Prog-Lise de la Salle 02 - Konzerthaus Dortmund · FrÉDÉrIC CHoPIN (1810 – 1849) Nocturne Nr....

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LISE DE LA SALLE KLAvIEr

Abo: Solisten III – »Junge Wilde«

In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich gut – leider auch Husten, Niesen und Handy-klingeln. Ebenfalls aus rücksicht auf die Künstler bitten wir Sie, von Bild- und Tonaufnahmen

während der vorstellung abzusehen. Wir danken für Ihr verständnis!

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ProgrAmm

FrÉDÉrIC CHoPIN (1810 – 1849)Nocturne Nr. 21 c-moll op. posth. (1837) Nocturne Nr. 19 e-moll op. 72 Nr. 1 (1829)Nocturne Nr. 20 cis-moll op. posth. (1830)

Ballade Nr. 1 g-moll op. 23 (1835)Ballade Nr. 2 F-Dur op. 38 (1839)Ballade Nr. 3 As-Dur op. 47 (1841)Ballade Nr. 4 f-moll op. 52 (1842)

– Ende ca. 20.50 Uhr –

Einführung mit Ulrich Schardt um 18.15 Uhr im Komponistenfoyer Nach dem Konzert: »meet the artist!« im Backstage-Bereich

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FrÉDÉrIC CHoPIN ZUm 200.

LUDWIg vAN BEETHovEN (1770 – 1827)Sonate für Klavier Nr. 26 Es-Dur op. 81a (1810)

»Les Adieux« Das Lebewohl. Adagio – Allegro Abwesenheit. Andante espressivo Das Wiedersehen. vivacissimamente

Sonate für Klavier Nr. 14 cis-moll op. 27 Nr. 2 (1801)»mondscheinsonate« Adagio sostenuto Allegretto – Trio Presto agitato

– Pause ca. 19.40 Uhr –

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KUrZ vor DEm KoNZErT KLAvIErKomPoSITIoNEN voN BEETHovEN UND CHoPIN

Klaviermusik von Ludwig van Beethoven und Frédéric Chopin erklingt am heutigen Abend. Und gerade die ausgewählten Kompositionen lassen eine musikalische Begegnung dieser beiden Klavier-Titanen sinnfällig erscheinen. Denn mit den Sonaten op. 81a (»Les Adieux«) und op. 27 Nr. 2 (»mondscheinsonate«) stehen Werke Beethovens auf dem Programm, mit denen der Komponist deutlich zeigt, dass die musikalische Form kein Korsett für ihn dar-stellt, dass er formerweiternd komponiert, den Weg konsequent in die romantik weist und Klangrede für ihn eine Selbstverständlichkeit ist. Die Töne lernen sprechen und künden von Seelenzuständen, ohne dass es eines außermusikalischen Programms bedürfte.

Sollte sich zum 200. geburtstag Frédéric Chopins gerade irgendwo in Deutschland noch das hartnäckige gerücht halten, der polnische Klangzauberer habe keine allzu innige Bezie-hung zur Formsprache unterhalten (oder zu dem, was Teile der deutschen musikwissenschaft darunter verstehen), so sind es auch und gerade die vier Balladen, die eine andere Botschaft verkünden. Der meister des melos und der große Initiator klaviertechnischer Neuerungen beherrscht nicht nur formal und stringent seinen Notentext, sondern schafft gerade mit den Balladen kreativ neue Formen. Ein Klavierwerk muss nicht Sonate heißen, um formal höch-sten Ansprüchen zu genügen. So bricht Beethoven bewusst aus der Klassik aus und verlässt sie paradoxerweise doch nicht; Chopin wiederum kann es sich leisten, seine Kreativität in neuen Formen zu beweisen. Eine spannungsreiche Begegnung.

INNErLICH BEWEgT UND voN HErZEN LUDWIg vAN BEETHovEN SoNATE Für KLAvIEr Nr. 26 ES-DUr oP. 81A »LES ADIEUx«

Ludwig van Beethoven nennt seine Sonate Es-Dur 0p. 81a »Sonate caractéristique: Les adieux/L’absence/Le retour«. Auf dem Autograf vermerkt der Komponist: »Das Lebe Wohl. vien am 4ten may 1809 bej der Abreise S. Kaiserlichen Hoheit des verehrten Erzherzogs ru-dolf«. Der Erzherzog, ein Klavierschüler Beethovens, begab sich angesichts der anrückenden Truppen der Franzosen nach ofen und somit in Sicherheit. Dementsprechend stand über dem verlorenen Autograf des letzten Satzes: »Die Ankunft Seiner kaiserlichen Hoheit des verehrten Erzherzogs rudolf 30. Januar 1810.«

Eine Diskussion darüber, ob es sich bei diesem Werk um (einen vorläufer der) »Programm-musik« handelt, oder ob die »absolute Idee« im vordergrund steht, ist müßig und nicht zielfüh-

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rend. Natürlich darf die Sonate mit diesem inneren Programm von Abschied (1. Satz), Abwe-senheit (2. Satz) und Wiedersehen (3. Satz) assoziativ gehört und verstanden werden. Aber das historische Ereignis ist allenfalls äußeres motiv. Die harmonischen Wendungen der wenigen Einstiegstakte des ersten Satzes mit vorromantischem Hörnerklang evozieren innere Bilder von Abschied. Der Allegro-Hauptteil scheint fröhlich bestimmt, aber nicht gänzlich konfliktfrei. Im-mer wieder bricht beinahe nervöse virtuosität und rhythmische Prägnanz verbunden mit kühnen modulationen hervor. Die ungewöhnlich lange Coda windet Abschiedsgirlanden. Kurz, knapp und beinahe distanziert erscheint der zweite Satz. Traurig erscheint der c-moll-Beginn, dem aber aufhellende Klänge in g- und C-Dur nachfolgen. Dieser Satz ist von einem reichtum an Innenspannung geprägt, ein monolog auf geistig hohem Niveau. Die Aufhellung erinnert an Fide-lio-Harmonien. Wer könnte das Wort »Hoffnung« besser in Form eines langsamen Sonatensatzes formulieren als Ludwig van Beethoven? Attaca folgt die überschwängliche Wiedersehensfreude im dritten Satz. von kindlicher überdrehtheit erscheinen die Figurationen im vivaccissimamente, imperial und heroisch die Einschübe – da kehrt nicht irgendwer zurück. Die gedanken, Wen-dungen, Sturmläufe der gefühle scheinen die Form zu überrennen. Staunenswert, wie immer wieder die scheinbar einfachsten mittel wie Dreiklangsbrechungen von Beethoven zu Klavier-kunst veredelt werden. musik als Klangrede wird hier zum beredten Ereignis.

WELCHEr moNDSCHEIN? LUDWIg vAN BEETHovEN SoNATE Für KLAvIEr Nr. 14 CIS-moLL oP. 27 Nr. 2 »moNDSCHEINSoNATE«

Ist der Titel »Les Adieux« wirklich vom Komponisten gewollt, so liegt bei der so genannten »mond-scheinsonate« die Zuschreibung eines Titels für eine Komposition vor, die keinerlei Bezug zu Ideen des Komponisten aufweist. Posthum hat der Dichter Ludwig rellstab diesen Titel geprägt. viel interessanter erscheint da doch die Tatsache, dass diese Sonate aus dem Jahre 1801 der gräfin giulietta guicciardi gewidmet ist, die Beethovens Schülerin und wahrscheinlich auch seine große unglückliche Liebe war. Auch hier steht nicht die explizit außermusikalische Deutung im mittelpunkt der Komposition, sondern die musik spricht in ihrer radikalen Formsprache aus sich heraus und erzeugt so emotionale Spannung, die keiner weiteren Interpretation bedarf.

So ist das eröffnende Adagio sostenuto ein Charakterstück, dessen Tonfall und innere Aus-sage von einer einzigen emotionalen verfasstheit erzählt. Beethoven reduziert hier die mittel: gleichmäßig pulsierende Achtel-Triolen stehen im vordergrund des geschehens, die rudimentäre melodik bleibt wie hinter einem Schleier, eine eigentliche Thematik ist nicht vorhanden: ein ra-dikales Stück musik. Die ernste Stimmung wird durch den zweiten Satz, ein entspannendes und sich nicht aufdrängendes Intermezzo, kurzzeitig aufgelöst. Beherrschendes Formelement ist die

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Synkope, die im Scherzo bei der Wiederholung des Themas, im Trio dann durchgängig eingesetzt wird. Die Synkope erzeugt eine leicht schwankende Atmosphäre, ein wenig scheint die musik entrückt oder leicht abgehoben. Auch hier ist kein Ton zu viel komponiert. Der letzte Satz schließt attaca an das Allegretto an. Der formal komplett ausgebaute Sonatensatz weist einen brillanten Klangcharakter auf, der schon durch das zündende Thema bestimmt wird, dessen Phrasen regelmäßig in Akkordschlägen auf unbetonter Zählzeit enden: ein rhythmisch genialer Einfall. Beethoven führt die musik bewusst in Extrembereiche, der Kontrast dieser extrem hektischen Laufwerkmusik im vergleich zum ersten Satz könnte größer nicht sein. »Auf der Flucht« scheint eine passendere Assoziation als »mondschein« zu sein. Nach dem Hören dieses letzten Satzes erscheint der zugegebenermaßen geläufige Titel dieser Komposition denkbar ungeeignet.

ABBILD DES AUgENBLICKS FrÉDÉrIC CHoPIN DrEI NoCTUrNES oP. PoSTH.

romantische gefühlswelten und feinste lyrische Poesie bestimmen Chopins berühmte Noc-turnes. Nach John Field, dem Wegbereiter der Nocturne-Form schafft Chopin es, diese musika-lische Form mit vielfältigem Lebensausdruck zu füllen und Klang werden zu lassen. Allerdings geht es Chopin nicht um Nachtstücke, wie sie robert Schumann schreibt, sondern um ganz persönliche Ausschnitte seines kompositorischen Poesiealbums.

Eine traurige Drehleier, ein mäanderndes Thema und eine typische unendliche melodie Cho-pins bestimmen das feingliedrige Nocturne c-moll op. posth., das fern jeder Dramatik seine ruhige und gelassene Entwicklung nimmt. Ein Lied ohne Worte, das exemplarisch für die Sang-lichkeit der Chopin’schen Nocturnes stehen kann. 1827 hatte Chopin die singende Kantilene

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des Nocturne e-moll op. 72 Nr. 1 bereits komponiert. Die hohe opuszahl, die das Nocturne von Chopins Freund Julius Fontana erhalten hat, lässt leicht die Tatsache vergessen, dass es sich um ein Frühwerk des Komponisten handelt. Erst 1855, Jahre nach Chopins Tod, erscheint das Werk, das von feiner Leidenschaft und einer eindrucksvoll schwebenden Harmonik bestimmt ist. Nicht erst seit dem Film »Der Pianist« erfreut sich das wie hinter einem feinen Nebelschleier dahin schreitende Nocturne in cis-moll größerer Popularität. Nichts und niemand können Chopins träu-merische Empfindungen und Einfälle stören. Die musik scheint aus der Emotion des Augenblicks heraus komponiert und keinesfalls für die große Öffentlichkeit bestimmt zu sein – vielleicht die Intimität des Salons noch zulassend. Wollte Chopin dieses traumhafte Kleinod der Nachwelt vorenthalten?

mELoS IN NEUEr FormFrÉDÉrIC CHoPIN BALLADEN

Der Begriff »Ballade« gelangt erst durch Frédéric Chopin in die Welt der Instrumental-musik. Eigentlich versteht man darunter ein episch-lyrisches gesangsstück, das eine Erzählung zum Inhalt hat. Und so liegt es nahe, dass den vier Balladen Chopins ebenso eine literarische Konnotation zugesprochen wird. Chopin hat robert Schumann gegenüber geäußert, dass er durch einige gedichte seines Landsmanns Adam mickiewicz, zu dem er in seiner Pariser Zeit auch losen Kontakt pflegte, zu diesen Kompositionen motiviert wurde. Diese geistige Anregung durch Literatur darf jedoch nicht als »Nacherzählung mit kompositorischen mitteln« verstanden werden. Wenn Chopin seine Kompositionen »Balla-den« nennt, so meint er hier etwas musikalisch-kompositorisch vollkommen Neues: Die Werke sind eine besondere verbindung aus lyrisch-erzählerischen Elementen, dramatur-gisch spannendem Aufbau, Elementen der Sonatenform (zwei Themen) bei gleichzeitigem bewusstem verzicht auf andere Formteile (z. B. die reprise) – im Ergebnis eine musika-lische Schilderung großer gefühle in einem musikstück, das sehr wohl höchsten forma-len Ansprüchen genügt, darüber hinaus aber vom typischen Chopin’schen geist höchster pianistischer Kreativität beflügelt ist.

Die Ballade Nr. 1 in g-moll komponiert Chopin zwischen 1831 und 1835. Auf eine nach-denkliche, elegische, ja dunkle Einleitung folgt das eigentliche Balladenthema weich ge-führt und ausdrucksstark. Die Arpeggio-Klänge wirken geheimnisvoll, das zweite Thema bildet einen lyrischen Kontrast. Die Durchführung der beiden Themen, die von g-moll und Es-Dur in die durchaus entfernten Tonarten a-moll und A-Dur transponiert werden, erzeugt eine leidenschaftliche und dramatische Klangwirkung. Eine 50 Takte umfassende Coda

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(Presto con fuoco) bildet den Höhepunkt dieses brillanten Werkes.

Einen wundersamen Kontrast zur vorangegangenen Ballade setzt das folgende F-Dur-Werk, das rondoartig im schwingenden 6/8-Takt beginnt, bevor ein stürmischer Presto-Teil in moll hereinbricht. Diese Ballade aus dem Jahre 1839 widmet Chopin seinem gleichaltrigen Kom-ponistenfreund robert Schumann aus Dankbarkeit für dessen Widmung seiner »Kreisleriana«.

1841 entsteht die As-Dur-Ballade, die zwei überaus prominente und typische Chopin-The-men wiederum im wunderbar wiegenden 6/8-Takt aufweist. Das erste Thema ist reich an Klang-farben und Kontrapunktik. Das zweite Thema ist weitschweifiger. Die Ballade scheint geheim-nisvoll ein wenig über dem Boden zu schweben. Chopin zeigt hier seine Fähigkeit, Formen und Farben, Klaviertechnik und Ideenreichtum zu einer kreativen Komposition zu verschmelzen.

Die Ballade f-moll weist eine komplexe Struktur auf. Sie enthält Elemente von Sonate, variation und rondo. Einer präludierenden Einleitung folgt ein zwischen f-moll und As-Dur pendelndes düsteres Hauptthema, getrieben von einer sanft fließenden Bewegung. Nach einem gesanglichen Seitenthema und einem durchführungsähnlichen mittelabschnitt be-sticht das Werk durch eine brillante und an pianistischen Finessen reiche Coda.

SCHArDTS PLATTENSCHrANK

Beethovens Sonaten gehören fast schon »naturgegeben« zu den meisteingespielten Werken, nicht nur dieses Instruments. Selbst die Liste der gesamtaufnahmen ist inzwischen »endlos«. Ich greife in entlegene Winkel meines Plattenschranks und entdecke eine großartige Aufnahme des legen-dären Lazar Berman (1930-1975), dessen düster-grübelnde Sicht auf die »mondscheinsonate« wahre Schauer erzeugt (Brilliant Classics). Lazar Berman riskiert die Langsamkeit in der musik und schafft Spannung pur. Demgegenüber spielt rudolf Buchbinder einen kühl-analytischen Beet-hoven, der zum Kennenlernen des Notentextes allerdings hervorragend geeignet ist (Warner Clas-sics). »Les Adieux« wird unter den Händen von Friedrich gulda ideal zwischen frühromantischer Empathie und klarem Seziermesser offen gelegt (Amadeo/Universal Classics).

vielleicht noch mehr als bei anderen Komponisten pflegen viele Hörer gerade bei Frédéric Chopin eine besondere Beziehung zu ihrem jeweiligen Lieblingspianisten, zum Beispiel vladimir Horowitz oder Artur rubinstein – Letzterer jahrzehntelang und auch noch heute, lange nach seinem Tode, eine unangefochtene Autorität in Sachen Chopin. Seine gesamteinspielung des polnischen Komponisten beansprucht nach wie vor referenzcharakter (Bmg). Ich verweise bei

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den Balladen auf zwei höchst unterschiedliche Ansätze: Einmal spielt sie Bella Davidovich (Bril-liant Classics) emotionsgeladen, rubatoreich – die Balladen als große Klanggemälde voll von innerer Dramatik. maurizio Pollini bietet beinahe das komplette gegenteil zu Bella Davidovich. Er meißelt die Balladen als »absolute musik«, betont so ihre formale Stärke, allerdings mit leichter Tendenz zur Statik. Ein großartiger, wenn auch umstrittener Ansatz, ein wenig wie Carrara-mar-mor – (klang-)technisch meisterhaft (Deutsche grammophon). Stetig komplettiert auch Evgeny Kissin seine Chopin-Diskografie. Er darf sich längst zu den allergrößten Pianisten zählen, und so findet er auch bei Chopins Balladen alle erdenklichen Klangfarben und Schattierungen (Bmg).

gEHÖrT Im KoNZErTHAUS Zwei Interpreten der Pianistenreihe am KoNZErTHAUS DorTmUND widmeten sich zuvor Werken des heutigen Abends: Boris Bloch spielte bei seinem Klavierabend 2003 das Nocturne cis-moll und die Ballade g-moll von Chopin; bei Leif ove Andsnes standen 2009 die »mondscheinsonate« und Chopins Ballade As-Dur auf dem Programm.

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LISE DE LA SALLE

Als die opéra d’Avignon 2001 verzweifelt nach einem Einspringer suchte, fragte sie bei einer 13-jährigen Pianistin an, die durch einige gewonnene Wettbewerbe auf sich aufmerksam ge-macht hatte. Lise de la Salle kannte Beethovens zweites Klavierkonzert, hatte es aber noch nicht studiert. Sie bat sich einen Tag Bedenkzeit aus, beriet sich mit ihrer mutter und ihrem Lehrer und besorgte sich die Noten. Am Abend konnte sie bereits den ersten Satz, und so sagte sie am nächsten Tag zu. Das Konzert mit dem orchester der opéra d’Avignon unter Andreas Stoehr war mehr als ein Erfolg – es war ein Beleg für jenes Phänomen, das sich mit »Frühbegabung« nur unzureichend beschreiben lässt. Lise de la Salle, 1988 in Cherbourg geboren, stammt aus einer Künstlerfamilie. Der großvater ist galerist, die mutter Sängerin im Chor des orchestre de Paris. von Anfang an gehörten opern-Aufführungen und Konzerte zu Lises Alltag. mit vier begann sie mit dem Klavierspiel, mit neun gab sie ihr erstes Konzert in einer Live-übertragung bei radio France. 1999, mit gerade erst 11 Jahren, begann sie am Conservatoire Supérieur de musique de Paris zu studieren. 2001 beendete sie dort ihr Studium mit der höchsten Auszeichnung. 2003 wechselte sie in die meisterklasse von Bruno rigutto am Conservatoire National Supérior de musique de Paris. Im selben Jahr gab die junge Pianistin ihr Debüt in Berlin.

Parallel zu ihren Studien verband Lise de la Salle eine enge Zusammenarbeit mit Pascal Nemirovski, bei dem sie eine besondere Affinität zum russischen repertoire entwickelte. 2004, nach einer eindrucksvollen reihe erster Preise (Steinway, Sucy, vulaines, radio France, Ettlin-gen, Bärenreiter) wurde Lise de la Salle in New York mit dem »Young Concert Artists Award« aus-gezeichnet. Sie war die jüngste Teilnehmerin, die jemals an diesem Wettbewerb teilgenommen und ihn gewonnen hatte. Im Juni 2004 war Lise de la Salle zum ersten mal in Japan zu gast, im gleichen Jahr gab sie Debüts beim französischen Pianisten-Festival »La roque d’Anthéron«, beim »Festival d’Hardelot« und dem »Schleswig-Holstein musik Festival«. Im September 2004 folgten ihre Debüts in Ludwigshafen, münchen, Washington und New York.

In der Saison 2008/09 war Lise de la Salle auf zwei großen Tourneen in den USA, unter ande-rem spielte sie Prokofiews Klavierkonzert Nr. 1, das sie auch auf CD aufgenommen hat, mit dem Los Angeles Philharmonic orchestra in der Hollywood Bowl. Sie spielte einen Klavierabend bei den »Winter Piano Series« des »Lucerne Festival«, in Kopenhagen, London und in verschiedenen Sälen in Paris.

In der laufenden Saison 2009/10 eröffnete Lise de la Salle mit Fabio Luisi die Saison der Dresdner Staatskapelle. In Stuttgart war sie bereits Solistin des radio-Sinfonieorchesters unter Thomas Dausgaard; ebenfalls mit Fabio Luisi spielte sie in Wien bei ihrem Debüt im Wiener musikverein rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2. Weitere musikalische Partner dieser Saison

sind u. a. das Boston Symphony orchestra, das Los Angeles Philharmonic orchestra, die Jun-ge Deutsche Philharmonie, die Deutsche Staatsphilharmonie Ludwigshafen und die münchner Philharmoniker.

Dass bei Lise de la Salle vor dem »Wunderkind-Syndrom« gewarnt, sie immer wieder als »zu jung« befunden wurde, hat sie nicht sonderlich bekümmert. »Die meisten können sich einfach nicht vorstellen, dass man freiwillig so lange und so konzentriert am Klavier sitzt«, sagt sie im gespräch. »Ich liebe es einfach, ganz in der musik aufzugehen. Das ist mein Element und ich beschäftige mich zehnmal lieber mit musik als mit irgendwelchen alltäglichen Sachen.« Wenn sie musik sagt, dann meint sie nicht nur das Klavierspiel, sondern das ganze Spektrum klas-sischer musik – oper, Konzert, Sinfonik, Lied, Kammermusik. Wenn sie Platten hört, dann am liebsten die Aufnahmen von maria Callas und Elisabeth Schwarzkopf: »Beide sind meisterinnen der Klangfarben, man kann unendlich viel von ihnen lernen. Ich versuche immer wieder meine Palette an Klangfarben zu bereichern, am liebsten würde ich mit dem Klavier wie ein ganzes orchester klingen!«

Konzerte gibt Lise de la Salle nicht allzu viele im Jahr; sie will sich zunächst ein breites repertoire erarbeiten. Die erste CD, ein Solo-recital der damals noch nicht 15-Jährigen mit Werken von ravel und rachmaninow, war aufregend und begeisternd – das Dokument eines übertalents. Seit 2004 nimmt Lise de la Salle exklusiv für das französische Label naïve auf. Jede ihrer folgenden Aufnahmen – Bach/Liszt, mozart/Prokofiew und die »ersten« Klavierkonzerte von Schostakowitsch, Liszt und Prokofiew – erhielt Kritiken, von denen ein Pianist nur träumen kann: zweimal »recording of the month« und dreimal »Editors Choice« des englischen »gramo-phone magazine«, »BBC music magazine Choice« und vieles mehr.

LISE DE LA SALLE Im KoNZErTHAUS DorTmUNDAls 19-Jährige war Lise de la Salle zum ersten mal im Konzerthaus zu hören. mit der Staats-kapelle Weimar spielte sie im oktober 2007 Liszts Klavierkonzert Nr. 1. Nun gibt sie ihr erstes Konzert in der reihe der »Jungen Wilden«, in der sich acht junge musiker in den kommenden drei Spielzeiten mit unterschiedlichsten Programmen und musikalischen Partnern präsentieren werden.

Schon die erste riege »Junger Wilder« mit Künstlern wie martin Stadtfeld oder Annette Dasch konnte als neue generation klassischer musiker vermitteln: Klassik ist nicht elitär. Dass diese Künstler frischen Wind in die musikwelt bringen, davon können sich regelmäßig Jugendliche aus Dortmunder Schulen bei den Besuchen der »Jungen Wilden« und die Konzertgänger beim »meet the artist!« nach den Konzert hautnah überzeugen. ohne Berührungsängste eröffnen sie einen neuen Blick auf klassische musik.

WEITErHÖrEN

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JUNg UND ALT

gEgEN DEN STrICHPekka Kuusisto ist ein geiger mit einzigartigem Profil: Neben seinen »klassischen« Auftritten spielt er in einer Elektronik-Jazz-Formation, mit einem irischen Akkordeonisten oder finnischen Folklore-musikern. Bei seinem Konzerthaus-Debüt stehen elektronische Improvisationen über ein finnisches

volkslied und Werke von Bach auf dem Programm.

mi 17.02.2010 · 19.00

CAPUÇoN & FrIENDSmit Cellist gautier Capuçon kehrt ein ehemaliger »Junger Wilder« auf die Konzerthaus-Bühne zurück. Im Capuçon Quartet spielt er mit seinem Bruder renaud und weiteren vertrauten Kam-

mermusikpartnern Werke von Webern, Schumann und Beethoven.

mo 22.02.2010 · 20.00

gESAmTKUNSTWErKvon measha Brueggergosmans Talent und Temperament konnte sich das Dortmunder Publikum schon im vergangenen Dezember bei einem Liederabend überzeugen. Jetzt gibt sie ihr erstes Kon-zert als »Junge Wilde« mit Liedern von Strauss, Schubert, Duparc, Debussy, Fauré und Warlock.

Di 09.03.2010 · 19.00

TExTE Ulrich Schardt

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Wir danken den beteiligten Künstleragenturen und Fotografen für die freundliche Unterstützung.

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