen ist es ihre ganz spezielle Struktur, die das Licht beeinflusst. In der Natur schmücken Schmetterlinge ihre Flügel und Vögel ihre Federn mit photonischen Kristallen. Der Mensch stellt sie aus Gläsern, Polymeren oder Halbleitern her. Mit ihnen lassen sich nicht nur einzelne Wellenlängen des Lichtes gezielt ablenken und das sogar mit negativem Brechungsindex. Sie ermöglichen auch plane, also nicht gekrümmte Linsen. Damit ließe sich das Auflösungsvermögen optischer Systeme stark erhöhen

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Edelsteine oder PlastiklinsenDie Auswahl an Materialien für Objektive ist riesig. Die wichtigs-te Werkstoffgruppe sind Silikat-Gläser. In der Optik werden sie in die beiden Hauptgruppen Kronglas und Flintglas unterteilt, die wiederum verschiedene Glastypen enthalten.

Kronglas ist schon seit Jahrhunderten bekannt. Seiner Herstel-lung mit Glasmacherpfeife und schnellen Drehungen verdankt es seinen Namen. Denn bevor es zu runden Glasscheiben wird – die in Blei gefasst heute noch als Butzenscheiben ein Begriff sind – sieht der Rohling aus wie eine Krone.Krongläser brechen das Licht recht schwach, zeichnen sich aber durch eine geringe Dispersion aus. Das lässt sie zum idealen Partner für das Flintglas werden, wenn es um Farbkorrekturen geht. Neben Quarz als Hauptbestandteil enthalten sie Kalium, Natrium, Kalzium und Aluminiumanteile. Beimischungen wie Phosphor, Lanthan oder Fluor ergeben verschiedene Kronglasty-pen wie Phosphat-Kron, Lanthan-Kron oder Fluor-Kron.

Auch Flintglas ist schon lange bekannt. Es waren Feuerstein-knollen (englisch flint), die im 17. Jahrhundert das hochreine Siliziumdioxid für diese Gläser lieferten und ihnen dabei gleich den Namen gaben.Flintgläser brechen das Licht zwar stärker als Kronglas, haben aber eine höhere Dispersion. Neben Quarz als hauptsächlicher Komponente enthalten sie Natrium und Kalium sowie bis zu einem Viertel Blei. Das Schwermetall sorgt für die recht große Dichte von Flintgläsern. Zusätze von Elementen wie Barium oder Lanthan führen zu Flintglastypen wie Barit-Flint oder Lan-than-Flint.

Glas aus reinstem Siliziumdioxid eignet sich ebenfalls für opti-sche Anwendungen. (Wir berichteten in Ausgabe 20…) Linsen aus Quarzglas kommen zum Beispiel in der UV-Optik, etwa bei der Fotolithografie oder den Excimer-Lasern zum Einsatz.

Aber nicht nur amorphe Festkörper wie Gläser, sondern auch Kristalle können für optische Anwendungen genutzt werden. So lassen sich beispielsweise Linsen aus Fluorit-Kristallen mit solchen aus Glas kombinieren und damit sehr gute Ergebnis-se bei der Farbkorrektur mit gleichzeitig weniger optischen Elementen erreichen. Im Bereich der Laseroptik kommen auch Saphir- und Rubinlinsen zum Einsatz.

Verschiedene Kunststoffe haben sich ebenfalls als Material für Linsen etabliert. Kunststofflinsen lassen sich im Spritzguss oder durch Spritzprägen herstellen, können aber auch geschliffen und poliert werden. Ihr großer Vorteil: Sie sind leicht und lassen sich in Massen kostengünstig produzieren.

piziert werden sollen. «Da kommt es wirklich auf die Leistung der Objektive an», sagt Christian. «Aktuelle Fernseher arbeiten mit 4K-Auflösung. Die nächste Generation mit 8K wird kom-men. Die müssen ja geprüft werden. Und wenn das Pixel im Be-reich von zwei oder drei Mikrometern liegt und zukünftig noch kleiner wird, muss die Optik entsprechend genau hinschauen, damit der Sensor noch etwas abbilden kann. Hier gehen unsere Optikdesigner wirklich an die Rohdaten der Legierung, an die Schmelzdaten, heran. Das ist der High-End-Bereich, in dem sich unser Unternehmen bei diesen Optiken aktuell bewegt.» ●

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Was macht ihr? Was machen wir? Und wenn ja, wie? Das Quality Cleanroom Forum 2019 gibt praxisnahe Antworten auf die drängendsten Fragen zur Zukunft der Reinraumtechnologie

Ein neu entwickeltes Format der Schweizerischen Cleanroom Future AG bringt Reinraumverantwortliche zusammen und liefert fundierte Antwor-ten auf Fragen, wie unter anderem: Wer entscheidet, wie viel Reinraum ge-nug ist? Welche verlässlichen Grundlagen bieten Normen und Richtlinien? Viel hilft viel oder arbeiten wir zu steril? Welche Entwicklungen zu hygie-nischen und sterilen Fertigungen in der Lebensmittelindustrie gibt es? Was muss bei der Airborne Molecular Contamination (AMC) beachtet werden?

Immer mehr Produkte werden in reinen Umgebungen und Reinräumen erforscht, entwickelt, hergestellt und verpackt, um sicher, funktional und wirtschaftlich zu sein.In der Schweiz betrifft das vor allem die Medizintechnik und die Uhrenindustrie. Mit der immer weiter fortschreitenden Automatisierung und Robotik wird sich auch die Pharma- und Lebensmittelindustrie verändern. Doch auch die arbeitenden Menschen müssen berücksichtigt werden. Ersetzt der Roboter den Mitarbeiter? Da ist sich die Fachwelt uneins und es wird weiter spannend bleiben. Bis es soweit ist, darf der Mitarbeit-erls wichtigster Produktionsfaktor auf keinen Fall vernachläs-sigt werden: Denn auch er beobachtet die technologischen Veränderungen. Da können rasch Ängste entstehen, die sich auf die Arbeitsqualität und -leistung auswirken. Diesen müs-sen die Reinraumverantwortlichen mit einer adäquaten Kom-munikation und Motivation ihrer Mitarbeiter begegnen. Beim Quality Cleanroom Forum treffen Experten und Reinraumver-antwortliche aufeinander und diskutieren Trends, Lösungen, Chancen und Risiken der neuen Technologien. Bei ständig grossen Herausforderungen und der Suche nach optimalen Lösungen steht der Erfahrungsaustausch auf diesem deutsch-sprachigen Kongress im Vordergrund.

VON ANDEREN LERNEN > QUALITY FORUM

Im Forum werden die anstehenden Themen und Aufgaben unter aktuellen Entwicklun-gen und Betrachtungen dargestellt. Vorträge von Experten und Praktikern zu innovativen Handhabungen, aktuellen Argumentationen und neuen Erkenntnissen bieten ausrei-chend Diskussionsstoff. Lebendig, praxis-nah und nach aktuellem Stand der Technik können Reinraumverantwortliche ihren Wissensstand erweitern. Der Campus der Cleanroom Future AG in Wangen beinhaltet parallel eine messe-ähnliche Ausstellung mit den neuesten Systemen, Services und Produkten, die Reinraumverantwortliche für den laufenden Betrieb benötigen.

Programm/Inhalte

Session 1 – Überdimensionierter Reinraumbau• Welche verlässliche Grundlage bieten Normen und Richtlinien?• Moderne Reinraumtechnik bei Planung und Konstruktion• Risikoanalyse: Wer entscheidet, wie viel Rein-raum genug ist?• VDI 2083 in der Uhrenindustrie und der Medizin-technik• Von der technischen Sauberkeit zum Reinraum und zurück

Session 2 – Überdimensionierter Reinraum-betrieb• Reinheit und Sauberkeit für Mikroelektronik, Mechanik- und Uhrenindustrie• Aus Daten Produktionen optimieren• Viel hilft viel: Arbeiten wir zu steril?• Ideale Einkaufsstrategien zur Qualitätssicherung• Reinräume qualifizieren und optimieren

Session 3 – Für die Zukunft lernen• Entwicklungen zu hygienischen und sterilen Fertigungen in der Lebensmittelindustrie• Modernes Reinraumdesign fördert Produktions-effizienz• Umgang mit Personal, Führung, Kommunikation und Motivation• Zukunft und Innovation: Triebfeder Neugier

Session 4 – Airborne Molecular Contamination (AMC)Der AMC-Workshop hat sich in den vergangenen Jahren als idealer Treffpunkt von Experten und Anwendern aus Mikroelektronik, Raumfahrt und Automotive bewährt, die sich innerhalb ihrer Pro-duktions- und Forschungsstätten mit Airborne Molecular Contamination beschäftigen. Diskussionen über neue Mess- und Analyseverfah-ren sowie praktische Umsetzungen von Anwendern bieten sofort nutzbares Wissen. (Separat buchbar)

Zielgruppe: Manager aus Facility, Quality und Supplychain, Reinraumverantwortliche, Betriebs-leiter

Eventsprache: Deutsch

Dauer: 2 TageTag 1: 10 – 18 UhrTag 2: 9 – 13 Uhr und 14 – 17.30 Uhr AMC-Workshop

Teilnehmen kann jeder, dessen Idee einen Techno- logievorsprung oder Effizienzgewinn in der Reinraum-

branche bewirken könnte. Das heißt, die Idee muss noch keine Marktreife haben.

Machen Sie sich zum nächsten Gewinner! Alle Informationen finden Sie auf cleanroomfuture.com

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Bewerben Sie sich noch heute und nutzen Sie diese Plattform für Ihren Erfolg.

Bewerbungsschluss ist der 31.8.2019.

Sind Sie bekannt für Innovationen und nach- haltige Lösungen in der Reinraumbranche?

Machen Sie mehr daraus! Bewerben Sie sich für den Cleanroom Future Award, der Innovations-

preis für Reinheitstechnologien.

Seit 2012 würdigt dieser Preis Menschen und ihren unternehmerischen Mut, Dinge anders als bisher anzu-

gehen. Prämiert werden wegweisende Fortschritte hinsichtlich Innovation, Nachhaltigkeit und Effizienz

im Bereich der Reinraumtechnologie.

Ihr NutzenGroße, öffentliche Wahrnehmung Hohe Resonanz in der Fachpresse

Mehr Erfolg im VertriebHöhere Bekanntheit bei Ihrer Zielgruppe

Und ein Preisgeld in der Höhe von 3.000 Euro!

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Reinraumbranche!

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SAVE THE DATE!

18./19.9.2019

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KOLUMNE: REINE TIPPS, REINE FRAGEN

Stellen Sie sich vor, Sie sind neu im Job – zum Beispiel als Reinraumverantwortlicher – im Unternehmen und im Team. Als Neuer haben Sie etwas, um dass Sie die langjährigen Angestellten wahrscheinlich benei-den: Sie haben die Chance, ungestraft zu allem Fragen zu stellen:

Fragen an den Vorgesetzten:→ Was hat mein Vorgänger richtig gemacht?→ Was hat er falsch gemacht?→ Welche Veränderungen erwarten Sie von mir? Warum?→ Was sollte so bleiben, wie es ist? Warum?

Fragen an den Vorgänger:→ Welche Dinge haben oberste Priorität?→ Gibt es sensible Bereiche, auf die ich achten sollte? Warum? → Wie wurde bisher damit umgegangen?

Fragen an die Mitarbeiter:→ Können Sie mir Ihr wichtigstes Projekt, Ihren wichtigsten Arbeitsschritt vorstellen? → Wo haben wir Engpässe? Welche? Warum?→ Wie lange brauchen wir für welche Arbeitsschritte?→ Was brauchen Sie, um effektiv arbeiten zu können?→ Welche neuen Aufgaben oder welche Möglich- keiten hätten Sie gern?

Mit 12 Fragen erfolgreich den neuen Job beginnen

So bekommen Sie die Antworten, die Sie brauchen

Im nächsten Magazin stellen wir Ihnen Fragen vor, die helfen können, einen Konflikt im Team zu lösen, bei dem alle ihr Gesicht wahren.

Im letzten Magazin eröffneten wir unsere Kolumne «Reine Tipps» mit der japanischen 5-W-Methode des Toyota-Managers Taiichi Ōno. Mit ihr war es möglich, durch klug formulierte Warum-Fragen Probleme nachhaltig zu lösen und so vom System zur Ursache zu kommen. In dieser Kolumne führen wir unseren Fragen-Exkurs fort. Denn: Die Kunst des Fragens ist essentiell für Mitarbeiter, Vorgesetzte, Manager und Unternehmen generell. War früher oftmals austauschbare Manpower der entscheidende Unternehmensvorteil, sind es heute individuelle Brainpower und Erfahrungswerte einzelner Mitarbeiter. Wie kommen Sie an diesen Schatz? Durch Fragen. Sie sind jedoch auch ein günstiges und allzeit verfügbares Hilfsmittel für jeden, der mit beruflichen oder strukturellen Veränderungen konfrontiert ist. Mit klugen Fragen signalisieren Sie Interesse am Gegenüber, Offenheit und Professionalität. Oder, um den ameri- kanischen Wirtschaftsjournalisten Andrew Finlayson zu zitieren: «Wer sich das Fragen zur Grundeinstellung wählt, wird erfolgreich sein. Unternehmen, die eine Kultur des Fragens fördern, werden erfolgreich sein.»

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Wie ein simpler Klapptisch für Service-techniker zu einer Innovation wurde und den Cleanroom Future Award gewann

VON KAI DÜRFELD

Im Mai 2019, ein gutes halbes Jahr später, hat die Clean-room-Future-Redaktion bei KEK in Laußnitz nahe Dresden an die Tür geklopft. Redaktionsteam, Filmcrew, Fotograf und Frank Duvernell, der Stifter des Awards, wollten wissen, wie es den Preisträgern heute geht, wie sich der Gewinn bisher aus-wirkte und ob vielleicht schon weitere Innovationen auf uns warten.

Dr. Mathias Schirmer erwartet uns schon. Als langjähriger Vertriebsleiter und heutiger Business Development Manager wird er uns, gemeinsam mit seinen Kollegen, heute Rede und Antwort stehen. Ihn begleiten Uwe Koal, der als Projektleiter Reinraum direkt an der Entwicklung des Tisches beteiligt war und Tom Trautmann, Gruppenleiter Projektmanagement. Un-sere Gastgeber führen uns durch das Entree, vorbei an Stühlen aus schimmerndem Metall hin zu einer großen Tür. Schirmer drückt sie schwungvoll auf, und schon sind wir mittendrin in der Welt der Metallverarbeitung.

Eine Geräuschkulisse wie in einer TechnodiscoArbeiter hantieren mit Stahlblechen; große Scheren

schneiden sich durch das Metall wie durch Butter; es riecht nach Metall, das von der Schweißgasflamme verarbeitet wird; die Luft ist lärmgeschwängert. Da ist zum Beispiel die riesi-ge Presse gleich zur Linken. In sturer Regelmäßigkeit fällt ihr Stempel auf das Stahlblech. Mit 30 Tonnen knallen die Finger Löcher ins Metall. Das ohrenbetäubende, monotone Hämmern erinnert an eine Technodisco in Slow Motion. Das helle Klim-pern der ausgestanzten Edelstahlblättchen erinnert an einen Spielautomaten, der den Hauptgewinn ausspuckt.

Hier entstehen Möbel aus einem faszinierenden Mate-rial: Edelstahl. Genauer gesagt, sind es Chrom-Nickel- und Chrom-Nickel-Molybdän-Stähle, die zu Spülbecken, Arbeits-

tischen, Sitzgelegenheiten und vielem anderen mehr werden. Damit beliefert die KEK nicht nur Großküchen-, Labor- und Reinraumausstatter; hier entstehen auch Möbel für den exklu-siven Koch- oder Outdoor-Grillbereich und die Jachten einer internationaler Luxus-Klientel.

Schirmer öffnet eine Glastür. Wir stehen im Showroom. Gleich zur Linken strahlt ein massiger Seziertisch eine kühl- distanzierte Professionalität aus. Ein kurzer Schauer läuft uns über den Rücken. Wir erfahren, dass ein Großteil der Sezier-tische, die wir aus einer der der beliebtesten deutschen TV-Se-rien kennen, aus Laußnitz stammt. Doch wir sind hier in Sa-chen Reinraum, nicht im «Tatort».

Zur Rechten steht ein Werktisch aus solidem Edelstahl. Unser Blick fällt auf die Arbeitsfläche. Im kalt wirkenden Me-tall sind Flächen aus wärmerem Kunststoff eingelassen, genau dort, wo typischerweise ein Arbeiter seine Unterarme plat-ziert. Schirmer streicht mit der Hand über die Arbeitsfläche. «Bei diesem Prototyp stand die Ergonomie im Mittelpunkt. Wir wollten dem Mitarbeiter im Reinraum einen angenehmen, gut temperierten Arbeitsplatz bieten. Edelstahl im Labor kann, selbst durch den Overall hindurch, sehr kalt wirken. Die Idee dazu wurde übrigens auf einer Fachveranstaltung zu diesem Thema in Leipzig geboren.» Projektleiter Reinraum Uwe Koal fügt dazu: «Für uns sind solche Events – oder auch Messen wie die Cleanzone in Frankfurt – immer eine Gelegenheit zum Er-fahrungsaustausch, die wir nicht mehr missen möchten.»

Redaktionsbesuch in der Werkhalle der Macher

Ein reinraumtauglicher Wagen aus Edelstahl, der – mit ein paar Handgriffen und in weni-gen Minuten zusammengeklappt – in jedem Kofferraum Platz findet, leicht zu tragen ist, durch jede Reinraumtüre passt und sauber in Folie eingeschweißt auch jegliche Kontami-nation verhindert: Das war die Innovation, die ihren Schöpfern, der KEK GmbH, auf der Cleanzone 2018 den begehrten Cleanroom Award einbrachte.

VON ANDEREN LERNEN > UNTERWEGS IM REINRAUM – TEIL 1 VON ANDEREN LERNEN > UNTERWEGS IM REINRAUM – TEIL 1

Das ist KEKAlles begann 1991 unter dem Namen «Königsbrücker Edelstahl- und Küchentechnik GmbH» als reiner Zulieferbetrieb in Königsbrück bei Dresden. Später folgte dann der Umzug nach Laußnitz, erste eigene Produkte stellten den Wandel vom reinen Lohnfer-tiger zum eigenständigen Anbieter sicher. Neben den Möbeln für die Gastronomie und Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung entstanden Möbel für Betriebseinrichtungen, Reinräume und Labore. Drei der Macher v.l.: Alexander Borrmann, Tom Trautmann, Uwe Koal.

Die Cleanzone als IdeenkatalysatorDort wurde auch der Grundstein für den preisgekrönten

Reinraumwagen gelegt. «Wir kamen mit Gernod Dittel von Dit-tel Engineering ins Gespräch», erzählt uns Koal. «Er hatte schon so einen Wagen im Kundeneinsatz für seine Servicetechniker, der ließ sich auch zerlegen. Allerdings mussten dazu eine Men-ge Schrauben gelöst werden. Für das Auseinander- und wieder Zusammenbauen saßen die Techniker zusammengenommen bis zu einer Stunde. Der Aufwand war einfach zu groß. Deshalb wollte Gernod Dittel von uns wissen, ob wir nicht etwas Einfa-cheres machen könnten.» Und KEK konnte.

Dr. Mathias Schirmer erklärt einzelne Arbeitsschritte. Hinter der Fertigung von Becken stecken mehr Arbeitsschritte, als die Redaktion erwartete.

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EdelstahlDarum ist er für den Einsatz in Reinräumen idealDie DIN EN 10020 definiert Edelstahl als unlegier-te oder legierte Stähle von besonderer Reinheit. Nicht erwünschte Elemente wie etwa Phosphor oder Schwefel kommen darin nur in verschwindend kleinen Mengen vor.Umgangssprachlich wird vor allem das mit Kohlen-stoff, Chrom und Nickel legierte Eisen als Edelstahl in Verbindung gebracht. Übersteigt der Chromanteil da-bei 10,5 Prozent, ist der Edelstahl rostfrei.Dass solche Chrom-Nickel-Stähle ebenso wie ihre verwandten Chrom-Nickel-Molybdän-Stähle gerade-zu ideale Materialien für Reinräume sind, hat gleich mehrere Gründe: Sie lassen sich leicht verarbeiten, sind langlebig und vollständig recycelbar. Sie korro-dieren nicht, und viele Säuren und Laugen können ihnen ebenfalls nichts anhaben. Sie lassen sich leicht reinigen und sind außerdem lebensmitteltauglich.Mehr als 48 Millionen Tonnen rostfreien und hitzebe-ständigen Edelstahls wurden 2017 weltweit produ-ziert, davon rund 8 Millionen Tonnen – also über 16 Prozent – in Deutschland.

VON ANDEREN LERNEN > UNTERWEGS IM REINRAUM – TEIL 1 VON ANDEREN LERNEN > UNTERWEGS IM REINRAUM – TEIL 1

Wir wollen mehr von der Fertigung sehen, öffnen die Tür zur Werkhalle, und schon werden Ohren, Augen und Nase wieder mit Reizen überflutet. Keine drei Meter entfernt schiebt sich ein greller Lichtpunkt über die Verbindungslinie zweier Edelstahl-platten. «Linearschweißen» nennt sich das und ist für flächige Gebilde gut geeignet. In einer kleinen Kabine sitzt ein Mitarbei-ter mit einem Handschweißgerät. Filigrane und dabei hochsta-bile Schweißnähte für Tischgestelle sind seine Spezialität. Um das gut zu können, braucht man jahrelange Erfahrung.

Damit sich kein Staub auf ihrer Oberfläche ansammeln kann, sind die Tischplatten für Reinraumanwendungen oft-mals mit Löchern versehen. Auch dies übernimmt die Stanze.

Ein riesiger Hightechlaser brennt sich durch das Metall. Neugierig schauen wir durch die seitliche Abdeckung und fol-gen dem Punkt aus Energie, der sich durch das Material frisst. Zwischen all der Hightech zieht ein grünes Ungetüm unsere Blicke auf sich. Es wirkt wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Der «Gummikoffer» – ein Stahlkoloss aus den 1950ern – ruht auf riesigen Hydraulikzylindern. Trautmann ist unsere Neu-gier nicht entgangen: «Auch wenn es auf den ersten Blick nicht danach aussieht, das ist ein wahrer Schatz.» Er greift nach ei-nem Rohling für ein Spülbecken. «Mit dieser Maschine können wir die Bleche so verformen, dass Wulstränder entstehen, gut geeignet für Spülenabdeckungen aller Art. Das geht unheim-lich schnell und ohne, dass wir erst Wärme in das Material ein-tragen müssen.» Den Gummikoffer hätten sie vor dem Schrott-platz gerettet, erzählt er. Im Umkreis von 300 Kilometern wür-den wir keine zweite Maschine dieser Art finden.

Wie es zur Bewerbung für den Award kamFasziniert verlassen wir die Fertigung. Als die Tür hinter

uns ins Schloss fällt, ebbt auch die Geräuschkulisse ab. Dafür steigt ein Duft in unsere Nasen, der an einen mediterranen Zi-tronenhain erinnert. «In der Endmontage», verrät einer der Werker, «nutzen wir Citrusspray, um die Bauteile zu reinigen und zu entfetten.» Auch die Klapptische werden hier für den Versand bearbeitet, bevor sie sicher verpackt auf die Reise zum Kunden gehen. Einige Servicetechniker erwarten sie bereits. Denn alle Werkzeuge und Messgeräte wohl sortiert abzule-gen und bequem durch den Reinraum zu transportieren, er-leichtert ihnen die Arbeit enorm. Dass sich der Wagen einfach transportieren und so schnell aufbauen lässt, spart Zeit, in der sie sich mit ihren eigentlichen Aufgaben befassen können. Der Klapptisch war demnach «nur» die logische Antwort auf ein offensichtliches Bedürfnis.

Ob sie wohl dachten, dass ihr Tisch einmal den Cleanroom Award heimbringen würde? «Mein erster Gedanke, als das Thema Bewerbung im Raum stand, war: Haben wir als kleines Unternehmen dort überhaupt eine Chance?» Mathias Schir-mer lacht. «Die Konkurrenz war beachtlich. Wir sind angetre-ten gegen Unternehmen aus den USA oder der Schweiz und gegen Größen wie Fraunhofer.» «Auf der anderen Seite hatten wir ein sehr praktisches, verständliches Thema», ergänzt Uwe Koal. «Und die Jury bestand aus lauter Praktikern. Trotzdem war es für uns unfassbar, dass wir gewonnen haben.»

Wir sind mittlerweile im Besprechungsraum angelangt und wollen es jetzt ganz genau wissen: Was hat einen Mittelständler wie die KEK mit einem grundsoliden Produkt wie Edelstahlmö-beln dazu getrieben, sich für den Preis zu bewerben? «Wir woll-ten Aufmerksamkeit», bringt es Schirmer auf den Punkt. «Wir hatten die Möglichkeiten, auf der Plattform der Cleanzone ei-nen Vortrag zu halten. Wir konnten Unternehmen und Produkt vorstellen. Und das alles ohne größeren Extraaufwand. Denn der steckte ja schon im fertigen Produkt.»

Das Resultat: Respekt und gestiegene ReputationStück für Stück vervollständigt sich unser Puzzle von einem

der Cleanroom-Award-Gewinner. Doch um ein umfassendes Bild zu erhalten, will unsere Filmcrew jetzt noch hoch hinaus. Auf dem Parkplatz haben Filmemacher Timo Breidenbach und sein Assistent Stefan Kühne eine Drohne startklar gemacht. Sie soll den Rahmen von oben festhalten. Während die Drohne ab-hebt, bleibt Zeit für die letzte Frage an unsere Gastgeber: Wie

hat es sich bisher ausgezahlt, dass sie den Cleanroom Award mit nach Hause nehmen durften?

Die ersten Anfragen, erinnert sich Schirmer, seien schon kurz nach Bekanntgabe der Nominierung eingegangen. Seit-her entwickeln sich die Verkaufszahlen langsam, aber stetig nach oben – und das, obwohl der Tisch ein eher spezielles Pro-dukt ist. «Der Gewinn hat uns schon auf der Messe einen un-heimlichen Schub an Aufmerksamkeit gebracht. Das hat uns bei der Kontaktpflege extrem geholfen.» Auch Koal freut sich über den Imagegewinn. «Unser Bekanntheitsgrad ist gestie-gen. Und die Wertschätzung für unsere Produkte durch die Kunden – und bei unseren eigenen Mitarbeitern. Wir werden seitdem von außen einfach anders wahrgenommen.» ●

Der ganze Film auf: www.cleanroomfuture.com/page/cleanroom-future-award

Alexander Borrmann wurde nach seinem Studium vom Unternehmen über-nommen. Als Konstrukteur war er maßgeblich an der Gestaltung des Tisches beteiligt. Zum Team von KEK gehört er schon seit seiner Studienzeit an einer Berufsakademie.

Für die Interviews wurde das Foyer umgebaut. Preisstifter Frank Duvernell übergibt fürs Foto nochmal symbolisch den Award.

CREATIVEPRIZE

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Bewerbungsschluss ist der 31.8.2019.

Haben Sie einen schönen Reinraum? Aber außer Ihren Mitarbeitern ist er unbekannt?

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den Ehrenpreis für kreativ gestaltete Reinräume.

Der Ehrenpreis würdigt das kreativste Konzept in Idee oder Umsetzung aus den Bereichen Farbe,

Form, Licht, Ergonomie oder Architektur. Der Creative Prize wird für den optisch oder

ergonomisch am kreativsten gestalteten Reinraum verliehen. Gewürdigt wird: Eine Alternative zum

«weißen Rauschen» im Reinraum.

Ihr NutzenGroße, öffentliche Wahrnehmung Hohe Resonanz in der Fachpresse

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Ihre Kreativität!

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VON KAI DÜRFELD

Die Eindrücke des Redaktionsbesuches beim Award-Ge-winner KEK waren noch frisch, da trieb es Cleanroom Future wieder hinaus in preisgekrönte Reinräume. Im April standen das Cleanroom Future-Redaktionsteam, die Filmcrew und un-ser Fotograf bei MED-EL im Österreichischen Innsbruck vor der Tür und kurz darauf schon auf dem Dach des 2018 fertiggestell-ten imposanten Gebäudes inmitten der Alpen.

Die Drohne, die bei KEK noch zum Einsatz kam, muss dies-mal leider im Koffer bleiben – zu nah ist der Innsbrucker Flug-hafen, zu tief fliegen die Maschinen über den liebevoll gestal-

Hightech für die Ohren, Farbe für die Seele

teten Dachgarten. Doch Luftbilder braucht es heute nicht. In welche Himmelsrichtung wir uns auch wenden, das Panorama ist für jeden «Flachlandgeborenen» atemberaubend. (Unsere Redaktionsräume befinden sich mitten in der «Leipziger Tief-landbucht», unser mächtigster Berg ist 153 m hoch). Wir sind also begeistert.

Die größte Stadt Tirols liegt in einem Tal, umgeben von ei-ner Gebirgskette des Karwendels und dem Patscherkofel. An ihren Ausläufern geht die Bebauung in Bergwiesen über, an die sich bewaldete Hänge anschließen, die schließlich in schnee-bedeckte Gipfel münden. Der Blick schweift in die Ferne. Der Kopf wird frei. «Genau das war auch die Intention bei unserem

Redaktionsbesuch beim Gewinner des Creative Prize

Müssen Reinräume zwingend in technisch kühlen Farben gestaltet sein? Nein! Das beweist das österreichische Unternehmen MED-EL, das nicht nur ein Team von Farbpsychologen, sondern auch seine eigenen Mitarbeiter in die Gestaltung der neu gebauten Räume einbezo-gen hat. Wir haben die Gewinner des Creative Prize 2015 und 2018 vor Ort besucht.

ersten kreativen Bau-Projekt, bei dem wir die Sicht auf die Ber-ge in den Reinraum geholt haben. Damit gewannen wir 2015 auf der Cleanzone den ersten Creative Prize», sagt Christian Dragosits. «Wir», das sind der Reinraumverantwortliche und Gruppenleiter der Anlagentechnik sowie sein Chef und Kollege Alexander Mayr, Head of Implant Manufacturing. Die beiden sind auch die treibenden Kräfte hinter dem wohl am kreativs-ten gestalteten Reinraum der Welt: dem Korpus Delikti ihres zweiten Creative Prize-Gewinns im Jahr 2018 und Grund unse-rer heutigen Reise.

Doch erst einmal folgen wir den beiden ins einige Jahre äl-tere Nachbar-Gebäude, Gewinner des Creative Prize 2015, denn um die Beweggründe für ihren neuen Coup besser zu verstehen, wollen sie uns ihr erstes Designprojekt genauer zeigen. Wenige Minuten später betreten wir einen schmalen Gang, der Rund-weg führt einmal um die ganze Etage – voll verglast nach bei-den Seiten. Links sehen wir: Mitarbeiter in Reinraumkleidung fügen unter Mikroskopen mit konzentrierter Routine verschie-dene Bauteile zu Cochlea-Implantaten zusammen. Rechts: schneebedeckte Berge, die bis in den strahlend blauen Himmel reichen. Den gleichen Ausblick haben auch die Mitarbeiter.

Creative Prize 2015 für Bergpanorama im Reinraum«Normalerweise gibt es im Reinraum wenig Abwechslung

fürs Auge», erzählt uns Dragosits. Er weiß, wovon er spricht, denn ebenso wie sein Kollege Mayr bringt er viel Reinraum-erfahrung mit. «Oft ist der gesamte Raum weiß und ohne Ta-geslicht. Arbeitet man in so einer Umgebung, bietet das dem Gehirn kaum Abwechslung. Das führt auf Dauer zu einem re-gelrechten Rauschen im Gehirn, die Konzentration sinkt.» Die Lösung für dieses Problem – und dafür erhielten sie 2015 den erstmals ausgelobten Cleanroom Creative Prize – war so sim-pel wie wirkungsvoll: Dragosits, Mayr und ihr Architekt ersetz-ten die üblicherweise weißen Wände durch eine riesige Fens-terfront. Jetzt können die Blicke ihrer Mitarbeiter in die Ferne schweifen, das Auge kann sich erholen und die Konzentrati-onsfähigkeit bleibt länger auf einem hohen Niveau.

«Aber das war nur ein erster Schritt. Im Reinraum zu arbei-ten, ist für sehr viele Mitarbeiter eine große Herausforderung», fügt Mayr hinzu und spricht noch einen der typischen Schwie-rigkeitspunkte des Arbeitens unter kontrollierten Bedingun-gen an: «Während man sich sein Büro mit Pflanzen oder Fami-lienbildern persönlich gestalten kann, geht das im Reinraum nicht.» Dabei, so erzählt er weiter, hätten seine Mitarbeiter frü-her schon die Möglichkeit gehabt, einlaminierte Bilder in ihrer Werkzeugkassette anzubringen. «Das waren dann aber auch die einzigen Farbflecken.» Um die Winterzeit vor einigen Jah-ren kam ihnen der Aha-Moment: «Als wir gesehen haben, dass

sich Mitarbeiter eine Weihnachtsdekoration aus Reinraumpa-pier gebastelt haben, war uns klar, dass wir etwas tun mussten. Und ganz nebenbei – eine weiße Dekoration auf weißer Wand ist nicht wirklich erbaulich.»

Ein neues Projekt musste her, um mehr Farbe in den Rein-raum zu bringen. Doch welche Farbe? Und wie? Mayr erinnert sich: «Die ersten Berührungspunkte mit dem Thema hatte ich in Leipzig bei einem Vortrag vom Farbexperten Alfred Schlei-cher, den Frank Duvernell auf seinem Campus organisiert hat-te. Es ging um Farbpsychologie. Dabei lernte ich: Farbgestal-tung schafft Entspannung auf elegante Weise. Deshalb haben wir für unsere neuesten Reinräume im Nachbargebäude auch ein Farbkonzept entwickelt. Als ich dann Christian Dragosits zu einem weiteren Vortrag mitnahm, standen wir bereits mit-ten in der Planung.»

VON ANDEREN LERNEN > UNTERWEGS IM REINRAUM – TEIL 2 VON ANDEREN LERNEN > UNTERWEGS IM REINRAUM – TEIL 2

Das ist MED-ELIm Jahr 1975 begannen Ingeborg und Erwin Hochmair an der Universität Wien an einem Mehrkanal-Coch-lea-Implantat zu forschen. Bereits zwei Jahre spä-ter trugen ihre Bemühungen Früchte: Ein Spezialist an der HNO-Universitätsklinik verband die flexible Elektrode ihrer Erfindung mit der Hörschnecke eines Patienten. Ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Taubheit war getan und der Grundstein für die MED-EL gelegt.Als Sitz für sein Start-up wählte das Ehepaar Hoch-mair Innsbruck. Seit 1990 entwickelt und baut das Med-Tech-Unternehmen implantierbare Hörsyste-me, neben Cochlea- auch Mittelohr- und Knochen-leitungs-Implantate. Heute beschäftigt MED-EL über 2.000 Mitarbeiter weltweit. Zusammen haben sie dafür gesorgt, dass mehrere 100.000 Patien-ten wieder hören können. Einen hohen Stellenwert im Unternehmen hat nach wie vor die Forschung. So stammt nicht nur der erste «Hinter-dem-Ohr-Audio-prozessor» aus dem Hause MED-EL, sondern auch das erste aktive Knochenleitungsimplantat.Um Menschen tief in die Geheimnisse des Hörens einzuweihen, hat das Unternehmen 2013 in Inns-bruck das AUDIOVERSUM eröffnet. Multimedial und interaktiv verbindet das Science Center Bildung mit Medizin und Technik mit Kunst und will damit Groß und Klein eine faszinierende Sinneswahrnehmung nä-herbringen.

«Als sich Mitarbeiter eine Weihnachtsdekoration

aus Reinraumpapier gebastelt hatten, war uns klar, dass wir etwas tun müssen.»

Christian Dragosits, Gruppenleiter Wartung und Umweltkontrolle, MED-EL

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VON ANDEREN LERNEN > UNTERWEGS IM REINRAUM – TEIL 2 VON ANDEREN LERNEN > UNTERWEGS IM REINRAUM – TEIL 2

Kurz erklärt: Das sind Cochlea-ImplantateCochlea-Implantate sind Hörprothesen für Gehörlo-se. In einem kleinen Knopf, meist hinter dem Ohr, be-findet sich ein Mikrofon. Das nimmt alle Umgebungs-geräusche auf und leitet sie an einen Mikroprozessor weiter. Der verarbeitet die Ströme zu digitalen Sig-nalen, eine Sendespule überträgt diese per Hochfre-quenz zum Empfänger, der sich im eigentlichen Im-plantat befindet, das in die Schädeldecke eingelassen ist. Dort werden die digitalen Signale wieder in Strö-me umgewandelt und über hauchdünne Drähte durch die Hörschnecke direkt in den Hörnerv geleitet. Jeder Draht steht für einen eigenen Kanal, reizt eine eigene Stelle am Nerv und repräsentiert damit eine andere Frequenz des wahrgenommenen Schalls. Je stärker der Strom, desto lauter der Ton. Nach dem medizinischen Eingriff müssen der Patient trainieren – fast so, als würde er eine fremde Sprache erlernen, denn das Gehirn muss sich auf die neuen Reize erst einstellen. Die ersten Cochlea-Implantate, damals noch einkanalig, stammten vom US-amerika-nischen Mediziner William Fouts House. Auf mehrere Kanäle für die Signalübertragung – und damit einen wesentlich differenzierteren Höreindruck – setzten Ingeborg und Erwin Hochmair. Das von ihnen entwi-ckelte Mehrkanal-Cochlea-Implantat wurde erstmals 1977 in Wien implantiert. Ein Jahr später folgte der australische Chirurg und HNO-Arzt Graeme Milbour-ne Clark mit seinem Implantat ihrem Beispiel. House, das Ehepaar Hochmair und Clark gelten weltweit als Pioniere für implantierbare Hörsysteme. Damit ein Cochlea-Implantat funktionieren kann, muss der Hörnerv des Patienten intakt sein. Ist dieser beschä-digt, bleibt noch der direkte Weg ins Hirn. Beim Hirn-stamm-Implantat, einer Variante des Cochlea-Im-plantats, enden die feinen Drähte nicht im Hörnerv, sondern im ersten Hörkern des Hirnstamms.

Creative Prize 2018 für Farbpsychologie im ReinraumJetzt sind wir neugierig auf das Ergebnis, doch unsere Gast-

geber zeigen uns zuerst ihren Showroom. Bevor wir den Mitar-beitern in den neuen Reinräumen bei der Elektrodenfertigung über die Schulter schauen, sollen wir die fertigen Produkte kennenlernen. Mayr öffnet eine der Schubladen unter der di-cken Glasplatte und nimmt ein Implantat heraus. «Wir haben ein kreatives Produkt. Wir ermöglichen gehörlosen Menschen, wieder – oder erstmals überhaupt – zu hören. Dieselbe Kreati-vität wollen wir auch bei der Herstellung unserer Produkte an den Tag legen und damit unseren Mitarbeitern eine gute Um-gebung schaffen.» Das Implantat, das er in seiner Hand hält, hat ein feines Bündel hauchdünner Drähte. Diese werden spä-ter mit dem Hörnerv verbunden. Sie herzustellen, so versichert er, sei alles andere als trivial. «Das ist eine schwere Arbeit, teil-weise wirklich ein Knochenjob. Ich meine, unsere Mitarbeiter legen unter dem Mikroskop hochkonzentriert und mit ruhiger Hand Drähte ein, die halb so dünn sind wie ein menschliches Haar. Und das den ganzen Tag.»

Das und natürlich auch das preisgekrönte Farbdesign wol-len wir mit eigenen Augen sehen. Dafür müssen wir uns zu-erst reinraumtauglich anziehen. Das Einschleus-Prozedere be-ginnt. Wir wechseln in Unterkleidung und Kittel, Haarpracht und Dreitagebart werden sorgsam abgedeckt und ein Antista-tik-Armband angelegt. So wechseln wir die Seiten von sauber zu rein und stehen kurze Zeit später mitten in einem imposan-ten Reinraum.

Als erstes fällt der Fußboden auf. Das warme Braun strahlt tatsächlich Wohlbehagen und Freundlichkeit aus. «Für mich musste Reinraumboden bisher immer grau sein. Oder blau.

Denn der in meinem ersten Reinraum war blau. Dann haben wir unsere Mitarbeiter in den Prozess einbezogen und die Far-be für den Boden aussuchen lassen, herausgekommen ist ein Braunton. Das habe ich zuerst gar nicht verstanden», erinnert sich Dragosits.

Wir stehen mittlerweile an einem der Arbeitsplätze. Über ein Mikroskop gebeugt, legt Edita Dedic die hauchfeinen Dräh-te in eine Form aus Metall und hüllt sie anschließend in Sili-kon. Wenn sie aufschaut, sieht sie auf Wellen in zarten Blau- und Grüntönen, die sich in Augenhöhe über die gläserne Rück-wand der Arbeitsplätze ziehen. An den Seitenwänden hängen überlebensgroße Poster von Musikern und Konzerten – pas-send zum Thema «Hören». «Der neue Reinraum ist viel weit-läufiger, viel offener», sagt Dedic, die schon seit fünf Jahren im Unternehmen arbeitet. «Es ist hell. Wir haben viele Fenster und natürlich die Farben ringsherum. Alles zusammen macht es sehr angenehm, hier zu arbeiten.»

Mitarbeiter in Farbgestaltung einbezogenDas entgeht auch den Chefs nicht. «Wir merken, dass ein-

fach eine ruhige und konzentrierte Stimmung herrscht», freut sich Dragosits. «Es läuft einfach. Es knuspert nicht zwischen den Mitarbeitern. Und die finden außerdem richtig gut, dass ihre Wünsche in den neu gestalteten Reinraum eingeflossen sind.» Und die Bewerbung für den Designpreis? «Als wir 2015 gewannen, haben wir wohl Blut geleckt», erinnert sich Mayr. «Und dann war da auch dieser Wettbewerbsgedanke.» Drago-sits grinst. «Nachdem Frank beim ersten Mal so viel Input gege-ben hatte, wollten wir nun zeigen, dass wir auch allein kreativ sein können.» Der Award und das anerkennende Nicken der Cleanroom Media-Crew bescheinigen den beiden, dass sie ihr Ziel erreicht haben.

Bevor wir den Reinraum verlassen, fällt unser Blick auf ein recht eigentümliches Gerät an der hinteren Wand des Ein-schleusbereichs. Eine schwarze Plastikrolle ist, frei drehbar, an einer Stahlschiene befestigt. Dragosits bemerkt unsere fragen-den Blicke. «Das ist eine Faszienrolle», sagt er und demonst-riert die Anwendung. «Die Rolle ist für jede Körpergröße ein-stellbar. Sie zu nutzen, löst hartnäckige Verspannungen, die bei einer sitzenden Tätigkeit schnell entstehen können. Und bei uns müssen die Mitarbeiter für die Nutzung den Reinraum nicht verlassen.» Wir erfahren, dass für MED-EL neben Design auch Ergonomie am Arbeitsplatz eine große Rolle spielt. Doch diese Geschichte wird ein anderes Mal erzählt. ●

«Wir merken, dass durch die Farbgebung einfach

eine ruhige und konzentrierte Stimmung herrscht.»

Alexander Mayr, Head of Implant Manufacturing

Edita Dedic vor ihrem Arbeitsplatz.

In allen Räumen: Bildmotive mit Musik – auch in einem Besprechungszimmer. Spiegelt sich am Gebäude und ist vom Reinraum aus zu sehen: der Karwendel.

Wie die Farbauswahl zustande kamAlfred Schleicher, ausgebildeter Dipl.-Farbberater erarbeitet seit den 1980ern Farbkonzepte für Indus-trieanlagen. Seit Anfang 2019 führt Cordula Bahm, Dipl.-Innenarchitektin, Farbgestalterin und -psycho-login, das Farbatelier Schleicher fort. Die Basis der Raumgestaltung bei MED-EL waren umfangreiche Mitarbeiterbefragungen durch Fragebögen. Ein Vorgehen, das maßgeblich zur späteren Akzep-tanz nicht nur der ausgewählten Farben, sondern auch der neu designten Arbeitsplätze beitrug. Schleicher und Bahm fertigten für jede Etage Kon-zepte an. Zusammen mit der hauseigenen Designe-rin Susanne Almadin, die die Gestaltung der Folien verantwortete, wurde anschließend das umgesetzt, womit die Mitarbeiter sich identifizieren konnten.

Kurze Erklärung, dann kann das Einschleusprozedere beginnen.

Machen Sie sich zum nächsten Gewinner! Alle Informationen finden Sie auf cleanroomfuture.com

Sind Sie dabei?Bewerbungsschluss:

31.8.2019!

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MESSEN UND EVENTS

9. – 11.9.2019 | Seminar Praxisorientierte Fortbildung «Systeme und Konzepte der Reinraumtechnik» Hermann-Rietschel-Institut, TU Berlin | Berlin (D)

18. – 20.9.2019 | Seminar Der Validierungsbeauftragte in der pharmazeutischen Industrie (QV 16) | Concept Heidelberg GmbH | Berlin (D)

18. – 19.9.2019 | Tagung Quality Cleanroom ForumCleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

19.9.2019 | Workshop AMC WorkshopCleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

24.9.2019 | Seminar Mindset Cleanliness: ReinraumverhaltenCleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

24. – 27.9.2019 | MesseILMAC – Industriemesse für Pharma und ChemieMesse Basel | Basel (CH)

25.9.2019 | Seminar Mindset Cleanliness: ReinraumreinigungCleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

26. – 27.9.2019 | Seminar Professionelles ReinraummanagementCleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

9.10.2019 | Seminar Profil 1: Basis Level – Cleanroom Cleaning OperatorCleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

SERVICE > TERMINE

Main Partner Process

Neu parallel zur ILMAC

Platform for Chemistry,Pharmacy and Biotechnology

24. bis 27. September 2019 | Messe Basel | ilmac.ch

Jetzt registrieren:www.ilmac.ch/registration

NETZWERK UND WISSENSTRANSFER IN DER PHARMAINDUSTRIE

pharma club Schweiz: 5. September 2019

6th pharma club meeting, 6. und 7. November 2019 in Münster

www.pharma-club.de

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10.10.2019 Seminar (in englisch)Profil 1: Basis Level – Cleanroom Cleaning OperatorCleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

11.10.2019 | Seminar Profil 2: Plus Level – Cleanroom Cleaning OperatorCleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

15. – 18.10.2019 | Seminar Training Course for Certified Cleanroom Managers (english)Cleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

21. – 22.10.2019 | Seminar Profil 3: Supervisor – Cleanroom Cleaning Operator (english)Cleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

22. – 24.10.2019 | Messe parts2clean – Internationale Leitmesse für industrielle Teile- und Oberflächenreinigung | Stuttgart (D)

4. – 5.11.2019 | Seminar Erfolgreich in der ReinraumbrancheCleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

6. – 7.11.2019 | Seminar Successful in the Cleanroom Industry (english)Cleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

12. – 15.11.2019 | Seminar Lehrgang zum zertifizierten ReinraumverantwortlichenCleanroom Future Campus | Wangen an der Aare (CH)

12. – 15.11.2019 | Messe SEMICON Europa: Internationale Fachmesse für Halb-leitertechnik, co-located with productronica | München (D)

19. – 20.11.2019 | MesseCleanzone – Internationale Fachmesse und Kongress für die Reinraumtechnologie | Frankfurt/Main (D)

Werden Sie ein Insider!Gestalten Sie die Zukunft

der Reinraumbranche.

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CLEANROOM FUTURE 2 | 1960

ImpressumAusgabe 21 — 02 | 2019

Cleanroom Future wird herausgegeben und verlegt von Cleanroom Future GermanyCleanroom Media GmbHKäthe-Kollwitz-Straße 60 | D-04109 LeipzigT +49 341 2308 11 55cleanroomfuture.comcleanroom-media.comIm Auftrag von Cleanroom Future AGVorstadt 4 | CH-3380 Wangen an der Aare

Geschäftsführung Frank Duvernell, v.i.S.d.P.Chefredaktion/Art DirectionMaja Franke | [email protected] Koordination und Bild René DreyerAutorenFrank Duvernell | Kai Dürfeld | Maja Franke | Sven Heitkamp | Tobias Kurzmaier | Doreen Rothmann | Richard Morgenstern | Tom WiederkehrÜbersetzung Kern AG Leipzig | Fritz Seidl | Antje FaberKorrektoratJennifer Wagner | Susanne Mall | Susanne MaiGestaltung und Realisierung WOMM Werbeagentur AGDruckLöhnert-Druck, Leipzig

Erscheinungsweise vierteljährlich Auflage 10.000 Exemplare

ISSN 2364-0405

Nachdruck, Zitieren & VerlinkenNachdruck und digitale Verwendung von kompletten Beiträgen aus diesem Magazin sind uns grundsätzlich willkommen, jedoch nur nach vorheriger Genehmigung durch die Redaktion gestattet. Möchten Sie unsere Inhalte kommerziell nutzen, informieren wir Sie gern über die Konditionen. Setzen Sie sich dazu mit uns in Verbin-dung. Das Zitieren kurzer Textausschnitte ist gern gesehen, sofern Sie uns als Quelle nennen. Dazu benötigen Sie keine Erlaubnis, wir freuen uns über Ihr Interesse und einen Beleg. Dies gilt auch für von Ihren unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Jedoch können wir dafür keine Haftung übernehmen.

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Nächste Ausgabe: September 2019

Wir drucken regional, in Sachsen, mit mineralölfreien Druckfarben, auf dem FSC-zertifizierten und mit dem Ecolabel versehenen Papier «Soporset Premium».

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